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Auswirkungen der Trockenheit 2018 Teil 1: Umfrage bei den Landwirten zur Futtersituation
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M. Sc. Merle Pahl, Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge und Prof. Dr. Holger Schulze, Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft Osterrönfeld, befassen sich im ersten Teil des Beitrags mit den Auswirkungen der Trockenheit im Frühjahr und Sommer 2018 bei milchkuhhaltenden Landwirten. Sie untersuchen anhand von Befragungen, wie stark die Betriebe von der Trockenheit sowie der damit verbundenen Futterknappheit betroffen waren und wie sie darauf reagiert haben. Im zweiten Teil des Beitrags geht es um die Erfassung der Verdichtungen der Maissilagen in den Silos und einer darauf basierenden exakten Ermittlung der vorhandenen Maissilagevorräte, um genau zu kalkulieren, ob diese bis zur nächsten Silomaisernte reichen.

Die lang andauernde Trockenheit im Frühjahr und Sommer 2018 hat in vielen milchkuhhaltenden Betrieben Schleswig-Holsteins sichtliche Spuren hinterlassen. Das Anlegen von Futterreserven war, wie sonst üblich, in der Regel nicht möglich. Stattdessen musste Grundfutter, allen voran Stroh, in großen Mengen für die Fütterung zugekauft werden, was einige Betriebsleiter in finanzielle Engpässe trieb. Maisbestände wurden zum Teil notgehäckselt, Tiere früher aufgestallt und manche Tierbestände sogar abgestockt. Ein paar Wochen später erhärtete sich der Verdacht, dass bei zwar dennoch vergleichsweise gut gefüllten Maissilos deutlich weniger Quantität und auch Qualität vorhanden war.

So zumindest waren vielfach die erlebten Situationen. Doch wie brenzlig war es in den Betrieben wirklich? Wie haben die Milchkuhhalter auf die Trockenheit tatsächlich reagiert oder was gedenken sie in Zukunft diesbezüglich zu tun?

Im Rahmen einer Masterthesis wurde daher eine Befragung zum Thema Auswirkungen der Trockenheit im Frühjahr und Sommer 2018 bei milchkuhhaltenden Landwirten durchgeführt. Es sollte festgestellt werden, wie stark die Betriebe von der Trockenheit und der damit verbundenen Futterknappheit betroffen waren bzw. dieses einschätzten.

Umfrage bei den Landwirten

Die Datenerhebung erfolgte in den Monaten Februar bis April 2019 anhand persönlicher Befragungen von Landwirten aus allen Kreisen Schleswig-Holsteins und von wenigen aus Niedersachsen (Übersicht 1). Die Auswahl der insgesamt 84 Milchkuhbetriebe hierfür erfolgte absolut willkürlich und bewusst (Convenience Sampling).

44 % der befragten zwischen 22 und 61 Jahre alten und überwiegend männlichen Betriebsleiter gaben Futterbau als Betriebsschwerpunkt an, die übrigen 56 % der Landwirte bewirtschafteten Gemischtbetriebe. Mit 48 % war fast die Hälfte der Betriebsleiter jünger als 41 Jahre (Übersicht 2). Damit ist der Altersdurchschnitt in dieser Umfrage mit knapp 41 Jahren geringer als der Bundesdurchschnitt der Betriebsleiter landwirtschaftlicher Betriebe (DBV, 2018: 25 % der Betriebsinhaber < 45 Jahre).

Die Betriebe waren mit 156 ha und 161 Milchkühen/Betrieb überdurchschnittlich groß (Durchschnitt in S.-H.: 78 ha; HAFFMANS, 2017). Hierbei war die Betriebsgröße zwischen 100 und 150 ha am stärksten vertreten (56 % der Betriebe der Umfrage). Bei der Herdengröße ergab sich ein etwas differenzierteres Bild. Mit 31 % bildeten aber diejenigen Betriebe mit 100 bis 150 Kühe die größte Gruppe (Übersicht 3).

Die Betriebe versorgten durchschnittlich (Median) 227 GV (Großvieheinheiten). Hierbei wurde der Median gewählt, da ein Betrieb mit 800 Milchkühen den Mittelwert stark beeinflusst hätte.

Insgesamt standen in den Betrieben im Mittel 0,47 ha Grünland und Maisflächen pro GV zur Futtererzeugung zur Verfügung.

