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Betrieb Urban – Ein großer Schritt Richtung Tierwohl

„Ich bin noch jung und möchte mit unserem Betrieb gerne zukunftsfähig sein“ war einer der Gründe für Tobias Urban in den letzten 2 Jahren größere Neubaumaßnahmen an seinem gemeinsam mit Vater Georg geführten Betrieb durchzuführen. Schon immer hatten die Urbans Schweine im Betrieb. Zwischenzeitlich wurde die Sauenhaltung einmal aufgegeben, aber nur für ein paar Jahre, weil die räumlichen Voraussetzungen es nicht mehr hergaben, aber ab sofort setzt Tobias Urban wieder auf das geschlossene System.

Tobias Urban hat sich dem Tierwohl im Schweinestall verschrieben

Der Betrieb Urban liegt im Osten des Kreises Heidenheim in Baden-Württemberg auf 550 m über NN. Dennoch sind die zugehörigen Flächen weitestgehend eben und maximal 5 km vom Betrieb entfernt. Auf 115 ha baut der Betriebsleiter hauptsächlich Getreide (Winterweizen, Wintergerste und Triticale) an. Aber auch Körnermais, der als CCM dann in der Schweinefütterung eingesetzt wird, steht auf dem Anbauplan. Raps als Blattfrucht ergänzt die Fruchtfolge. Der Maschinenpark wird zum Teil als Maschinengemeinschaft genutzt, „Die Arbeit mit den Maschinen wird dann aber durch uns ausgeführt“ ergänzt Tobias Urban. 

Die Neubauten wurden räumlich am ausgesiedelten Stall verwirklicht

Betriebsspiegel:

  • Höhenlage: 550 m über NN

  • 115 ha, durchschnittlich 3 ha/Schlag

  • Ackerbau: Winterweizen, Wintergerste, Triticale, Raps, Körnermais

  • Tierhaltung: 270 Sauen, 1000 Ferkelaufzuchtplätze, 1200 Mastschweineplätze

  • Arbeitskräfte: 2,9 Familien AK, Praktikant/Aushilfen im Sommer

  • Eigene Mahl- und Mischanlage

„Die Schweinehaltung hat schon eine lange Tradition in unserem Betrieb. Anfang der 2000er hat sich mein Vater dann entschlossen, die Bereiche Ferkelaufzucht und Mast auszusiedeln“ schildert der junge Landwirt die Betriebsgeschichte. Da die Platzverhältnisse auf der alten Hofstelle eine Erweiterung nicht zugelassen haben, hat man in einer Entfernung von etwa 1,5 km die neuen Ställe gebaut. Eine Entfernung, die von der alten Hofstelle noch gut zu bewerkstelligen ist. Als Tobias Urban dann 2015 seien Technikerschule abgeschlossen hat, war es Zeit für einen neuen Betriebsentwicklungsplan. Er sah eine Möglichkeit in der Wiederaufnahme der Ferkelproduktion, um so seinen Betrieb zu einem geschlossenen System umzuwandeln.

Jetzt kam Berater Rudolf Wiedmann ins Spiel. Als fester Bestandteil des EIP-Projektes „Verbesserung des Tier- und Umweltschutzes in der Schweinehaltung durch baulich innovative Lösungen mit dem Ziel der Praxisverbreitung“, das durch viele Institutionen in Baden-Württemberg getragen wird, hat er die Urbans angesprochen, ob sie nicht bereit wären, hier mitzumachen. Dies kam beiden Betriebsleitern natürlich sehr entgegen. Auf der einen Seite konnten sie ihren Betrieb in die gewünschte Richtung entwickeln und gleichzeitig sehr viel Gutes für ihre Tiere tun, auf der anderen Seite konnten aber auch die Mehrkosten weitestgehend über zusätzliche Fördermittel abgedeckt werden. „Immerhin erhielten wir 40 % Förderung über AFP und nochmal zusätzliche 20 % über das EIP-Projekt. Dies ließ für uns das Risiko der Finanzierung überschaubar bleiben, und wir mussten nicht mehr lange überzeugt werden“ so Tobias Urban.

Am Außenstandort entstanden dann zwischen 2019 und 2020 die neuen Abferkel-, Deck- und Warteställe. Insgesamt 270 Sauen stehen jetzt auf dem Hof Urban. Bewirtschaftet werden sie im 3-Wochenrhythmus. Bei 4 Wochen Säugezeit heißt dies 36 Sauen je Gruppe. Zur Einstallung im Jahr 2020 wurden entsprechende Jungsauen der Genetik Topigs TN70 zugekauft. Die weitere Reproduktion wird in Eigenregie vorgenommen. Das entsprechende Sperma kaufen die Eglinger in der Besamungsstation Neustadt/Aisch zu. Hinsichtlich der Vermarktung fahren die Urbans zweigleisig. Die Hälfte ihrer Mastschweine werden direkt an einen regionalen Metzger verkauft. Dabei ist ein Festpreis nach Schlachtgewicht ausgemacht. Die andere Hälfte geht an die Edeka ins Gutfleisch-Programm. Ähnlich ist auch die Vermarktung der erzeugten Ferkel geregelt. Etwa die Hälfte der Ferkel kann im eigenen Maststall weiter verwertet werden, die Übrigen gehen dann über einen Händler an einen fest gebundenen Mäster.

