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Betrieb Walter in Jungholzhausen – Außenklimastall mit Großgruppe
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„Lang war der Weg bis wir die ersten Schweine in unserem neuen Stall einstallen konnten, ganz fertig ist er immer noch nicht, aber die ersten Schweine sind schon verkauft“ so empfangen uns Marion und Frank Walter in ihrem neuen Stall. Auf beachtlichen 435 m über NN liegt der neue Stall im Hohenlohischen zwischen Jagst- und Kochertal.

In diesem landwirtschaftlich geprägten Gebiet bewirtschaften die Walters ihre 60 ha im Rahmen der fünfgliedrigen Fruchtfolge. Ob das so bleibt wird Frank Walter nochmal überdenken. Bisher wird neben Weizen und Gerste auch Mais, Zuckerrüben, Erbsen und Raps angebaut. Bewirtschaftet wird der Betrieb durch das Betriebsleiterehepaar und anteilsweise durch Sohn und Vater.

Marion und Frank Walter haben sich für einen neuen Tierwohlstall entschieden

Betriebsspiegel:

  • Lage: Hohenlohe, 435 m ü. NN
  • Fläche: 60 ha Ackerland, 7 ha Wald
  • Anbau: 5-gliedrige Fruchtfolge mit Winterweizen, Wintergerste, Mais, Erbsen, Zuckerrüben und Raps
  • Schweine: 45 Waldschweine mit Eichelmast und 1440 Mastschweine in Außenklimastall mit Auslauf
  • Arbeitskräfte: 1,5 AK Betriebsleiterehepaar, Vater und Sohn als gelegentliche Aushilfe

Im Stall befinden sich der Fress- und Liegebereich

Schon seit 1989 lieferte Vater Friedrich seine schwäbisch-hällischen Schweine an die bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall (BESH). Nach einigen Jahren ohne Schweine fasste man 2011 den Entschluss, doch wieder ein paar Schweine zu halten. In Abstimmung mit der BESH waren das Waldschweine mit Eichelmast, die für ein bestimmtes Qualitätsfleischprogramm benötigt wurden. Dadurch fand man in Jungholzhausen wieder Spaß an der Schweinerei und ermöglichte in 2015 erste Gedankenspiele für einen Stallneubau.

Marion Walter war es, die die Rahmenbedingungen dazu festlegte: „Mir war es wichtig, dass es unseren zukünftigen Schweinen gut geht und wir uns auf zukünftige Anforderungen der Gesellschaft einstellen.“ Nachdem man sich dann einige Tierwohlställe angeschaut und den Berater vom Amt kontaktiert hat, kam man in Jungholzhausen auch mit dem EIP-Projekt in Baden-Württemberg in Kontakt. „Wir waren einer der letzten EIP-Betriebe, so dass die Fördermittel schon knapper wurden, aber nach längerem Hin und Her entschieden wir uns am EIP-Projekt teilzunehmen“ berichtet Frank Walter.

Nach ersten Kostenaufstellungen, die sie mit verschiedenen regionalen Baufirmen gemacht haben, stand eine Summe von 2,5 Mio. Euro. Eine Summe, die selbst bei besten Vermarktungschancen nicht zu stemmen war. In 2018 hat man dann ein neues Planungsbüro beauftragt, den Stall zu planen und ist darüber an den Stall- und Ausrüstungsbauer Hölscher und Leuschner (HL) gekommen. „Mit HL hatte ich dann einen Generalunternehmer, der uns den Stall schlüsselfertig hingestellt hat, so dass ich nur noch einen Ansprechpartner hatte, so hatte ich es mir gewünscht“, erklärt der Betriebsleiter seine Entscheidung.

Bis der Stall genehmigt wurde, hatten die Walters etliche Hürden zu nehmen

In 2019 wurde dann der Bauantrag gestellt. Und es kam, wie es kommen musste, es gab einen Widerspruch durch eine Initiative von Bürgern aus der Nachbargemeinde. 14000 Euro kostete dann das notwendige Emissionsgutachten, das aber wiederum durch die Initiative angezweifelt wurde. Erst durch die Vermittlung eines Beraters des Amtes gelangte man zu einem Kompromiss, der darin bestand, dass in Richtung des Dorfes ein zwei Meter hoher Wall um den Stall aufgeschüttet wurde.

Frank Walter berichtet weiter: „Ende 2019 haben wir dann den endgültigen Vertrag zum Bau des Stalles unterschrieben und waren guten Mutes, in 2020 einziehen zu können, aber dann kamen Corona, die Preisinflation bei Baumaterialien und der Ukrainekrieg. Das alles kostete zusätzliches Geld und Zeit, aber am 27.7.2021 konnten wir die ersten Schweine einstallen“.

