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Einfluss verschiedener Rationstypen auf die Methanerzeugung
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Deutschland verfolgt in seinem Klimaschutzgesetz das Ziel, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Damit sind die Treibhausgase Kohlenstoffdioxid, Methan und Distickstoffmonoxid (Lachgas) gemeint. Die Treibhausgase unterscheiden sich in ihren Eigenschaften, wie dem Strahlungsantrieb oder dem Treibhauspotenzial, erheblich. Dieses Potenzial wird über einen bestimmten Zeitraum berechnet und entspricht älteren ipcc-Angaben zufolge, die auch heute allgemein noch unterstellt werden, bei 100 Jahren einer 25fachen Klimawirksamkeit für Methan und einer 298fachen Klimawirksamkeit für Lachgas (IPCC 2007).

In dem aktuelleren IPCC-Bericht (Intergovernmental panel on climate change) „Climate Change 2021“ wurde dann aber herausgestellt, dass der Einfluss des Methanausstoßes auf das Klima um das Drei- bis Vierfache überschätzt wird, da das ausgeschiedene Methan durch einen Oxidationsprozess in einem ca. 10jährigen Kreislauf wieder abgebaut wird.

Da Methan aber dennoch ein globales Erwärmungspotenzial besitzt, beschäftigen sich gerade in jüngster Zeit national und international zahlreiche Wissenschaftler mit zahlreichen Strategien zur Verringerung der Methanemissionen.

Minderungsstrategien

Sowohl seitens der Züchtung als auch einer gezielten Einflussnahme durch bestimmte Futterzusätze bzw. Futterinhaltstoffe gibt es zahlreiche nationale und internationale Bestrebungen, auf die Methanproduktion von Wiederkäuern Einfluss zu nehmen.

Züchter haben bei Kühen gewisse tierindividuelle Unterschiede bezüglich der Methanproduktion festgestellt. Diese basieren zum einen auf anatomisch-physiologischen Variationen des Magen-Darm-Traktes (Pansengröße) und damit einhergehend einer verschiedenen Verweildauer des Futters im Pansen. Zum anderen scheinen sich Kühe auch in ihrer Mikrobiomzusammensetzung zu unterscheiden.

Bei diesem züchterischen Ansatz müssen aber unbedingt eventuelle unerwünschte Zusammenhänge zwischen der Methanproduktion und der tierischen Produktivität beachtet werden.

Darüber hinaus wird intensiv der Einsatz von Futterzusätzen erforscht, welche die Methanerzeugung beeinflussen. Hier seien stellvertretend 3-Nitrooxypropanol (3-NOP), Nahrungsfette, Makroalgen, Hefen, ätherische Öle und sekundäre Pflanzenstoffe (z.B. Tannine und Saponine) genannt.

Darüber hinaus stellt sich den Praktikern die Frage, inwieweit bestimmte Rationsveränderungen, also auch ohne den Einsatz spezieller Futterzusätze, gegebenenfalls zu einer Methanminderung führen könnten. Bevor anhand verschiedener Rationstypen ein mögliches Methan-Minderungspotential durch eine diesbezüglich gezielte Rationsgestaltung aufgezeigt werden soll, nachfolgend erst einmal ein kurzer Blick auf die Gärbiologie von Methan.

Der größte Einfluss auf die von der Kuh erzeugte Methanmenge geht vom Gehalt an Hemizellulosen in der Futterration aus.

Gärbiologie: Methanbildung beim Wiederkäuer

Wiederkäuer fermentieren das aufgenommene Futter in den Vormägen, vor allem im Pansen, zu den flüchtigen Fettsäuren Essig-, Propion- und Buttersäure. Die Hauptakteure der Vormagenverdauung sind Bakterien und Protozoen, ferner Pilze. Protozoen machen etwa 50 % der mikrobiellen Biomasse im Pansen aus und sind für ca. 30 % des Rohfaserabbaus verantwortlich.

