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Im Ernstfall gut vorbereitet auf den Seuchenfall
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Nach Jahrzehnten großer Erfolge in der Tierseuchenbekämpfung kehrten in den 2000er-Jahren einige gravierende Seuchen in die EU und nach Deutschland zurück. Die Afrikanische Schweinepest, die Aviäre Influenza und jüngst auch die Maul- und Klauenseuche bedrohen die Tierbestände. Auch die Blauzungenkrankheit führte in 2024 zu erheblichen Verlusten. Weitere Erkrankungen wie die Epizootische Hämorrhagie der Wiederkäuer (EHD) wurden in Spanien, Portugal und Frankreich nachgewiesen. In Südosteuropa traten Schaf- und Ziegenpocken und die Pest der kleinen Wiederkäuer auf.

ASP, Aviäre Influenza, MKS Ausgehend vom Schwarzen Meer breitete sich die Afrikanische Schweinepest (ASP) seit 2007 nordwärts und westwärts aus bis ins Baltikum und nach Polen. Deutschland verzeichnete den ersten Seuchenfall am 10.09.2020. Durch intensive Bekämpfungsmaßnahmen und Bejagung der Wildschweine an der Ostgrenze konnte die Seuche hier deutlich zurückgedrängt werden. Ein neuer Ausbruchsherd etablierte sich in Hessen/Rheinland-Pfalz und angrenzenden Teilen von Baden-Württemberg. Italien und zahlreiche osteuropäische Staaten sind nach wie vor zum Teil stark von der Seuche betroffen.

Die hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI) hat in den vergangenen Jahren immer wieder zu gravierenden Ausbrüchen geführt. Auch in den Sommermonaten kam es zu positiven Nachweisen in Wildvögeln und gehaltenen Vögeln. Der aktuell vorherrschende Virusstamm H5N1 hat sich in hoher Geschwindigkeit um den ganzen Globus verbreitet. Immer wieder kommt es auch zu Infektionen von Säugetieren, wie wildlebenden Carnivoren. In den USA hat sich die Infektion mit rund 1000 Fällen bei Milchkühen verbreitet. In einigen Fällen waren auch andere Haustiere betroffen. Vereinzelt kam es bei engem Tierkontakt auch zu milden Erkrankungen von Menschen. Das Risiko neuer Varianten steigt.

Anfang 2025 kehrte nach mehr als 30 Jahren die gefürchtete Maul- und Klauenseuche (MKS) nach Deutschland zurück: Am 10. Januar wurde die Tierseuche bei Wasserbüffeln im Landkreis Märkisch-Oderland in der Nähe von Berlin festgestellt. Dank früher Entdeckung und des sofortigen entschlossenen Handelns konnte der Ausbruch begrenzt werden. Deutschland hat auf Basis umfangreicher Untersuchungen im April den Status „MKS frei“ der Welttiergesundheitsorganisation WOAH wiedererlangt. Dennoch war der wirtschaftliche Schaden enorm.

Unabhängig vom deutschen Geschehen wurde die Seuche im März des Jahres nach Ungarn und in die Slowakei eingeschleppt, hier kam es bislang zu insgesamt 11 Seuchenausbrüchen, vor allem in Milchrindbetrieben (Stand bis Redaktionsschluss 30.05.2025). Die MKS ist in der Türkei und in vielen weiteren asiatischen Ländern sowie in weiten Teilen Afrikas verbreitet. Es besteht somit ein dauerhaftes Einschleppungsrisiko, beispielsweise durch aus diesen Ländern mitgebrachte tierische Erzeugnisse.

Mücken als Überträger
Mit der Blauzungenkrankheit (BTV, verschiedene Serotypen) und dem West-Nil-Fieber (verursacht durch WNV) traten ab 2006 verschiedene durch Mücken übertragene Krankheiten erstmals nördlich der Alpen auf. Die Epizootische Krankheit der Wiederkäuer drang 2023 und 2024 von Süden ausgehend bis Zentralfrankreich vor. Nicht nur durch Tiertransporte, sondern auch durch den Wind kann das Virus mit den Mücken große Entfernungen schnell überbrücken.

Seuchen verursachen hohe Kosten Der wirtschaftliche Schaden durch Seuchen ist enorm. Neben den Erkrankungen bzw. für durch EU-Recht gemaßregelte Seuchen durch die Keulung betroffener und ansteckungsverdächtiger Betriebe sind vor allem mit den Handelsbeschränkungen und Export-einschränkungen der tierischen Produkte in Drittländer erhebliche wirtschaftliche Einbußen verbunden. Auch mittelbare Kosten, z. B. Auswirkungen auf den Tourismus, können entstehen. So verursachte der MKS-Ausbruch 2001 in UK gemäß wissenschaftlicher Analysen Schäden in Höhe von über 10 Milliarden Euro. Hinzu kommen das tierische Leid und die emotionalen Auswirkungen auf die Tierhalter.