Der Deckstall

Deck- und Wartebereich befinden sich in einer Hülle ohne die Abtrennung von Abteilen. Im Deckbereich ist ursprünglich Platz für 45 Tiere. Gebaut wurde er mit einem hohen Platzangebot von 4 m² pro Sau. Hier wurde der Neubau schon wieder von politischen Vorgaben eingeholt und ist zumindest für den Zeitpunkt des Absetzens bis zur Besamung schon wieder zu klein. Für 36 Sauen, welche die rechnerische Gruppengröße einer Wochengruppe darstellt, wären es dann die geforderten 5 m².  

Im Deckstall steht jeder Sau 5 m² zur Verfügung

Schon seit 2020 praktiziert man in Eglingen die Gruppenhaltung vor und nach der Besamung. Der Bewegungsbereich zwischen den Fressliegebuchten (2,20 x 0,72 cm) liegt zwei Stufen tiefer und ist mit reichlich Stroh eingestreut. Er wird entweder nach dem Umsetzen der Sauen leicht nachgestreut oder bei Bedarf komplett ausgemistet. Damit steht ein rutschfester Boden zur Verfügung, der die Klauen und Gliedmaßen der Sauen bei Rangkämpfen schützt. Zudem ist eine Eberbucht im Deckbereich integriert, der bei der Besamung vor den Sauen laufen kann und der so positioniert ist, dass frührauschende oder umrauschende Sauen gut erkannt werden können.

Der Eber soll stimulieren und umrauschende Sauen ausfindig machen

Der Wartestall

Nach dem Aufenthalt im Deckzentrum wird die Besamungsgruppe in zwei Hälften aufgeteilt und in je eine 19 Sauen fassende Wartebucht getrieben. Hier stehen den Sauen 3 m² im Stall und 1,5 m² im Auslauf zur Verfügung. Im Stallinnern befinden sich Liegekessel und ein sehr breiter Laufgang. Gefüttert werden die Sauen am Boden.

Dazu hängen über den Liegekesseln einzelne Dosatoren. Die dann das Futter auf den Boden fallen lassen. Tobias Urban hat sich bewusst für die Bodenfütterung entschieden „Von der Bodenfütterung bin ich überzeugt, die Sauen haben Platz genug beim Fressen, können alle gleichzeitig fressen und es gibt kaum Verdrängungskämpfe. Zudem sind die Liegekessel in denen gefüttert wird auch im Sommer immer sehr sauber“. Nur die Dosatoren sind nicht hoch genug aufgehängt. Schon nach kurzer Zeit haben die Sauen es gelernt aufeinander zu steigen, um die Dosatoren zu erreichen und zu beschädigen. Hier muss noch eine andere Lösung her.

Nicht begeistert ist der jungen Betriebsleiter von den Beckentränken „Ich habe zwei Nippel- und zwei Beckentränken in jeder Bucht. Die Nippeltränken werden gut angenommen, die Beckentränken sind jedoch immer mit Kot verschmutzt“. Möglicherweise liegt das auch an der Anordnung der Beckentränken.

Im Wartestall wurde eine Bodenfütterung in den Liegekesseln installiert

Eine zweite Kinderkrankheit hat sich in den Schanieren der Auslasstüren gezeigt. Diese waren den rohen Kräften der Sauen nicht gewachsen. Die Türen werden jetzt nach und nach ausgebaut und durch neue ersetzt. Dies ist jetzt eine Herausforderung für die Luftführung im Stall, die sonst sehr gut funktioniert. Tobias Urban hat sich für eine Gleichdrucklüftung entschieden. Die zwar etwas mehr Strom benötigt, aber eine gute Raumdurchströmung ermöglicht und auch mit den sich öffnenden und schließenden Auslauftüren gut harmoniert. Über einen Wärmetauscher wird die Luft vorgewärmt, was im Winter Temperaturen von 13° im Stall nicht unterschreiten ließ. Die zusätzlich in den Liegekesseln eingebauten Fußbodenheizungen wurden bisher nur bei der ersten Einstallung der Jungsauen benötigt.

