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Die Aminosäurenversorgung gezielt steuern, um ein kompensatorisches Wachstum in der Putenmast zu nutzen
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Einleitung

Eine ausreichende Versorgung mit Nähr-, Mineral- und Wirkstoffen ist entscheidend für die Gesundheit, das Tierwohl und die biologischen Leistungen von Puten. Gleichzeitig ist bekannt, dass eine Reduktion der Rohprotein- bzw. Aminosäuregehalte in den Futtermischungen die Umwelt­belastung verringern kann. In der ökologischen Geflügelmast gestaltet sich eine ausreichende Versorgung mit essentiellen Aminosäuren jedoch als Herausforderung, da synthetische Aminosäuren nicht eingesetzt werden dürfen. Dies führt häufig zu höheren Rohproteingehalten in den Futtermischungen und damit zu einer erhöhten Belastung für Tiere und Umwelt.

Im kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekt „AminoVit“ wurde daher untersucht, wie sich eine schrittweise Reduktion essentieller Aminosäuren im Vergleich zu den Züchterempfehlungen (Aviagen 2015) auf die Leistung von schnell wachsenden B.U.T. 6- und langsam wachsenden Auburn-Mastputen auswirkt.

Fütterungsstrategien zur Einsparung von Aminosäuren

Abgestimmte Fütterungsstrategien sind ein entscheidender Faktor für den Produktionserfolg in der Putenmast – insbesondere, wenn eine hohe Ressourceneffizienz bei gleichzeitig optimaler Leistung erreicht werden soll. Dabei ist es insbesondere für junge Mastputen wichtig, eine ausgewogene Aminosäureversorgung sicherzustellen, um Leistungseinbußen oder unerwünschte Effekte auf das Tierwohl zu vermeiden. Entsprechende Fütterungsstrategien gestalten sich allerdings insbesondere in der anspruchsvollen Aufzuchtphase in der ökologischen Putenmast herausfordernd.

Zwischen dem Gehalt an umsetzbarer Energie (AMEN) in der Alleinfuttermischung und der Futteraufnahme von Mastgeflügel besteht ein gerichteter Zusammenhang. Mit sinkendem AMEN-Gehalt steigt die Futteraufnahme (Bellof und Schmidt, 2014). Dieser Zusammenhang kann für eine bedarfsgerechte Versorgung ökologisch gehaltener Mastputen mit essentiellen Aminosäuren (EAS) genutzt werden. Mischungen mit abgesenkten AMEN-Gehalten sowie einer vergleichsweise geringen EAS-Ausstattung können aufgrund der erhöhten Futteraufnahme zu einer ausreichenden Aufnahme an EAS führen. Zu beachten ist dabei das jeweilige Verhältnis von EAS zu AMEN-Gehalt. Diese Relationen können von den Empfehlungen für die konventionelle Putenmast herangezogen werden (Bellof et al., 2014).

Untersuchungen von Göppel et al. (2022) an langsam wachsenden Auburn- und schnell wachsenden B.U.T. 6-Puten haben gezeigt, dass das Konzept energieabgesenkter Mischungen bei gleichzeitiger Reduktion der EAS (bis zu 20%), insbesondere von Lysin und Methionin, während der Aufzucht (1. – 8. Woche) in Kombination mit einer weniger restriktiven Aminosäureversorgung in der anschließenden Mastphase zu einem kompensatorischen Wachstum und einer verbesserten Aminosäurenverwertung führen kann. Dabei konnten die Tiere auch unter ökologischen Haltungsbedingungen ihr genetisches Potenzial entfalten.

Putenhähne der Herkunft Auburn (links) und B.U.T. 6 (rechts) am 140. Lebenstag (Bild S. Göppel)

Kompensatorisches Wachstum gezielt nutzen

Planung der Studie

Aufbauend auf diesen positiven Ergebnissen wurde in einer Folgestudie (Kirn et al. 2024) untersucht, ob eine weitere Optimierung der aufgezeigten Fütterungsstrategie für die genannten Putenherkünfte den Ressourceneinsatz weiter verbessern kann. Dazu wurden die Aminosäurengehalte in den Futtermischungen für die drei Fütterungsgruppen gezielt angepasst, wobei sie in Fütterungsgruppe 3 am stärksten reduziert wurden. Die Lysin- und Methioningehalte wurden hier um 30% gegenüber den Züchterempfehlungen gesenkt (Tabelle 1).