Eingestallt wurden dann 240 Schweine in eine Großgruppe. Insgesamt befinden sich 6 solcher Großgruppen im Stall, jeweils untergliedert in dem innenliegenden Fressbereich, dann den Liegebereich und den Auslauf. Dabei haben die Schweine im Stall 1m² Platz und im Auslauf noch einmal 0,6 m². Daher ergeben sich für den Gesamtstall die beachtlichen Maße von 31x66 m plus 11m tiefe Ausläufe.

Großgruppen mit 240 Tieren prägen den Stall

Für die Großgruppe mit Sortierschleuse hat man sich in Jungholzhausen schon früh entschieden. Folgende Gründe spielten dabei eine Rolle:

  • Im Stall sollte es keinen Spaltenboden geben. Daher muss ausgiebig gemistet werden und dafür braucht man Platz
  • Die Tiere sollen ohne viel Aufwand selektiert (z.B. beim Ausstallen) werden können
  • Den auseinanderwachsenden Tieren soll unterschiedliches Futter angeboten werden können
  • Der Bezug der Ferkel durch den Ferkelerzeuger

Zunächst gab es aber Probleme mit dem Fütterungs- und Sortiersystem. Die bei HL planmäßig eingebauten Kameras an der Sortierschleuse hatten Probleme mit der Erfassung der Tiere wegen der besonderen Zeichnung der schwäbisch-hällischen Schweine. Durch die großen Schwarzanteile der Haut konnten die Kameras die Konturen nicht erkennen und somit auch die Gewichte nicht schätzen. „Nachdem sich das Problem bei uns gezeigt hat, wurde HL sehr schnell aktiv. Jetzt hängt eine weitere Kamera über der Sortierbucht und erkennt die Schweine zum allergrößten Teil. Es bedarf aber noch ein wenig an Feintuning, da unsere Schäbisch-Hällischen wohl einen etwas anderen Körperbau als die normalen Schweine haben“ so der Betriebsleiter. Tatsächlich konnte mit dem zusätzlichen Einbau einer 3D-Kamera das Erkennungsproblem gelöst werden. Wichtig dabei ist aber auch eine regelmäßige Reinigung der Kameras (mindestens einmal die Woche), damit die Funktionalität gewährleistet ist. Bisher erreichten die Walters eine Sortiergenauigkeit von ca. 80%. „Das ist eine im Moment zufriedenstellende Zahl, die mir viel Zeit einspart, aber wir arbeiten gemeinsam an den 100%“ meint Frank Walter.

Ein Sortiersystem von Hölscher und Leuschner erleichtert das Vermarkten und garantiert eine bedarfsgerechte Fütterung

Der Fütterungsbereich, der anfangs mit größeren Verschmutzungen durch Verkoten zu kämpfen hatte, scheint jetzt, nach kleinen Anpassungen der Technik, gut zu laufen. Eingebaut ist eine Sensortrogfütterung mit getrenntem Zulauf von Wasser und Futter, die erst im Trog zusammen kommen. Dabei fällt da Futter auf den vorher leicht mit Wasser gefüllten Trog und verteilt sich ausreichend. Zu feucht möchte der Betriebsleiter den Futterbrei nicht machen, da die Schweine animiert werden sollen, die Tränken außerhalb des Futterbereiches aufzusuchen. Das Tier-Fressplatzverhältnis am Sensor beträgt nach der Empfehlung von Berater Rudi Wiedmann 2,7:1.

Der Fressbereich ist mit einer Sensorfütterung ausgerüstet

So viel Stroh und Festfläche im Stall bedingt auch ein optimales Ausmistungsregime. Frank Walter tüftelt immer noch, er hat aber eine brauchbare Lösung gefunden. „Dreimal die Woche wird der Auslauf momentan gemistet, was etwa jeweils 2 Stunden dauert. Die gleiche Zeit benötige ich um eine Bucht zu misten und einzustreuen. Davon werden jede Woche drei gemistet. Hauptsächlich ist der Radlader dabei im Einsatz, aber die Ecken muss man doch händisch säubern. Stroh wird jeden Tag nachgelegt. Das verbinde ich immer mit der Tierbeobachtung.“ Zum Einstreuen nutzt der Betriebsleiter seine Strohgondel, die batteriebetrieben fährt und er von dem darauf liegenden Strohballen immer soviel in die Buchten wirft, damit die Tiere trocken liegen können. 700 Quaderballen werden im Jahr benötigt.

Das Misten bindet 10-12 Stunden in der Woche

Durch die Teilnahme am EIP-Projekt haben die Walters nicht nur regelmäßigen Besuch von jungen Wissenschaftlern der Uni Hohenheim, sondern auch von interessierten Bürgern, die gerne den extra angebauten Besucherraum nutzen, um sich von den tiergerechten Haltungsbedingungen im Stall zu überzeugen. Von dort hat man einen sehr guten Überblick über alle Buchten und vom aufgeschütteten Erdhügel auch vom Auslauf.