Herausforderungen

Eine wesentliche Frage, bevor die Futtersituation mit den Betriebsleitern besprochen wurde, widmete sich dem Ranking verschiedener Herausforderungen, denen sich die Betriebsleiter gegenübergestellt sehen. Hierbei ging es um „Politische Vorgaben“, „Preisvolatilität“, „Arbeitskräfte“, „Wetterabhängigkeit“, „Betriebserweiterung “ und „Tiergesundheit“.

Dabei stellten die politischen Vorgaben mit großem Abstand die größte Herausforderung für die befragten Betriebsleiter dar. Von 40 % der Befragten wurde dieses Kriterium auf Platz eins und von weiteren 24 % auf 2. Platz gesetzt. Demnach besitzen die politischen Vorgaben in vielen Milchkuhbetrieben, und zwar unabhängig von der Betriebs-/Herdengröße, einen sehr großen Stellenwert. Die Betriebsleiter waren sehr unsicher, welche Vorgaben in Zukunft auf sie zukommen und wie dadurch die Zukunft ihrer Betriebe beeinflusst wird. Derartige Fragen beschäftigen die Landwirte sehr und deutlich mehr als z.B. Fragen der Wetterabhängigkeit, und das trotz eines vergangenen Jahres mit einer starken Trockenheit (Übersicht 4).

Auf dem durchschnittlich 2. Platz rangierte die Preisvolatilität. Je nach Herdengröße der einzelnen Betriebe wurde dieses Merkmal, aber auch das Merkmal „Arbeitskräfte“, etwas unterschiedlich gewichtet (Übersicht 5). Fast ein Viertel der Betriebsleiter wählte die Herausforderung, geeignete Arbeitskräfte zu finden, auf den 1. und weitere 21 % auf den 2. Platz. Insbesondere für die größeren Betriebe ist dieses ein bedeutsameres Thema, als die Volatilität der Preise.

Der Wetterabhängigkeit hingegen wurde nur von 7 % der Befragten die absolute Priorität eingeräumt. Für fast 40 % der Teilnehmer dieser Umfrage hat die Abhängigkeit vom Wetter keine vorherrschende Rolle und rangiert hinter allen anderen genannten Kriterien.

Die „Betriebserweiterung“ stellt eher in Betrieben mit mehr als 200 Kühen eine Herausforderung dar. Es ist anzunehmen, dass diese Betriebe ihre Kapazitäten ausgeschöpft haben und eine weitere Bestandsaufstockung eine größere Herausforderung darstellt, als z. B. die Abhängigkeit vom Wetter.

Einschätzung der Futtersituation

Zum einen wurde nach der Einschätzung der Futtersituation zum Zeitpunkt Sommer 2018, zum anderen im Februar bis April 2019 gefragt. Dafür wurden die Betriebe in Abhängigkeit von ihrer Kuhzahl in drei Größenklassen unterteilt. Die Einteilung der Klassen erfolgte neben der Kuhzahl aber auch in Abhängigkeit der Beantwortung dieser Frage „Stellte Futterknappheit im Sommer 2018 in Ihrem Betrieb ein Problem dar?“. Als Antwortmöglichkeiten konnten die Noten „1 = kein Problem“ bis „5 = großes Problem“ verteilt werden.

Im Durchschnitt wurde die Situation mit 2,6, also einer knappen Note „3 = gleich großes Problem“, beurteilt (Übersicht 6). Futterknappheit war den Betrieben im Sommer 2018 zwar bereits bekannt, die Betriebe waren aber im Durchschnitt nicht davon betroffen.

Die erneute Einschätzung einer möglichen Futterknappheit zum Zeitpunkt Februar bis April 2019 zeigte keinen Zu­sammen­hang mit der Einordnung und der Platzierung des Begriffs „Wetter­abhängigkeit“ (Übersicht 7).

Landwirte, welche der Wetterabhängigkeit eine Platzierung auf den vorderen Rängen zuordneten und ihr damit eine hohe Bedeutung einräumten, hatten eher weniger Maissilage zugekauft, als Betriebsleiter, für die die Wetterabhängigkeit keine übermäßig große Rolle spielte. Eine Ausnahme bildeten 6 Landwirte, die der Wetterabhängigkeit die größte Bedeutung beimaßen.

Die Hälfte derjenigen Landwirte mit einer Futterknappheit hatte bereits Maissilage zugekauft.  Wurde der Wetterabhängigkeit ein Rang auf den hinteren Plätzen zugeordnet und sie damit nicht als große Herausforderung angesehen, waren die Landwirte auch seltener im Frühjahr 2019 bereit, noch Maßnahmen zu ergreifen, um Futtervorräte anzulegen.

