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Ökonomie und ein Mehr an Tierwohl – Teil 1
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Wilfried Brede vom Serviceteam der Alsfeld GmbH befasst sich im ersten Teil des Beitrags mit dem Thema: Ökonomie und ein Mehr an Tierwohl. Alle zurzeit von der Politik, der Gesellschaft bzw. Nichtregierungsorganisationen geforderten Verbesserungen für mehr Tierwohl verteuern die Produktion! Wenn aber in mehr Tierwohl in der Veredlung investiert wird, sollte im Vorfeld einer Umsetzung geprüft werden, was rentabel möglich ist. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund der erheblich veränderten Anforderungen der Initiative Tierwohl. Parallel muss bei einer Stallbauplanung erwogen werden, ob mit einer ausreichenden Flexibilität eventuelle zukünftige (gesetzliche) Anforderungen erfüllt werden können.

Welche Positionen müssen berücksichtigt werden?

Entscheidend für eine fachgerechte Kalkulation eventueller Aufwendungen im Tierwohlbereich ist immer die korrekte Auswahl einer Referenzbezugsgröße. 

Bei den Kostenkalkulationen darf nicht der Fehler gemacht werden, nur die direkten Kosten zu berücksichtigen. Selbstverständlich gehören im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse auch die Fest- und die Arbeitskosten mit in die Berechnung. Parallel muss geprüft werden, inwieweit die Veränderungen die biologischen Leistungsdaten beeinflussen. Dazu gehören für die Ferkelerzeugung im Wesentlichen die Wurffolge (Abferkel- oder Umrauschquote) und die Aufzuchtleistung. In der Schweinemast und Ferkelaufzucht sind vorrangig die Zunahme und die Futterverwertung anzuführen.

Neben den einzelnen Kostenpositionen und Leistungszahlen sind bei den Kalkulationen aber noch weitere Aspekte zu berücksichtigen. Es muss nachgefragt werden, welche Produktionsbereiche berücksichtigt werden sollen. Ist es die gesamte Kette der Produktion von der Zucht über Ferkelerzeugung, Ferkelaufzucht, Schweinemast bis hin zur Schlachtung oder sind es nur einzelne Bereiche wie beispielsweise die Schweinemast. Mit in das Kalkül einbezogen gehören Planungs- und Umsetzungszeit. Letztlich ergeben sich hierbei Planungshorizonte, die die Amortisationsdauer beeinflussen. 

Der Faktor Absatzsicherheit ist im Rahmen des unternehmerischen Risikos zu bewerten, während die Verbindlichkeit von Formulierungen (Beispiel: 28 Tage Säugezeit im 3-Wochenrhythmus) individuell auf das jeweilige Programm geklärt werden muss. 

Eine Umsetzung von mehr Tierwohl in bestehenden Haltungssystemen ist immer betriebsindividuell zu sehen. Denn beispielsweise veränderte Gruppengrößen oder eine Umgestaltung der Buchtenstruktur ziehen vielmals eine veränderte Funktion von Entmistungs- und Lüftungssystemen nach sich. So vertragen sich Stroh oder andere organische Beschäftigungsmaterialien nicht mit jedem Entmistungssystem.

Zusätzlich müssen bei Veränderungen in der Produktion auch die baurechtlichen Anforderungen bedacht werden. Hierbei sind vielerorts besonders die oft geforderten Außenklimareize und der Emissionsschutz nicht in Einklang zu bringen.

Die Ökonomie von Buchtenstruktur und mehr Platz

Veränderungen bei den Buchtenstrukturen sowohl in der Schweinemast als auch in der Ferkelaufzucht sind vielmals ohne große Investitionen zu bewerkstelligen. Die Umbaukosten beschränken sich vielmals auf Montagekosten bei der Nutzung vorhandener Elemente der Stalleinrichtung. Im Rahmen eine Vollkostenbetrachtung müssen aber eventuelle Veränderungen im Arbeitsaufwand berücksichtigt werden. Je größer die Bucht, je höher ist in der Regel der Kontrollaufwand. Dem gegenüber steht vielmals eine erleichterte Reinigung durch ein Weniger an Stalleinrichtung.