Der Auslauf des Wartestalles wird eingestreut

Der Auslauf des Wartestalles wird eingestreut. Beim wöchentlichen Ausmisten benötigt man dann etwa einen halben Großballen an Stroh. In etwa die gleiche Menge wird beim Einstallen der neuen Sauengruppe im Deckzentrum zugestreut. Dort wird dann je nach Bedarf nach einigen Durchgängen komplett ausgemistet. Wichtig ist die Lagerung des Strohs unter Dach. In etwa 100 Großballen werden insgesamt im Jahr benötigt.

Angepaart werden die Sauen mit Sperma aus der Besamungsstation Neustadt/Aich. Da die Eglinger am Gutfleisch-Programm der EDEKA teilnehmen, werden ihnen die einzusetzenden Eber vorgeschrieben. Hier liegt der Schwerpunkt auf Fleischmenge. Die Topigs-Zuchtanpaarungen werden ebenfalls über die gleiche Station abgewickelt.

Der Abferkelstall

Der dritte Bereich, der über das EIP-Programm neu gebaut und gefördert wurde ist der Abferkelstall. Grundelement ist die Abferkelbucht mit freier Abferkelung. In drei Abteilen wurden jeweils 36 Bewegungsbuchten eingebaut. „Obwohl wir nur zwei Abteile im 3 Wochen-Rhythmus gebraucht hätten, haben wir ein drittes Abteil dazu gebaut. Denn wir wollen ein Teil unserer Ferkel in der Abferkelbucht auch aufziehen. Der Rest geht gleich nach dem Absetzen in den Ferkelaufzuchtstall.“

Damit hat man in Betrieb Urban ausreichend Abferkelplätze und bleibt flexibel. Denn nachdem jetzt die Herde insgesamt älter wird, zeigt sich auch das hohe Fruchtbarkeitsniveau der Sauen. 12,3 abgesetzt Ferkel heißt bei einer durchschnittlichen Saugferkelverlustquote von 16%  etwa 14 lebend geborene Ferkel. Hier stößt dann die einzelne Sau schon mal an ihre Grenzen bei der Milchproduktion. Daher hat man sich bei den Urbans schon Gedanken gemacht, wie man dem entgegentreten kann. Mit einer zusätzlichen Milchfütterung über ein automatisches System kann sich Tobias Urban noch nicht anfreunden. „Wir gehen eher den Schritt zum Einsatz von Ammensauen“. Platz dafür findet er im Abferkelstall, wenn er weniger Würfe in der Abferkelbucht bis 25 kg aufzieht.

Die Bewegungsbuchten im Abferkelstall werden leicht eingestreut

Die Abferkelbuchten haben eine Buchtenfläche von 7,5 m² und entsprechen damit schon den neuen gesetzlichen Anforderungen. Etwa 60 % des Bodens ist geschlossen und etwa 40 % besteht aus Gußspaltenelementen, unter denen sich ein Güllekanal befindet. „ Das Güllesystem funktioniert incl. der Spülmöglichkeiten auch mit unserer Einstreu. Zur Geburt wird stark eingestreut, anschließend pro Tag eine gute Hand nachgestreut“ so der Betriebsleiter. Das Ferkelnest beträgt 1,5 m² und ist mit einer Fußbodenheizung und einer Abdeckung versehen, in die von oben noch eine Infrarotlampe eingehangen werden kann. Die Buchtenabtrennungen sind so angebracht, dass die Sauen sehr einfach im hinteren Teil der Bucht festgesetzt werden können, wenn Ferkelbehandlungen anstehen.

Die Bewegungsbuchten bieten der Sau 7,5 m² Platz

Gefüttert werden die Sauen und Ferkel über einen Automaten. Dazu erklärt Tobias Urban: „Die Ferkel sollen die Mutter nachahmen und festes Futter an der gleichen Stelle aufnehmen“. Dabei geht es ihm in erster Linie darum, dass der Verdauungstrakt trainiert wird, weniger darum, dass viel Energie über das Beifutter aufgenommen wird. Hin und wieder wird zusätzlich für die Ferkel ein wenig CCM im Ferkelnest gefüttert, das sie aufgrund des sauren Geschmacks sehr gerne aufnehmen und gleichzeitig auch die Festfläche sauber halten.

Gelüftet wird über eine Unterdrucklüftung, die die Frischluft über eine Porendecke ins Abteil hineinsaugt. Für die höheren Luftraten im Sommer wird diese durch Luftventile unterstützt, die an der Decke verteilt sind. Die Zuluft wird zusätzlich über einen Luft/Luft-Wärmetauscher in der kalten Jahreszeit zur Energieeinsparung erwärmt. Für die hohen Temperaturen im Sommer ist in der zentralen Zuluftöffnung am Giebel auch ein Coolpad eingebaut, das über Verdunstungskühlung die Sauen von zu hohen Temperaturen entlastet. Steigen die Stalltemperaturen über 25°C schaltet sich die Kühlmöglichkeit automatisch ein.

