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Attraktive Laufhöfe für Kühe: Tierwohl versus Umweltschutz
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Spätestens seit der aktuellen Tierwohldiskussion in Deutschland (und anderswo) wissen wir, dass die Bevölkerung gerne Kühe auf der Weide sehen will. Ob die Kuh das auch immer unbedingt möchte, bleibt an dieser Stelle unbeantwortet. Es gibt eine Vielzahl von Betrieben, die aufgrund ihrer örtlichen Gegebenheiten nicht in der Lage sind, Kühen Weidegang zu ermöglichen. Um den Tieren trotzdem einen Außenklimareiz, mehr Bewegung und Abwechslung bieten zu können, sind darum Laufhöfe eine Option.

Wer einen Stall mit AFP-Förderung bauen möchte, muss entweder Weidegang für die Kühe oder einen Laufhof bereitstellen. Wer Milch in höherer Haltungsstufe vermarkten möchte, muss einen Auslauf u./o. Weidegang bieten.

Welche Anforderungen beim Bau eines Laufhofes gestellt sind, wird im Folgenden geschildert.

Laufhöfe sind Anlagen mit zusätzlichem Platzangebot außerhalb des Stalles. Die Kühe können diesen Bereich entweder permanent oder auch nur stundenweise nutzen. Das Konzept bietet den Tieren mehr Bewegungsfläche, Sonneneinstrahlung und gute Luftqualität, was sich gemeinsam positiv auf die Tiergesundheit auswirken kann. Laufhöfe müssen dennoch aus Sicht der Tiere und aus Sicht des Umwelt- und Gewässerschutzes in funktionstüchtigem Zustand gehalten werden.

Seitlich am Stall angelegter Laufhof (Foto: Sibylle Möcklinghoff-Wicke)

Wie bereits vor einigen Jahren in einer Studie aus der Schweiz festgestellt wurde, lieben Kühe es, sich vor allem im Winterhalbjahr draußen aufzuhalten, da sie gerade in der kühleren Jahreszeit aktiv die Sonne suchen. Für die Tiere ein Gewinn – aber ca. ein Drittel des betrieblichen Ammoniaks wird im Stall und Laufhof freigesetzt. Durch einen Laufhof vergrößert sich die „verschmutze Bodenoberfläche“ und die Ammoniakverluste nehmen zu. Maßnahmen im Stall und Laufhof allein genügen nicht, die Verluste zu minimieren. Abgedeckte Güllelager und die Ausbringung mit Schleppschlauchverteilern unterstützen die Maßnahmen im Stall zur Verminderung der Ammoniakemissionen.

Dass die Ammoniakverluste im Laufhof höher als im Stall sind, liegt vor allem daran, dass Wind und Temperatur stärker wirken, dass die Fläche weniger regelmäßig gereinigt wird und die verschmutzte Oberfläche größer ist. Der Laufhof verursacht zusätzliche Emissionen in Höhe von 8 g NH3/ m2 und Tag (VDI 3894-1 2011). [LANDTECHNIK 75(4), 2020, 230–246]

Stallbauliche Aspekte

Grundsätzlich ist die Akzeptanz der Tiere für den „Platz an der Sonne“ größer, je mehr Platz der Laufhof bietet. Neben der Größe spielt auch die räumliche Anordnung eine wichtige Rolle. Um vor allem die Wintersonne einfangen zu können, ist eine Ausrichtung nach Süden bzw. Südosten von Vorteil. Bei einer anderen Ausrichtung (Osten oder Westen) sollte ein Windschutz vorgesehen werden. Das geht mit Windschutznetzen, Schlitzwänden, einem Erdwall oder einer immergrünen Hecke.

Giebelseitiger Außenauslauf (Foto: Sibylle Möcklinghoff-Wicke)

Eine rechteckige Form des Laufhofes ist für die Bewirtschaftung optimal, denn spitz zulaufende Winkel sind mechanisch schlecht zu säubern. Generell sollte eine Mindestbreite von 5 m eingehalten werden. So kann z. B. auch ein unüberdachter Wartebereich vor dem Melkstand als Laufhof genutzt werden.