Beispiel: Ein Betrieb mit 1500 Mastplätzen hat einen Arbeitsaufwand von 1125 Arbeitskraftstunde (Akh) je Jahr (0,75AkH/MP). Erhöht sich der Arbeitszeitaufwand auf 1500 Akh (1Akh/ MP), verteuert sich bei einem Lohnansatz von 20,- € / Akh die Produktion je kg Schweinefleisch um 0,018 € je kg Schlachtgewicht (SG).

Ein Mehr an Platz ist grundsätzlich immer machbar. Allerdings kann sich hierbei die ökonomische Situation des Betriebszweiges deutlich verändern, wie in der Tabelle 1  am Beispiel eines Betriebs mit 1500 Mastplätzen zu sehen ist. Ausgehend von dem gesetzlichen Standard werden dem Tier zwischen 10 und 40 % mehr Fläche gegeben. Eigene Untersuchungen weisen darauf hin, dass etwas höhere Zunahmen realisierbar sind, wenn den Tieren mehr Platz eingeräumt wird. Dies ist jedoch nicht mit jeder weiteren Stufe möglich.

Die Direktkostenfreie Leistung je Mastschwein ist aufgrund gleicher Rahmenbedingungen in allen Varianten gleich. Durch die verbesserte Zunahme erhöht sich die Direktkostenfreie Leistung gegenüber der Standardvariante um ca. 1,75 €. Da insgesamt deutlich weniger Tiere wie in der Standardsituation verkauft werden, verringert sich die Direktkostenfreie Leistung, bezogen auf das Betriebsergebnis, von 119.775,21 € auf 85.664,79 €. Die Festkosten sind in allen Varianten gleich, da keine Einsparungen vorgenommen werden können. Der Lohnansatz verringert sich durch einen niedrigeren Betreuungsaufwand für weniger Tiere von 21.000,- € auf 15.000,- € im Betrieb. Unterm Strich sind somit 28.110,42 € weniger Gewinn aus dem Betriebszweig zu realisieren. Um für den Betrieb eine Kostenneutralität zu bekommen, müssen – je nach Variante – bis zu 0,09 € je kg höherer Erlös durch entsprechende Boni ausgeglichen werden.

Auch beim Einsatz hygienisch unbedenklicher Raufutter oder organischem Beschäftigungsmaterial fallen Kosten an, die durch einen Bonus bzw. einen Aufschlag auf den Auszahlungspreis honoriert werden sollten. Je nachdem wie das Raufutter oder org. Beschäftigungsmaterial den Tieren zur Verfügung gestellt wird, (Raufe, Tonne, Trog, etc.) sind unterschiedlich hohe Investitionskosten zu berücksichtigen. Zudem müssen bei einer Kostenrechnung die Art und Weise der Befüllung bzw. des Transportes berücksichtigt werden.

Beim Einsatz eines „Düsser Wühlturmes“ entstehen beispielsweise Investitionskosten von ca. 10.000,- € für einen Maststall mit 1500 Mastplätzen. Zusätzlich müssen die Kosten des Strohlagers (5.000,- €) sowie das Raufutter in der Kalkulation berücksichtigt werden. Bei 50 g Stroh je Tier und Tag und einem Strohpreis von 15,- € je Mastschwein ergeben sich Zusatzkosten von 0,90 € je Tier. Unter Berücksichtigung einer 10-jährigen Abschreibung für die eingesetzte Technik sowie einen zusätzlichen Arbeitsaufwand von ca. 150 Arbeitsstunden (manuelle Befüllung) verringert sich der Betriebsgewinn bei dem angeführten Maststall um ca. 10.000,- €. Bei 4300 verkauften Tieren sind das 2,37 € je Tier oder 0,025 € je kg erzeugtes Schlachtgewicht.

Im Teil 2 werden die Kostenfaktoren Außenklima, Bewegungsbucht und Non-GVO-Fütterung betrachtet.

DER DIREKTE DRAHT

Wilfried Brede
Serviceteam Alsfeld GmbH
E-Mail: w.brede(at)sta-alsfeld.de

Stand: März 2019