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TEIL 1: N- und P-reduziert in der Schweinefütterung – wie weit und wie?
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Häufig wird aus der Praxis gefragt, wie weit kann man denn nun N- und P-Gehalte reduzieren, ohne die tierischen Leistungen zu beeinträchtigen. Dieser Frage ist die LLG in Iden in einem gemeinsamen Versuch mit der Firma Evonik nachgegangen. Die entsprechenden Zahlen sind dem ersten Teil des Artikels zu entnehmen. Im zweiten Teil geht der Autor der Frage nach, welche Voraussetzungen vor der Verfütterung von sehr stark N- und P-reduzierten Mischungen in den Betrieben geschaffen werden müssen, damit diese auch funktionieren.

Die Zahlen sprechen für sich, es geht auch unter stark N- und P-reduziert

Neue TA-Luft fordert starke N- und P-Reduzierung im Futter

Der sorgsame und nachhaltige Umgang mit knappen Rohstoffen wird die Zukunft der Schweinefütterung noch mehr als zuvor prägen. Dabei steht nicht mehr wie bisher der ökonomische Gedanke an erster Stelle, sondern die strengeren Regeln, die uns die politische Seite und der Lebensmitteleinzelhandel auferlegt haben, bestimmen in Zukunft die Richtlinie des Handelns.

Zu nennen sind hier u.a. die notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung der Vorschriften zur Düngung in den roten und gelben Gebieten, die uns erst vor kurzer Zeit die neue Düngeverordnung beschert hat. Hier könnte man aber noch eine starke N- und P-Reduzierung im Schweinefutter umgehen, indem man mehr Gülle verkauft, auch wenn das zumeist wirtschaftlich nicht tragbar ist.

Für große Schweineanlagen werden über die neue TA-Luft maximale Nährstoffausscheidungen pro Tierplatz gefordert

Aber im Entwurf der neuen TA-Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft) wird für große Betriebe (Betriebe der Nr. 7.1. BIMSCH) z. B. mehr als 2.000 Mastschweine und mehr als 750 Sauen, nährstoffangepasste Fütterung erstmals gesetzlich vorgeschrieben. Dabei orientiert sich die TA-Luft an den Standardnährstoffausscheidungen der „stark N- und P-reduzierten Fütterung“, die im DLG-Band 199 nachzulesen ist.

Proteinreduktion auf 12 % in der Endmast denkbar

Eine Reduktion des Proteingehaltes im Futter ist eigentlich trivial, da das Schwein kein Bedarf an Protein hat, sondern nur an essentiellen Aminosäuren. Wenn wir es entsprechend seiner Leistungsstufe mit ausreichend essentiellen Aminosäuren versorgen spielt der Gesamtproteingehalt des Futters nur eine untergeordnete Rolle, wenn er nicht unter ein Mindestmaß fällt. Dieses ist dann erreicht, wenn das Verhältnis aus Stickstoff aus essenziellen Aminosäuren und dem Gesamtstickstoff nicht unter 43–50 % fällt. Die Grenze liegt danach in der Vormast zwischen 11 und 13 %, in der Endmast zwischen 10 und 12 %. Allerdings sollten wir uns nicht an den unteren Zahlen orientieren, da dafür alles in der Fütterung stimmen muss, wie optimal zusammengesetztes Futter, Lagerung, Transport, Verteilung und Aufnahme des Futters und dann noch eine optimale Gesundheitslage der Tiere. In den meisten Praxisbetrieben ist das aber nicht immer der Fall. Daher sind wir sicher gut beraten, wenn wir als untere Grenzen eher die 13 bzw. 12 % Gesamtprotein im Futter anstreben.

Um damit auch optimale Futter zu konzipieren bedienen wir und des Konzeptes vom „idealen Protein“. Darunter verstehen wir ein Protein, das optimal an den Bedarf des Schweines angepasst ist, sprich ein Verhältnis zwischen den essenziellen Aminosäuren besitzt, wie es vom Schwein benötigt wird. Ausgedrückt wird es im Verhältnis der Aminosäuren zum Lysin. Beim Mastschwein sieht dieses Verhältnis in etwas so aus:

Lysin: 100
Methionin/Cystin: 55
Threonin: 65
Tryptophan: 18
Valin: 67
Isoleucin: 54

Phosphorreduktion nur mit Phytaseeinsatz

Auch hier gilt, das Schwein hat eigentlich keinen Bedarf an Gesamtphosphor im Futter, sondern an verdaulichem Phosphor. In dieser Einheit werden auch die Bedarfsempfehlungen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie ausgedrückt. Da aber häufig ein Großteil des Phosphors in pflanzlichen Futtermitteln an Phytate gebunden ist, eine Verbindung, die das Enzymsystem des Schweins nicht knacken kann, steht dem Schwein oft nur ein Bruchteil des Phosphors im Futtermittel zur Verfügung. Bei Getreiden z. B. liegt dieser Anteil zwischen 30 und 60 %.

Allerdings lässt sich die Verdaulichkeit des Phosphors deutlich steigern, wenn wir dem Futter das Enzym Phytase zusetzen. Je nach Phytat-P-Gehalt und Menge der zugesetzten Phytase können zwischen 1 und 1,4 g des Phosphors pro kg Futter verdaulich gemacht werden. Was fast der Hälfte des Bedarfs entspricht. Dadurch kann der Einsatz von sonst nötigem mineralischen Phosphor deutlich reduziert oder komplett eingespart und so die Phosphorausscheidung stark verringert werden.