Der Auslauf ist zum Teil überdacht und mit Suhle versehen

Die Gesamtinvestition hat sich im Laufe des Planungsverfahren von ehemals 2,5 Mio. auf immerhin noch 1,5 Mio. € reduziert, was in etwa 800 € je Mastplatz ausmacht. Um diese Kosten wieder reinzuholen muss die Vermarktung stimmen. Dazu bedient sich Frank Walter der bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall. Dort nimmt man seine schwäbisch-hällischen Schweine gerne, da sie viel Qualität mitbringen. Natürlich bringen sie nicht soviel Fleisch und Zunahmen wie die üblichen Kreuzungen, aber im Schnitt erreichen sie durchaus 55% Muskelfleischanteil und ca. 800 g Tageszunahmen. Die Vermarktungsmaske sieht einen Basispreis (ISN-Notierung) bei 52% MFA vor. Dazu kommen dann noch 50 ct Qualitätszuschlag.

Einen wichtigen Punkt der Vermarktung stellt der Betriebsleiter noch in den Mittelpunkt: „Beim Verladen müssen wir aufpassen und ganz sachte vorgehen. Durch die vorsortierten Schweine haben wir jetzt dazu die besten Voraussetzungen. Wenn wir die Tiere ruhig verladen stimmt nachher auch der pH-Wert des Fleisches. Stimmt er nicht, kostet uns das 6 Euro pro Schwein.“

Die Fütterung der Schweine ist zur Zeit noch ein Arbeitsfeld, das nicht abgeschlossen ist. „Im Bereich der Fütterung, insbesondere in der Lagerung und der Futtermischung haben wir noch Optimierungsbedarf, wir sind aber dran“ so Frank Walter. Ziel ist es, das Futter insgesamt am neuen Stall zu mischen. Dazu hat er in Eigenarbeit mit seinem Sohn angepasste Lagerstätten geschaffen. 1,4 km Hölzer und 1200 m Gewindestangen sind in den neuen Futtersilos verbaut worden. Die Mahl- und Mischanlage geht gerade in Betrieb. Vorgeschaltet ist auch ein Rowiator (Getreidereinigung), um optimale Futterqualitäten zu gewährleisten. Geplant ist der Einsatz von Gerste, Weizen, Rapsschrot, Sojaschrot und Mais in der Fütterung seiner Schweine. Dazu wird Mineralfutter zugekauft.

Die neuen Futtersilos reichen für 4 Getreide und 2 Eiweißfutter

Das gleiche Futter wird dann auch bei den Waldschweinen eingesetzt. Auf ca. 3 ha halten die Walters etwa 45 Schweine im Wald. Eine Aufgabe für den Senior im Betrieb. Auf die Zufütterung kann nicht verzichtet werden, die Eicheln und andere Futtermittel, die der Wald spendet, werden aber gerne und sehr intensiv von den Waldschweinen gefressen. Auch hier stehen die Schwäbisch-Hällischen. „Als wir 2011 mit den Schweinen im Wald angefangen haben, wuchsen sie immer sehr auseinander. Schnell wurde uns nach ausgiebigen Verhaltensbeobachtungen klar, woran es gelegen hat. Obwohl es nur 45 Schweine waren, reichten die nach Stallerfahrungen errichteten Futterplätze nicht aus. Zunächst fraßen immer die 12 stärksten Schweine. Wenn die satt waren, zogen sie sich in den Wald zurück. Aber anstatt sich dann satt zu fressen, folgten die übrigen Schweine der Rotte diesen in den Wald. Es blieb uns nicht anders übrig, die Fressplätze zu erhöhen und eine zweite Futterstelle einzurichten.“ Beschreibt der Betriebsleiter die anfänglichen Probleme. Jetzt ist dieses Problem der doppelt eingezäunten Eichelmastschweinen im Griff.

Im 3 ha großen Wald werden ebenfalls Schweine gehalten

Auch die werden über die BESH in einem speziellen Programm vermarktet. Immerhin gibt’s 4,2 Euro pro kg, womit die Kosten gut gedeckt sind.

Über 4 Euro gibt’s für die Waldmastschweine

Ein langer Weg zur Schweinehaltung auf dem Betrieb Walter ist nun erfolgreich abgeschlossen worden. Die Voraussetzungen für die nächsten Jahre sind gut. Es bleibt abzuwarten, ob mit den momentanen wirtschaftlichen Bedingungen das teurer verkaufte Fleisch auch eine entsprechende Nachfrage behalten wird. Wir gratulierten den Walters für ihren langen Atem und für die Bedingungen, die sie zum Wohl der Schweine geschaffen haben.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Manfred Weber
Klein Schwechten
Tel.: 039388/28423
E-Mail: manfred.h.weber(at)gmx.de

Fotos: Dr. Manfred Weber