Zur Kühlung der Abferkelabteile ist im zentralen Zuluftschacht ein Coolpad eingebaut

Nach dem Absetzen der Sau besteht bei den Ferkel, die in der Abferkelbucht verbleiben, die Möglichkeit mehrere Buchten zusammen laufen zu lassen. Bevorzugt wird, nur jeweils 2–3 Buchten zu verbinden, da sonst die Unruhe im Stall zu groß ist. Gefüttert wird über den Trockenfutterautomaten, den auch die Sau vorher genutzt hat. Den Ferkeln stehen in dieser Bucht dann etwa 0,6 m² pro Tier zur Verfügung, also ca. 70 % mehr Platz als gesetzlich gefordert.

Ein Teil der Abferkelbuchten werde auch zur Ferkelaufzucht genutzt

Die alten Ställe

Etwa die Hälfte der Ferkel werden noch im alten Ferkelaufzuchtstall, der im Jahr 2002 gebaut wurde, aufgezogen. Dort stehen die Ferkel in Buchten a 28 Tiere. Weil die Flüssigfütterung am Kurztrog nicht erwartungsgemäß funktioniert, wurde in jede Bucht noch ein Breifutterautomat, der händisch befüllt werden muss, eingebaut. Die Zuluft kommt ebenfalls über eine Porendecke, wird aber zum Teil Unterflur abgesaugt. Das gleiche Prinzip wird auch im Maststall genutzt. Dort wird nochmal zwischen Vor- und Endmastabteilen unterteilt. Gefüttert wird dort aber flüssig am Langtrog. Ein Verfahren mit dem Tobias Urban sehr zufrieden ist. Im Endmastabteil sind die Gruppen allerdings kleiner. Hier stehen nur 10 Tiere pro Bucht zusammen.

Ein Teil der Ferkelaufzucht wird noch im alten, Anfang der 2000er gebaute, Ferkelaufzuchtstall augezogen.

Auch im Maststall wird flüssig gefüttert

Die Fütterung

Tabelle 1: Zusammensetzung der Sauen- und Mastschweinefutter

Im Bereich der Sauen werden zwei verschiedene Futtermischungen gefüttert. Die Ration für tragende Sauen enthält neben Getreide und Sojaschrot noch kleine Anteile an CCM und Sojaschalen zur Rohfaserergänzung. Vorgelegt wird das Futter trocken in der Bodenfütterung. Dabei werden keine Unterschiede hinsichtlich der Körperkondition gemacht. Dies wäre auch in maximal 2 Gruppen im Tragestall möglich. Begonnen wird mit 3,5 kg und nach der Trächtigkeitskontrolle auf 4,5 kg gesteigert. Im Abferkelabteil erhalten die Sauen dann 3 kg vom Geburtsvorbereitungsfutter (Tragefutter plus ganze Weizenkörner).

Das Futter für säugende Sauen liegt mit 18% Rohprotein an der obersten Grenze, hier wäre eine Reduzierung sicher angebracht. Gefüttert wird nach Futterkurve mit langsamem Ansteigen der Futtermenge nach der Geburt (4 kg auf 7,5 kg). Eingestellt sind 100-115% der Futtermenge zur Ausdosierung in einen Futterautomaten. Ist am Abend beim letzten Rundgang der Automat leer, gibt Tobias Urban nochmal einen Nachschlag von 30 % .

Für die Sauen- und Ferkelfutter wurden auch neue Silos gebaut

Im Bereich der Mastschweinefütterung zeichnet sich eine deutliche Überversorgung mit Ca und P ab, wobei die Molke immer schwierig zu fassen ist. Auch der Rohproteingehalt ist recht hoch. Der Betrieb Urban sollte hier doch über eine Anpassung des Mineralfutters bzw. die Nutzung unterschiedlicher Mineralfutter nachdenken.

Insgesamt hat die Familie Urban die Zeichen der Zeit richtig gedeutet und setzt mit ihren Tierwohlställen auf einen zukünftigen Weg, der von Politik, aber ganz bestimmt früher noch vom Lebensmitteleinzelhandel gefordert wird. Neueste Aussagen von Aldi und Co. zeigen, dass dies die richtige Entscheidung gewesen ist.

Wir wünschen der Familie Urban eine gewinnbringende und erfüllende Zukunft mit ihren neuen Ställen und den Schweinen viel Wohlbefinden darin.

DER DIREKT DRAHT

Dr. Manfred Weber
Klein Schwechten
Tel.: 039388/28423
E-Mail: manfred.h.weber(at)gmx.de

Fotos: Dr. Manfred Weber