Durch eine anfängliche Reduktion der Aminosäurengehalte in der Aufzucht um bis zu 30%, gefolgt von einem Anstieg auf 90 bzw. 100% in der Mastphase, sollte eine kompensatorische Futteraufnahme und damit ein kompensatorisches Wachstum angeregt werden.

Tabelle 1: Versuchsaufbau und geplante Ausstattung der Futtermischungen (AMEN; EAS) für die Putenmast

Die ökokonformen Kraftfutter­mischungen enthielten Erbsen und Erbsenprodukte sowie Sojakuchen, Rapskuchen und Sonnenblumenkuchen (entschält, teilentschält) als Eiweißfuttermittel.

Ergebnisse

Wie die Abbildung 1 verdeutlicht, wird die in der Aufzucht verzögerte Gewichtsentwicklung der Fütterungsgruppe 3 – eine Folge der verringerten Aminosäurenversorgung – in der anschließenden Mast nahezu vollständig ausgeglichen.

Die in der Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse zeigen, dass eine um bis zu 30% reduzierte Versorgung mit EAS keinen negativen Einfluss auf die Mast- und Schlachtleistung von B.U.T. 6-Putenhähnen hatte. So zeigte sich auch für den wirtschaftlich bedeutsamen Brustfleischanteil kein Unterschied zwischen den Fütterungsgruppen.

Abbildung 1: Prozentuale Abweichung der Lebendmassen von Auburn- und B.U.T. 6-Putenhähnen der Fütterungsgruppen F2 und F3 relativ zur Kontrollgruppe F1 (0%-Linie = Referenz) (Kirn et al. (2024)

Tabelle 2: Einfluss einer Energieabsenkung (AMEN) und Reduktion essentieller Aminosäuren (Lysin, Methionin) in Kraftfuttermischungen auf die Mast- und Schlachtleistung von B.U.T. 6-Puten (140 Lebenstage)

Die Auburn-Puten reagierten in ihrer Lebendmasseentwicklung ähnlich wie die B.U.T. 6-Hähne. Allerdings war die Kompensation weniger stark ausgeprägt (Tabelle 3). Dies zeigte sich auch für die relevanten Merkmale des Schlachtkörpers. So wiesen die Auburn-Hähne der Fütterungsgruppe 3 einen statis­tisch gesichert niedrigeren Brustfleischanteil auf als die Vergleichstiere der Gruppe F1 (Tabelle 3).

Tabelle 3: Einfluss einer Energieabsenkung (AMEN) und Reduktion essentieller Aminosäuren (Lysin, Methionin) in Kraftfuttermischungen auf die Mast- und Schlachtleistung von Auburn-Puten (140 Lebenstage)

FAZIT

Eine ausgeprägte, restriktive Aminosäurenversorgung hatte bei B.U.T. 6-Puten keinen Einfluss und zeigte bei Auburn-Puten nur geringe Auswirkungen auf die Schlachtleistung. Die Ergebnisse legen nahe, dass in der ökologischen Aufzucht von männlichen Puten der Gehalt essentieller Aminosäuren, mit dem Fokus auf Methionin und Lysin, während der Aufzuchtphase um bis zu 30% reduziert werden kann – vorausgesetzt, in der Mast erfolgt eine gezielte Anpassung, um ein kompensatorisches Wachstum auszulösen.

Förderhinweis: Die Förderung des Projekts erfolgte aus Mitteln des BMEL im Rahmen des Bundesprogrammes Ökologischer Landbau. Die Projektträgerschaft erfolgte über die BLE (FKZ: 2819OE057).

DER DIREKTE DRAHT

Anna Kirn 
E-Mail: anna.kirn[at]hswt.de  

Prof. Dr. Gerhard Bellof
E-Mail: gerhard.bellof@hswt.de

Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Fotorechte: Hochschule Weihenstephan-Triesdorf