Unüberdachter Wartehof kann als Laufhof genutzt werden (Foto: Katrin Mahlkow-Nerge)

Der beste Auslauf nützt aber nichts, wenn nicht alle Tiere ungestört Zutritt haben. Daher sollten immer mindestens zwei Zugänge a 2,5 Breite vorgesehen werden, damit sich Kühe begegnen können und nicht ranghöhere Tiere den Zugang blockieren.

Laufhof mit 2 breiten Zugängen (Foto: Katrin Mahlkow-Nerge)

Aus stallbaulicher Sicht müssen die Außenlaufflächen wasserdicht sein, bei jedem Wetter rutschsicher für die Kühe und aus arbeitswirtschaftlicher Sicht abschiebbar oder mit anderen technischen Lösungen gereinigt werden können.

Böden sind so zu gestalten, dass der Harn rasch abfließt und die Flächen leicht zu reinigen sind. Senken oder Mulden auf der Lauffläche führen zu stehender Nässe, die von der Entmistungstechnik nicht abgeführt wird. Daher ist auf die präzise bauliche Ausführung der Lauffläche Wert zu legen. Zu beachten ist auch, dass das anfallende Regenwasser auf der Fläche als Schmutzwasser gilt, das aufgefangen werden muss, und wie Gülle, nur zeitlich befristet ausgebracht werden darf, denn es unterliegt ebenso der Sperrfrist.

Der Querkanal bzw. die Auffangbehälter sind so zu bemessen, dass sie auch bei einem möglichen Schlagregenereignis nicht überlaufen. Bewährt hat es sich, kein Längsgefälle vorzusehen, weil das zu einer noch schnelleren Abtrocknung der Fläche führt. Der Abwurfschacht für den Schieber am Ende des Laufhofes sollte, egal ob stationär oder mobil, überfahrbar sein. Mit einer seitlichen Abgrenzung oder Randabschlüssen muss gewährleistet sein, dass kein ungesteuerter Abfluss von der Fläche, aber auch kein Zufluss von Regenwasser von außen stattfindet.

Laufhöfe emittieren weniger Ammoniak, wenn die Laufhoffläche häufig gereinigt wird, der Laufhof eine teilweise Beschattung aufweist oder in den Sommermonaten bei gleichzeitigem Weidegang der Tiere abgesperrt wird. Wie in einer EIP-Studie festgestellt wurde, führt eine Strukturierung des außenliegenden Laufhofs durch nicht überdachte Liegeboxen und zusätzliche Fressstände dazu, die emittierende Fläche zu verringern und verhilft so zu einer Emissionsminderung. Zusätzlich können auf dem Laufhof, ähnlich wie im Stall, emissionsmindernde Laufflächenbeläge und stationäre Entmistungsschieber verbaut werden. Durch einen strukturierten Laufhof ist eine Emissionsreduzierung bis zu 25 % möglich. (EIP Rind „Bauen in der Rinderhaltung“, www.eip-rind.de)

Allerdings kann auch zu wenig Feuchtigkeit schnell zum Problem werden. Wenn die Fläche schnell abtrocknet und sich beim Abschieben eine Schmierschicht bildet, führt das dazu, dass die Kühe nicht mehr sicher laufen können. Da sich das bei einer Außenfläche nie ganz verhindern lässt, sollten einfache Sprinkler oder eine Beregnung installiert sein, um schnell gegensteuern zu können.

Idealerweise sollte ein Laufhof auch schattige Bereiche haben, damit die Kühe, je nach Temperatur und Witterung, wählen können, wo sie sich aufhalten möchten. Eine teilweise Überdachung der Fläche vermindert zudem die Sonneneinstrahlung auf die Fläche, was wiederum zu einer Reduzierung der Ammoniakemissionen vom Laufhof beitragen kann.