Auch die hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI) führt zu erheblichen Verlusten – 46 Millionen Vögel aus Geflügelbeständen mussten allein in der Saison 2021–2022 in Europa getötet werden. Auch in der Folgesaison blieb der Seuchendruck hoch. Im Jahr 2021 überstiegen die direkten Kosten der Bekämpfung der Vogelgrippe in Polen 100 Millionen Euro – mit Berücksichtigung der indirekten Kosten für die Landwirte 250 Millionen Euro.

Der Vogelgrippezug (H7N7) im Jahr 2003 führte in den Niederlanden zur Tötung von rund 30 Millionen Vögeln und verursachte direkte wirtschaftliche Kosten von über 270 Millionen Euro. Die Kosten für Prävention und Kontrolle der HPAI sind laut einem jüngsten Bericht in den Niederlanden dramatisch – von durchschnittlich 10 Millionen Euro jährlich (zwischen 2015 und 2021) auf 55 Millionen Euro im Jahr 2022 – gestiegen.

Neue Wege in der Seuchenbekämpfung
Während in Deutschland derzeit in der Bekämpfung der HPAI auf bewährte Maßnahmen wie Stallpflicht und Keulungen gesetzt wird, verfolgt Frankreich einen anderen Ansatz: Seit Oktober 2023 gibt es dort ein Impfprogramm für Enten. Die Zahl der Ausbrüche ging zuletzt deutlich zurück, was nicht nur dem insgesamt niedrigeren Infektionsgeschehen in diesem Jahr geschuldet ist, sondern vermutlich auch als Erfolg der Impfung gewertet werden kann. Die Niederlande führen in einem Pilotprojekt Impfungen bei Legehennen durch. Das deutsche Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) berichtete kürzlich über erste Ergebnisse einer Studie mit Gänsen.

Die überarbeiteten EU-Tiergesundheitsvorschriften lassen prinzipiell eine Impfung unter strengen Auflagen zu. Eine Anpassung rechtlicher Vorgaben ist vor der Einbeziehung der Impfung auf nationaler Ebene in Deutschland erforderlich. Auch die Wirtschaft muss einbezogen werden.

Auch bei der Blauzungenkrankheit konnte dank der schnellen Entwicklung von Impfstoffen gegen den Serotyp 3 des Virus Tierleid verhindert und viele Tiere vor Erkrankungen geschützt werden. Die StIKo Vet empfiehlt dringend die Impfung. Einige Mitgliedstaaten wie Belgien haben diese sogar verpflichtend vorgeschrieben. Gleiches gilt für die EHD, gegen die ebenfalls ein Impfstoff zur Verfügung steht. Im Falle der MKS wurde vorsorglich die deutsche Impfstoffreserve aktiviert, um für eine weitere Ausbreitung gewappnet zu sein.

Positive Signale zur Impfung notwendig
Erforderlich sind in jedem Falle positive Signale und klare rechtliche Rahmenbedingungen. Dies gilt sowohl für die Zulassung der Impfstoffe als auch für die Produktion. Unternehmen benötigen für die Herstellung ausreichender Mengen an Impfstoffen eine Vorlaufzeit von circa vier bis fünf Monaten. Eine plötzliche hohe Nachfrage an Impfstoffen zu bedienen, stellt die Hersteller verständlicherweise vor große Herausforderungen – vor allem, wenn nicht klar ist, wie sich das Seuchengeschehen verhält und ob die Impfdosen überhaupt benötigt werden.

Bundestierärztekammer (BTK) und BfT fordern daher ein klares Signal der zuständigen Ministerien und Behörden für die gezielte und geplante Anwendung von Impfstoffen im Rahmen der Tierseuchenbekämpfung. Nur so würde auch die Forschung nach neuen Impfstoffen angeregt werden, beispielsweise im Fall der ASP. Es müssen rechtzeitig die rechtlichen, aber auch die praktischen Voraussetzungen getroffen werden, um im Seuchenfall schnell handlungsfähig zu sein.

Blick in die Zukunft
Insbesondere für derzeit nicht in der EU vorkommende Erkrankungen und Seuchen mit grundsätzlichem Impfverbot ermöglichen Impfstoff- und Antigenbanken, deren Finanzierung strategisch zu sichern ist, die schnelle Bereitstellung von Impfstoffen und damit die schnelle Bekämpfung der Krankheiten.

Auch wenn je nach Tierseuche entschieden werden muss, zeigt das Beispiel der Influenza-Bekämpfung in Frankreich, dass sich ein strategischer Wendepunkt auftut – weg von den Massentötungen und hin zur Impfung. Dass diese viele Vorteile bringen kann, zeigt auch der Blick in die Zukunft. Der Klimawandel und wärmere Temperaturen begünstigen die Ausbreitung und Etablierung alter und neuer Erreger, sei es durch Wildvögel, neue Zecken- oder auch Mückenarten.