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Neuerungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sind präzisiert worden
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Seit dem 9.2.2021 gelten die neuen Regelungen der überarbeiteten Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Nicht alle Regelungen sind erneuert oder ergänzt worden. Seit ein paar Tagen sind auch die dazugehörigen Ausführungshinweise, die Empfehlungen zur Durchführbarkeit der Regelungen darstellen, erschienen. Generell sollte man davon ausgehen, dass alle Amtsveterinäre bei Prüfungen auf dem Betrieb sich an diese Ausführungshinweise halten und entsprechend prüfen werden.

Die wichtigsten Änderungen und die Hinweise zur Ausführung sollen im Folgenden dargestellt werden.  

Verminderung der Wärmebelastung

Für Um- und Neubauten werden aktive Kühlungsmöglichkeiten wie Erdwärmetauscher, Kühlpads oder Wasserverneblungsanlagen gefordert. In bestehenden Anlagen ist als Mindestmaßnahme gefordert, dass durch eine ausreichende Luftrate die Minderung der Wärmebelastung der Tiere im Stall gewährleistet wird.

Aktive Kühlungen von Schweinställen werden nur in Neu- und Umbauten gefordert

Kotklappen

Zur leichteren Entmistung von Einzel- und Gruppenhaltungen werden häufig sogenannte Kotklappen, durch die nicht durchgetretener Kot in den Güllekanal eingebracht werden kann, eingebaut. Im Abferkelbereich müssen diese nun mindestens zwei Tage vor dem errechneten Abferkeltermin geschlossen werden. In Gruppenhaltungssystemen sind sie dauerhaft zu schließen und nur kurzzeitig während des Entmistungsaktes zu öffnen.

Ferkelnestgröße

Bisherige Ferkelnester in der Abferkelbucht haben eine Größe von 0,6 – 1 m². Diese werden nun durch die neuen Forderungen für den Neu- und Umbaufall deutlich überboten. Sie müssen nun mit folgender Formel bemessen werden:

0,033 x durchschnittliches Absetzgewicht 0,66 x durchschnittliche Wurfgröße 

Daraus errechnen sich zum Beispiel folgende Werte (m²)

Bei der Berechnung ist mindestens von einer durchschnittlichen Wurfgröße von 12 Ferkel auszugehen und ein durchschnittliches Absetzgewicht von unter 5 kg ist nicht erlaubt. 

Damit ergibt sich im Durchschnitt eine Verdopplung der Ferkelnestgrößen. Allerdings ist es zulässig, nur einen Teil des Ferkelnestes aktiv zu beheizen und den Rest nur als geschlossene, wärmegedämmte Fläche auszubilden. 

Damit sollte es gelingen, auch die Optimaltemperaturen für die Sauen im Abferkelstall (18 – 20 °C) einzuhalten.

Ferkelnester werden in Zukunft deutlich größer werden

Bodengestaltung im Kastenstand

Der Kastenstand im Neu- oder Umbau muss eine Länge von mindestens 2,20 m aufweisen, gerechnet von der Außenkante des Troges.

Der Boden muss so ausgestaltet sein, dass der Liegebereich mit einer maximalen Perforation von 7 % versehen ist (1,27 m), 20 cm von der Trogkante und im hinteren Drittel (73 cm) darf die Perforation höher sein, um ausreichend Wasser, Urin und Kot abzuleiten. Für bereits bestehende Anlagen gilt eine Übergangsfrist bis zum 9.2.2036.

Größe und Management der Abferkelbucht

Im Neu- und Umbau müssen Abferkelbuchten demnächst eine Mindestgröße von 6,5 m² besitzen. In bestehenden Ställen spätestens ab dem 9.2.2036. Zudem dürfen Sauen ab diesem Termin nur noch für maximal 5 Tage fixiert werden, im Neu- und Umbau gilt dies ab sofort. Damit wird zumindest eine Bewegungsbucht Pflicht.

Verpflichtend wird auch angebotenes Nestbaumaterial. Für bestehende Abferkelbuchten reicht der Jutesack o.ä. aus. Beim Um- und Neubau muss das Entmistungssystem und die Bodengestaltung so gewählt werden, dass optimales Material wie Stroh eingesetzt werden kann.

Bewegungsbuchten sind demnächst das Mindestmaß im Abferkelstall mit mindestens 6,5 m²

Deckbereich

Im Deckbereich wird verpflichtend die Gruppenhaltung der Sauen eingeführt. Dies gilt für Neu- und Umbauten ab sofort, für bestehende Ställe spätestens ab dem 9.2.2029.

Eine kurzzeitige Fixierung ist nur für den Zweck medizinischer Behandlungen, der Rauschekontrolle und dem Besamungsakt zulässig. 