Über den vermehrten Einsatz von Phytasen können die Bruttophosphorgehalte in Schweinefuttermischungen deutlich reduziert werden

Versuch in NRW

Dass man mit der Absenkung auch über das Ziel hinausschießen kann, zeigte ein Versuch in Haus Düsse in 2018, der den in NRW aufgekommen Beratungsempfehlungen nachgegangen ist. Dabei sollten die Mastfutter in der Vormast auf 13 % Rohprotein und 0,35 % Phosphor und in der Endmast ab 50 kg Lebendgewicht auf 10,5 % Rohprotein (kompletter Verzicht auf Eiweißfutter, aber starke Anhebung des Einsatzes von freien Aminosäuren) und 0,32 % Phosphor abgesenkt werden. Es hat sich gezeigt, dass dadurch die biologischen Leistungen der Mastschweine so sehr reduziert wurden, dass selbst die Einsparung der Gülleabgabe durch eine starke Reduzierung der Nährstoffausscheidungen dieses nicht kompensieren konnte.

Aktueller Versuch Iden

In Iden haben wir uns gemeinsam mit der Firma Evonik daher die Aufgabe gestellt eine nicht ganz so weitgehende Absenkung in der Schweinemast auszuprobieren, die aber dennoch die Nährstoffüberschüsse stark reduziert. Daneben sollte auch getestet werden, inwieweit eine sojafreie Ration dazu in der Lage ist. Der Versuch wurde in der Leistungsprüfungsstation Iden durchgeführt, wo die Möglichkeit besteht, dank Einzeltierkennzeichnung auch Futteraufnahmen des Einzeltieres zu messen. Insgesamt umfasste der Versuch 196 Mastschweine.

In Iden standen die Versuchstiere in Gruppenhaltung mit Abruffütterungen

Voraussetzung des Versuchs waren Untersuchungen der Komponenten auf Inhaltsstoffe, insbesondere der Aminosäuren. Diese wurden von der Firma Evonik mit der neuen NIRS-Technologie durchgeführt. Daraufhin war es möglich, die Rationen unter Einsatz von 6 freien Aminosäuren so zu konzipieren, dass sie annähernd dem idealen Protein entsprachen.

Folgende Versuchsgruppen wurden konzipiert (Angaben nach Analysewerten):

In den Abbildungen 1 und 2 sind die Rohprotein- und Phosphorgehalte der Versuchsmischungen im Vergleich zu nach DLG „stark N- und P-reduzierten“ Vorgaben dargestellt.

Abbildung 1: Rohproteingehalt der Versuchsmischungen im Vergleich zu stark N- und P-reduziert“

Abbildung 2: Phosphorgehalt der Versuchsmischungen im Vergleich zu stark N- und P-reduziert“

Dies zeigt, dass auch bei sojafreien Rationen niedrige Protein- und Phosphorgehalte erreicht werden können.

Im Endmastbereich ab 90 kg waren in den Versuchsgruppen (B-D) dafür keine Einsatz von Proteinfuttermitteln mehr notwendig.

Über 40 % Phosphorausscheidungen gegenüber den DLG-Empfehlungen konnten in Iden eingespart werden

Die wichtigsten Ergebnisse der 4 Gruppen sind der Tabelle 1 zu entnehmen.

In den Zunahmeleistungen, dem Futterverbrauch und dem Futteraufwand sind zwischen den 4 unterschiedlich gefütterten Gruppen keine signifikanten Unterschiede zu sehen. Ebenfalls traten bei den Parametern der Schlachtleistungsprüfung keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen auf. Numerische Unterschiede wurden jedoch beobachtet.

Tabelle 1: Auszug aus den Leistungsdaten der Mastschweine

Das erste Ziel des Versuchs, nämlich die biologischen Leistungsdaten der Mastschweine konstant zu halten, war damit erreicht. Aber auch die zweite Aufgabe, die wir uns gestellt haben, die starke Absenkung der Nährstoffausscheidungen konnte erfolgreich abgeschlossen werden.

In Abbildung 3 und 4 sind die rechnerischen N- und P-Ausscheidungen einmal in den Vergleich zu den Standardnährstoffausscheidungen der Variante „stark N- und P-reduziert“ der DLG Broschüre gestellt.

Abbildung 3: N-Ausscheidungen in Vergleich

Abbildung 4: P-Ausscheidungen im Vergleich

FAZIT

Es zeigte sich, dass sowohl bei den N-Ausscheidungen, wie bei den P-Ausscheidungen gegenüber den Standardnährstoffausscheidungen der Stufe „sehr stark N und P-reduziert“ deutliche Einsparungen möglich sind, ohne dass die Tierleistungen reduziert werden. Dies gilt auch für Mischungen ohne Soajextraktionsschrot (gvo-frei). Welche Voraussetzungen jedoch vor der Verfütterung von sehr stark N- und P-reduzierten Mischungen in den Betrieben geschaffen werden müssen, lesen Sie im folgenden zweiten Teil des Fachbeitrags. 

Der ausführliche Versuchsbericht zum Versuch ist auf der LLG Homepage (www.llg.sachsen-anhalt.de) zu finden.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Manfred Weber
Klein Schwechten
Tel.: 039388/28423
E-Mail: manfred.h.weber(at)gmx.de

Fotos: Dr. Manfred Weber