Die regelmäßige Reinigung des Außenauslaufs, vor allem der rasche Harnablauf, kann die Ammoniakverluste senken. Hier gilt es, eine Balance zwischen Tierwohlaspekten für die Kuh und Umweltbelastung durch Emissionen von der Fläche zu finden.

Beschattung senkt Emissionen (Foto: Sibylle Möcklinghoff-Wicke)

Sprühkühlung, Vernebelungsanlagen

Sprüh- oder Vernebelungsanlagen senken durch die Verdunstung von Wasser die Umgebungstemperatur. Sie verbessern damit bei heißem Wetter die Bedingungen für das Tier. Die Wirkung auf die Ammoniakemissionen ist nach heutiger Einschätzung fraglich, weil Sprüh- und Vernebelungsanlagen die Umgebungstemperatur und die Exkremente dafür zu wenig abkühlen. Erst regelmäßiges Spülen der Laufflächen mit Wasser könnte die Ammoniakverluste wesentlich reduzieren. Dieses Verfahren ist aber wegen des hohen Wasserverbrauches und der hohen Betriebs- und Folgekosten (mehr Güllelagerraum nötig!) für die Praxis nur bedingt zu empfehlen. Der Einsatz von Sprühanlagen sollte deshalb aus heutiger Sicht auf die Temperaturspitzen am Nachmittag und gezielt zum Einweichen der Exkremente vor dem Entmisten beschränkt sein. (Agridea.ch)

Beschäftigungsmöglichkeiten

Um den Laufhof für Kühe attraktiv zu machen, sind Beschäftigungsmöglichkeiten sinnvoll. Das können z. B. außen angebrachte Kuhbürsten oder auch eine große Wannentränke oder eine Heuraufe sein, die Kühe anziehend finden.

Die Außenfläche bietet den Tieren eine zusätzliche Bewegungsfläche und durch den Außenklimareiz kann die Fruchtbarkeit verbessert werden (Vitamin D3). Viele Praktiker berichten von einer besseren Brunsterkennung unter freiem Himmel, gelegentlich von einer Leistungssteigerung und einer verbesserten Futteraufnahme. Da die Kühe sich mehr bewegen, ist von einem positiven Effekt auf den Stoffwechsel auszugehen.

Für die Kühe kann der Ausweichraum zur Vermeidung von Stress beitragen (Klima, Keime, Platzverhältnisse). Durch die Witterungseinflüsse können antiparasitäre Wirkungen vermutet werden. Es bietet sich an, den Laufhof als Verbindungselement von Stallteilen zu nutzen. Häufig ist eine einfache Stallerweiterung über Außenfressplätze bzw. Liegeplätze zu realisieren.

Gebäudezwischenräume werden als Laufhof genutzt (Foto: Sibylle Möcklinghoff-Wicke)

Ablegen auf dem Laufhof verhindern

Ein Ablegen im befestigten Außenauslauf (ohne Liegeboxen) ist allerdings nicht gewollt, weil die Euter der Tiere dann stark verschmutzen. Die Liegeboxen im Stall sollten daher bestmöglich gepflegt werden, um als attraktiver Rastplatz genutzt zu werden. Schlechtes Stallklima, eine Überbelegung im Stall oder auch unbequeme Liegeboxen verleiten die Kühe, sich auf die außenliegende Betonfläche zu legen.

Anforderungen an den Laufhof aus Sicht der Förderung im Rahmen von AFP (Hessen)

Gemäß der AFP-Premiumförderung ist für Milchkühe bei ganzjähriger Stallhaltung eine Auslauffläche von mindestens 4,5 m² für mind. 33 % der Herde gefordert. Diese kann bei mehrhäusigen Stallanlagen als integrierter Funktionsbereich zwischen den überdachten Gebäudeteilen liegen oder längs- bzw. giebelseitig am Laufstall angebunden sein.