Dennoch zeigte sich, dass eher die kleineren Betriebe mit bis zu 100 Milchkühen Probleme mit einer Futterknappheit sahen bzw. hatten, als größere Betriebe. Das waren im Durchschnitt auch diejenigen Betriebe, die der „Wetterabhängigkeit“ als Herausforderung für ihren Betrieb einen größeren Stellenwert einräumten als die größeren Betriebe, nämlich durchschnittlich auf Platz 3 hinter den „Politischen Vorgaben“ und der „Preisvolatilität“.
 


Im Zeitraum Februar bis April 2019 wurde von diesen Landwirten die Futtersituation erneut beurteilt, diesmal im Schnitt mit 2,8. Das entspricht einer Interpretation von „eher kein Problem“ bis „gleich großes Problem im Vergleich zu den Jahren 2015 und 2016“.

Viele der Landwirte gaben aber zu diesem Zeitpunkt an, dass ein großes Problem dann bevorstünde, wenn der erste Grasschnitt 2019 keine ausreichenden Mengen bringen würde.

Werden die Betriebe nach dem Grad ihrer Betroffenheit durch die Futterknappheit klassifiziert, wird dennoch deutlich, dass vor allem Betriebe mit einer geringen Flächenausstattung sowohl im Sommer 2018, als auch im Frühjahr 2019 stärker von der Futterknappheit betroffen waren als andere.

Vor der Durchführung dieser Umfrage war davon ausgegangen worden, dass Betriebsleiter, welche zum Zeitpunkt der Befragung unter Futterknappheit leiden, die Herausforderung „Wetterabhängigkeit“ stärker gewichten würden, als Betriebsleiter mit ausreichenden Futtervorräten. Dies wurde jedoch nicht bestätigt. Ebenfalls war anzunehmen, dass Betriebsleiter, die aufgrund der Futtersituation bereits Maissilage zugekauft hatten, in der Wetterabhängigkeit eine größere Herausforderung sehen, als jene, die noch keine Maissilage zugekauft hatten. Aber auch das zeigte sich nicht in dieser Umfrage.

Das Empfinden der Landwirte gegenüber der Wetterabhängigkeit wurde demnach nicht durch die Existenz von ausreichend oder aber knappen Futtervorräten beeinflusst. Dabei bleibt jedoch fraglich, ob die von den Landwirten vorgenommene Einschätzung der vorhandenen Futtervorräte realistisch ist, da die Silagemengen in der Regel über das Volumen in den Silos und eine unterstellte Verdichtung geschätzt werden. Der weitaus größere Unsicherheitsfaktor hierbei ist die Höhe der Verdichtung. 

Ein Problem war die Futterknappheit also auch im Frühjahr dieses Jahres nur in Einzelbetrieben. Allerdings gaben einige Betriebsleiter an, dass das Futter in diesem Wirtschaftsjahr noch gerade ausreiche. Viel Hoffnung wurde auf ein ertragsreiches 2019 gelegt.

Maisbestände und Silagebereitung

Die 84 befragten Landwirte bauten 2018 insgesamt 88 verschiedene Maissorten an, im Durchschnitt mit einer Siloreifezahl von 220 und einer Kornreife von 220 oder 230.

44 Landwirte, also etwas mehr als die Hälfte, gaben an, dass ihre Maisbestände zum Erntezeitpunkt eine normale Größe, eine grüne Restpflanze und einen normalen Kolben besaßen, der bis in die Spitze mit Körnern gefüllt war. Bei den anderen Befragten sahen die Maispflanzen zur Ernte verändert aus, i.d.R. entweder mit grüner Restpflanze, aber kleinerem oder keinem Kolben oder von deutlich geringerer Größe (Übersicht 8). Absolut verstrohte Bestände wurden von den teilgenommenen Landwirten kaum registriert.

Nach Aussagen der Betriebsleiter wurden die Maissilos innerhalb von 12 Stunden (Median) (Mittelwert war 18 Stunden) mit durchschnittlich 3,5 Abfahrgespannen (mit durchschnittlich je 42 m³ Volumen) bei einer mittleren Feld-Hof-Entfernung von 2,7 km angelegt. Eine Mengenerfassung fand dabei nur in 13 Betrieben statt. Hier wurden durchschnittlich 40,8 t/ha geerntet.