Neben diesen flüchtigen Fettsäuren entstehen auch Wasserstoff und Kohlendioxid. Der Wasserstoff muss letztlich aus dem Pansen entfernt werden, um die dortigen Verdauungsprozesse aufrecht zu erhalten (Wasserstoff ist toxisch, bewirkt einen zu hohen Partialdruck im Pansen). Daher wird er, und zwar von den wasserstoff-konsumierenden, methanogenen Archaeen, an das ebenfalls entstehende Kohlendioxid angelagert (CO2 + 4 H2 → CH4 + 2 H2O), wodurch Methan entsteht.

Piatkowski und Jentsch (2012) zeigten auf, dass die Fermentation im Pansen von den im Futter enthaltenen unterschiedlichen Nährstoffen bzw. Nährstoffgruppen zu sehr verschiedenen Methanmengen führt (Übersicht 1).

Übersicht 1: Methanmengen je Kilogramm verdaulichem Nährstoff

Es zeigt sich, dass der größte Einfluss auf die vom Wiederkäuer erzeugte Methanmenge von den Kohlenhydraten im Futter, und hier besonders vom Gehalt an Hemizellulosen, ausgeht. Kurzum: Je mehr Gerüstsubstanzen in der Futterration enthalten sind, die der Wiederkäuer verdaut, also im Pansen fermentieren kann, umso mehr Methan entsteht dabei.

Dieses verdeutlicht einen großen Zielkonflikt. Dieser einzigartige Vorteil des Wiederkäuers, nämlich die Veredelung zellulosereicher Nahrung (der Grünlandanteil an der Agrarfläche beträgt weltweit 66 % und in Deutschland 28 %) bedeutet keine Nahrungskonkurrenz zum Monogastrier. Jedoch steht diesem Vorteil der Nachteil gegenüber, dass gerade mit faserreicher Nahrung eine größere Methanerzeugung einhergeht als z.B. mit zucker- oder stärke- oder fettreicher Nahrung.

Methan entsteht also zwangsläufig als Nebenprodukt beim Abbau des Futters durch Mikroorganismen im Pansen. Das Zusammenleben mit Mikroorganismen ermöglicht dem Wiederkäuer die Verdauung und Verwertung faserreichen Futters. Daher ist es weder wünschenswert noch möglich, die Methanbildung vollständig zu unterbinden.

Das Potential zur Methanreduzierung aufgrund gezielt veränderter Rationsgestaltungen (ohne Zusätze) ist sehr begrenzt, weil stets Grundsätze der wiederkäuergerechten Fütterung eingehalten werden müssen.

Rationsgestaltung

Wiederkäuergerechtes Füttern bedeutet also: hochverdauliches, aber viel faserreiches Futter. Die Rationsgestaltung muss stets die notwendige Strukturversorgung des Wiederkäuers gewährleisten und darf nicht zu einer Überladung des Pansens mit leicht abbaubaren Kohlenhydraten führen, um einer Pansenazidose bzw. –fermentationsstörung vorzubeugen. 

Anhand von 5 verschiedenen Rationstypen (Übersicht 2) soll nachfolgend aufgezeigt werden, wie groß ein mögliches Potential zur Methanreduzierung sein könnte. Berechnet wurde für eine 670 kg schwere Milchkuh mit einer Tagesmilchleistung von 30 kg Milch mit 4,1 % Fett, 3,5 % Eiweiß.

Da in der flächendeckenden Praxis – zumindest aktuell – keine Möglichkeit besteht, die tatsächlichen Methanemissionen akkurat zu messen, wird einerseits versucht, anhand analysierter Milch-Spektraldaten die Methan-Ausscheidung jeder Kuh beim Probemelken zu berechnen. Andererseits werden Schätzgleichungen verwendet, wie z.B. die im DLG-Merkblatt 491 zitierte von Niu et al. 2018:

CH4, g/Tag = -26 + (TM, kg/Tag*15,3) + (NDFom, % der TM*3,42)

Mit dieser Gleichung wurde nachfolgend gerechnet.