Laufhof mit Futterkrippe zwischen zwei Ställen (Foto: Katrin Mahlkow-Nerge)

Der Laufhof darf max. zweiseitig geschlossen und nur 1/3 der Fläche darf überdacht sein. Generell kann nur dann auf einen Auslauf verzichtet werden, wenn bauseitig kein Laufhof installiert werden kann. In diesem Falle müssen 7m²/Tier Stallfläche zur Verfügung gestellt werden.

Eingestreute Laufhoffläche (Foto: Sibylle Möcklinghoff-Wicke)

Anforderungen an Neuanlagen

Laufhof mit Außenfressplatz (Foto: Sibylle Möcklinghoff-Wicke)

Anforderungen des Laufhofes aus Sicht der Kuh

An der Universität British Columbia wurden Wahlversuche mit Kühen durchgeführt, um zu bestimmen, welche Art von Auslauf sie präferieren. Es scheint Aspekte zu geben, die wir derzeit noch nicht verstehen, denn, wenn Kühe die Wahl haben, ob sie auf die Weide gehen oder nicht, entscheiden sie sich je nach Wetterlage nicht immer für den Spaziergang auf der Weide.

Da es viele Praxisbetriebe gibt, die keinen Weidegang organisieren können, wäre es hilfreich zu wissen, wie die Alternative im Kleinformat dazu aussehen könnte. Darum sollten in einer Versuchsanstellung die Kühe selbst entscheiden, ob sie einen kleineren Auslauf mit Sand oder mit Rindenmulch der Weide vorziehen. Hierfür wurden 8 Kuhgruppen mit jeweils 12 Tieren gebildet. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Kühe nachts lieber auf die Weide gehen, anstatt den kleineren Auslauf mit Sand oder Rindenmulch zu nutzen. Bei der Wahl zwischen Sandauslauf oder Stall in der Nacht, wählte die Mehrzahl der Kühe den Sandauslauf vor den Liegeboxen im Stall. An dieser Stelle kann man sagen, dass, wenn kein Weidegang in der Nacht möglich ist, ein Außenauslauf mit Sand einen großen Vorteil für die Kühe und den Halter bringen kann.

Laufhof mit Außenfressplatz und Tränke (Foto: Sibylle Möcklinghoff-Wicke)

Es ist aus der Praxis immer wieder zu hören, dass Kühe mit einem Außenauslauf weniger lahmen und die äußeren Brunstsymptome besser zu erkennen sind, allerdings konnten diese Effekte noch nicht durch Versuchsergebnisse bestätigt werden.

FAZIT

Was bleibt

Kühe unter freiem Himmel scheinen eine besondere Bedeutung für die Verbraucher zu haben, auch wenn es keine Weidefläche ist. Es gilt, den bestmöglichen Kompromiss für das Tierwohl und den Umweltschutz zu finden. Aus früheren Versuchen ist bekannt, dass Kühe vor allem nachts auf der Weide liegen. Neben den Klima- und Wettereinflüssen, die hier eine Rolle spielen, scheinen auch das freie Abliegen, ohne Restriktionen durch die Stalleinrichtung und die Steuerung der Individualdistanz beim Liegen zur nächsten Kuh, wichtige Aspekte für die Kuh zu sein. Bei einem strukturierten Laufhof mit Liegeboxen unter freiem Himmel müssen die Boxenmaße und das Boxendesign den allerbesten Komfort gewährleisten, um mit dem freien Liegen auf der Weide konkurrieren zu können. Inwieweit semipermeable Böden, die derzeit als freie Liegefläche im Stall im ersten Einsatz sind, auch für Außenbereiche nutzbar sind, bleibt noch zu prüfen.

DER DIREKTE DRAHT

Sibylle Möcklinghoff-Wicke
Innovationsteam Milch /HBV Unternehmensberatung

Taunusstr. 151, D-61381 Friedrichsdorf
+49 173 6713605

E-Mail: i-team[at]milchhessen.de