Dabei ist den Sauen vom Absetzen bis zur Besamung eine uneingeschränkt nutzbare Fläche von 5 m² anzubieten (gilt auch für Zuchtläufer mind. 1 Woche vor der Besamung). Die Buchten müssen dabei mindestens 1,3 m² Liegefläche aufweisen und Rückzugsmöglichkeiten für Sauen durch entsprechende Buchtenstrukturierung bieten, um Aggressionshandlungen auf ein Minimum zu reduzieren. Gleiches gilt für die Zeit nach der Besamung, allerdings mit dem Mindestplatzangebot für den Wartestall.

Als Liegebereich anerkannt werden auch Fress-Liegebuchten, wenn sie ein Innenmaß von mindestens 1,3 m² besitzen und von der buchtenseitigen Trogkante mindestens 1 m als Liegebereich ausgeführt sind.

Beschäftigungsmaterial

Ab August 2021 müssen alle Schweine jederzeit Zugang zu gesundheitlich unbedenklichem und in ausreichender Menge vorhandenem organischen und faserreichen Beschäftigungsmaterial haben, dass das Schwein untersuchen und bewegen kann, das vom Schwein veränderbar ist und dem Erkundungsverhalten dient. Als optimal werden angesehen Stroh, Heu und Sägemehl. Aber auch der Holzstab wird anerkannt, wenn er innerhalb weniger Tage zerkaut werden kann (Weichholz) und erkundbar ist (nahe an Boden anbringen). Andere Beschäftigungsmaterialien wie Jutesäcke und Baumwollstricke erhalten ebenfalls eine Anerkennung. Dabei muss aber mindestens eines pro 12 Schweinen zur Verfügung stehen. Werden Raufen oder Beschäftigungsautomaten oder – spender eingesetzt, bedarf es eines Fressplatzes je 12 Tieren.

Beim LAVES in Niedersachsen sind entsprechende Empfehlungen dazu zu finden.

Beschäftigungsmaterial muss demnächst organisch und faserreich sein

Licht und Luftqualität

Die bisher geforderten 80 Lux über mindestens 8 Stunden werden auch weiterhin aufrechterhalten, zumindest im Aufenthalts- und Aktivitätsbereich der Schweine. Ist die Bucht allerdings baulich so strukturiert, dass ein Liegebereich unmissverständlich erkennbar ist, werden dort nur 40 Lux gefordert.

Hinsichtlich der Luftqualität in Ställen wurde an den schon bekannten Parametern festgehalten (max. 20 ppm Ammoniak, max. 3.000 ppm Kohlendioxid, max. 5 ppm Schwefelwasserstoff). Diese dürfen allerdings jetzt überhaupt nicht mehr überschritten werden, im Gegensatz zur alten Verordnung, in der sie nur nicht dauerhaft überschritten werden durften. Wo und wie gemessen werden soll ist ebenfalls auf den Seiten des LAVES Niedersachsen nachzulesen. 

Rationierte Fütterung und Fressplätze

Die früher aufgeführte tagesrationierte Fütterung ist aus der Verordnung rausgefallen. Es verbleiben die Regelungen für die rationierte Fütterung (max. 1 Schwein pro Fressplatz) und die Fütterung zur freien Aufnahme oder ad libitum Fütterung (max. 4 Schweine pro Fressplatz). Die Fressplatzbreiten werden folgendermaßen festgelegt:

Bis 25 kg Lebendgewicht                 18 cm

26 – 60 kg Lebendgewicht               27 cm

61 – 120 kg Lebendgewicht             33 cm

Über 120 kg Lebendgewicht            40 cm

Ausgenommen sind weiterhin die Abruffütterung (max. 64 Sauen/Station) und Breifutterautomaten.

Sensorgesteuerte Fütterungssysteme (z. B. Flüssigfütterung am Sensortrog) gelten als ad libitum Fütterung (also max. 4:1), sofern durchgehend Futter zur Verfügung steht. Ausdosierungspausen zur Gewährleistung der Troghygiene dürfen nicht länger dauern, als für ein „Leerfressen“ des Troges notwendig ist.

Abruffutterstationen können weiterhin mit max. 64 Sauen pro Station betrieben werden

Ausläufe und hochgelegte Böden (Balkonsystem)

Hochgelegte Böden werden nicht zur uneingeschränkt nutzbaren Fläche in der Bucht gezählt, allerdings entgegen machen bisherigen Regelungen die darunter liegenden Fläche durchaus. Ausläufe auch nur dann, wenn sie komplett überdacht sind und so bei jedem Wetter genutzt werden können. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass auch im Seuchenfall dieser genutzt werden kann, oder es Möglichkeiten gibt die Tiere an einem anderen Ort unterzubringen.

Es bestehen weitere Änderungen bzw. Präzisierungen der oben aufgeführten Veränderungen, die von jedem Schweinehalter unbedingt gelesen und ausgeführt werden sollten.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Manfred Weber
Klein Schwechten
Tel.: 039388/28423
E-Mail: Manfred.H.Weber(at)gmx.de

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