27 Landwirte hatten Maissilage zugekauft, im Mittel von 8,3 ha (Median).

Rationsgestaltungen

54 Landwirte (64 %) gaben an, dass sie ihre Rationsgestaltung im Herbst/Winter 2018/2019 im Vergleich zu den vorherigen drei Jahren verändert hatten. Damit war meistens die Grund­futter­zusammensetzung gemeint. So wurde in 28 Betrieben das Grassilage-Maissilage-Verhältnis so verändert, dass mehr Mais- und weniger Grassilage verfüttert wurde. 15 Landwirte stellten ihre Ration entgegengesetzt um, also mit einem höheren Grassilageanteil als zuvor. Darüber hinaus nahm der Einsatz an Körnermais zu. Hingegen wurden nur in 6 Betrieben vermehrt Nebenprodukte zugekauft.

Des Weiteren erhöhte sich in manchen Rationen der Strohanteil, vor allem in der Jungrinderaufzucht und bei den Trockenstehern.

Weitaus umfangreicher, nämlich bei 28 Betrieben, war der zusätzliche Anbau von Ackergras im Sommer/Spätsommer 2018 (im Mittel 20 ha), um dieses noch im Herbst zu ernten und damit einer Futterknappheit etwas zu begegnen.

Mit zunehmender Betriebsgröße wurde von einer geringeren Betroffenheit von Futterknapp­heit gesprochen. 42 der befragten Betriebsleiter gaben an, im Frühjahr 2019 weitere Maßnahmen gegen eine Futterknappheit zu ergreifen, wie z.B. Strohzukäufe oder aber auch eine Erweiterung der Maisanbaufläche 2019.

Es wurde aber mehrfach auch erwähnt, das vorhandene Grünland zukünftig mehr zu pflegen und intensiver zu nutzen. Die Möglichkeit des frühen Weideaustriebs wollten 9 Betriebe im Bereich der Jungrinder und ein Betrieb bei den Trockenstehern nutzen. In 13 Betrieben war den Betriebsleitern bewusst, dass der Futtervorrat knapp ist, so dass die Rationen zeitnah verändert werden sollten. In 2 Betrieben sollte mehr Maisschrot eingesetzt werden. Die Reduzierung des Tierbestandes, vor allem bei den Milchkühen und Bullen, fassten 10 Betriebsleiter ins Auge.

FAZIT

In der Zukunft müssen sich Landwirte vermehrt auf Wetterextreme wie Trockenheit, heftige Niederschläge innerhalb kurzer Zeit oder auch Stürme und Hagelschlag einstellen. Futterknappheit stellt bzw. stellte in einzelnen Betrieben aufgrund der letztjährigen andauernden Trockenheit ein erhebliches Problem dar. Flächendeckend war dieses in Schleswig-Holstein entgegen der ursprünglichen Befürchtungen nicht der Fall. Vielleicht auch dadurch begründet fielen die Umfrageergebnisse bzgl. zu treffender und vor allem langfristiger Gegenmaßnahmen eher ernüchternd aus. Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass in der vorliegenden Umfrage hauptsächlich größere (zukunftsorientiertere) Betriebe berücksichtigt wurden.

Die größten Herausforderungen stellen die politischen Vorgaben und die Preisvolatilität für die Landwirte dar. Erst danach und nach der Herausforderung, ausreichend gute Arbeitskräfte zu generieren, rangiert bei den Betriebsleitern die Wetterabhängigkeit.

Mit großer Sicherheit ist auch dieses der sehr unterschiedlichen Wahrnehmung, Risikobereitschaft und Entscheidungsfreudigkeit von uns Menschen geschuldet.

Die hier vorgestellte Untersuchung befasste sich darüber hinaus auch intensiv mit den Erntemengen und Verdichtungen der Maissilagen bei insgesamt 26 an dieser Umfrage teilgenommenen Betriebe. Bekanntlich bildet der Mais unter Trockenstressbedingungen eine geringere Blattgröße aus und nimmt damit weniger Strahlung auf, betreibt also weniger Photosynthese. Derartige Pflanzen sind kleiner und füllen den Kolben nur teilweise oder gar nicht, so dass sich dieses trockenere Material im Silo schwieriger verdichten lässt und folglich stärker zur Nacherwärmung neigt.

Daher standen u.a. auch die genaue Erfassung der Verdichtungen dieser Maissilagen und nachfolgend eine konkrete Berechnung der Maissilagevorräte im weiteren Mittelpunkt der Untersuchung. Hierüber wird in einer der nächsten Ausgaben berichtet.

DER DIREKTE DRAHT

M. sc. Merle Pahl
E-Mail: merle-pahl(at)web.de

und

Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
FH Kiel/Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Fachbereich Agrarwirtschaft, Osterrönfeld
E-Mail: katrin.mahlkow-nerge(at)fh-kiel.de

Fotos (Mahlkow-Nerge)
Stand: August 2019