Übersicht 2: Einfluss verschiedener Futterrationen auf die geschätzte Methanerzeugung

Die ersten beiden Rationen 1 und 2 könnten praxisübliche Futterrationen darstellen. Ration 1 ist eine maissilagebetonte Ration, Ration 2 eine grassilagereiche. Beide Rationen weisen einen nahezu identischen Gehalt an Gerüstsubstanzen (NDF) auf und einen ähnlichen Gehalt an Zucker und Stärke. Die errechnete Methanerzeugung beläuft sich auf 438 bzw. 437 g je Kuh und Tag. Bezogen auf die Produktmenge sind das 14,6 g je Kilogramm Milch bzw. 14,3 je Kilogramm ECM.  

Bei der Ration 4 ist ausnahmslos mit Weidegras als Grobfutter gerechnet worden. Mit Roggen und Körnermais sowie geschütztem Rapsextraktionsschrot ergänzt, könnte mit einer letztlich geringeren Futteraufnahme eine Milchleistung von 30 kg erreicht werden. Trotz des im Vergleich zu den Rationen 1 und 2 höheren NDF-Gehaltes, aufgrund des höheren Anteils an hochverdaulichem Grobfutter in dieser Ration 4, ist die berechnete Methanausscheidung mit 419 g je Kuh und Tag bzw. 14 g/kg Milch und 13,7 g/kg ECM um 4 % geringer. Bereits hier zeigt sich, dass neben dem Gehalt an NDF vor allem die Höhe der Futteraufnahme die erzeugte Methanmenge beeinflusst.

Die Ration 3 stellt nach Auffassung der Autorin keine „gute fachliche Praxis“ dar, weil bewusst der Grobfutteranteil reduziert wurde, um ganz gezielt den NDF-Gehalt der Ration abzusenken. Damit einher geht auch eine Erhöhung des Gehaltes an leicht verdaulichen Kohlenhydraten (Zucker+Stärke). Neben der Tatsache, dass es zum einen betriebswirtschaftlich und zum anderen aus Gründen einer Nahrungskonkurrenz nicht sinnvoll ist, Grobfuttermengen bewusst zu reduzieren und sie durch Kraftfutter zu ersetzen, steigt mit derartigen Rationstypen eine Pansenazidosegefahr. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Kühe mit einer gestörten Verdauung, z.B. aufgrund von Pansenübersäuerungen grundsätzlich nährstoffineffizienter sind und auch eine höhere Methanmenge je Kilogramm Milch aufweisen. Insofern sind derartige Rationstypen, auch wenn damit eine leicht geringere Methanmenge je Kuh und Tag verbunden ist, nicht zielführend.

Bei der Ration 5, die auf der Ration 3 basiert, ist, um den NDF-Gehalt nochmals abzusenken, die Grundfuttermenge weiter abgesenkt und dafür pansengeschütztes Futterfett eingesetzt worden. Durch die hochkonzentrierte Energielieferung mittels Futterfett sind dann für die Erzeugung von 30 kg Milch nur noch 20,1 kg TM dieser Ration notwendig. Folglich sinkt durch diese beiden „Hebel“ – geringerer NDF-Gehalt und geringere TM-Aufnahme – die Methanerzeugung nochmals. Dennoch sei nochmals erwähnt, dass diese Rationsgestaltung mit der bewusst niedrigen Grundfuttermenge nicht den bewährten Beratungsempfehlungen folgt. Sie ist hier lediglich aufgeführt, um das potentielle Methan-Minderungspotential durch die Rationsgestaltung (bei unterstellter gleichbleibender Leistung) aufzuzeigen.

FAZIT

Die Beispielberechnungen verdeutlichen, dass die grundsätzliche Möglichkeit der Methanreduzierung durch eine für diesen Zweck gezielte Rationsveränderung (ohne Futterzusätze) sehr begrenzt ist. Der Grund hierfür liegt in dem Einhalten bestimmter Zielvorgaben und Grenzen bei der Rationsgestaltung, um eine wiederkäuergerechte Versorgung der Kühe nicht zu gefährden.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft
Güner Kamp 11
D-24783 Osterrönfeld

Tel.: 04331/845138
Fax: 0431/21068138
E-Mail: katrin.mahlkow-nerge[at]fh-kiel.de