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TEIL 1: Grassilagequalitäten 2021
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Die ersten Schnitte der Grassilageernte 2021 sind abgeschlossen und werden bereits verfüttert. Die durchgeführten Analysen der Grassilagen des 1. Schnittes lassen folgende Rückschlüsse auf die Qualität zu.

1. Aufwuchs – extrem zeitige vs. extrem späte Ernte

Energiegehalt

Der Energiegehalt der Grassilagen liegt in allen Bundesländern im Vergleich zum Vorjahr um mindestens 0,5 MJ NEL/kg TM niedriger. Der mittlere Energiegehalt von ca. 6,0 MJ NEL/kg TS liegt deutlich unter dem Optimum (6,4–6,8 MJ NEL/kg TS) für Grassilagen, welche an laktierende Rinder verfüttert werden soll. Dies zeigt sich auch bei den 25 % „schlechtesten“ Silagen. Hier liegen die mittleren Energiegehalte zwischen 4,9 und 5,4 MJ NEL/kg TS (Tab. 2). Hintergrund ist der in vielen Fällen witterungsbedingte zu späte Schnitt. Mit diesen Energiegehalten sind die Silagen zwar noch sehr gut im Jungrinderbereich einsetzbar, nicht jedoch bei laktierenden Kühen. Hier ist eine Ergänzung mit energiereichen Konzentraten zwingend notwendig, wenn auch teuer.

Tab.1: Futterwert der Grassilagen 1. Aufwuchs

Trockensubstanz

Der Trockensubstanzgehalt liegt im Mittel zwischen 32 und 34% und damit deutlich unter den Werten der Vorjahre. Die Ausnahme bildet dabei Bayern und Rheinland-Pfalz mit deutlich 40 % höheren Trockensubstanzgehalten (37 % und 40 %). Aufgrund der flächendeckend hohen Niederschlagsmengen im Frühjahr weisen aber auch viele Proben einen Trockensubstanzgehalt von <25% auf. Hier ergeben sich häufig Probleme in der Gärqualität.

Rohproteingehalt

Der Rohproteingehalt liegt in diesem Jahr mit 125–135 g/kg TM deutlich unter den Werten der Vorjahre (145–155 g/kg TM). Deutlich besser schneiden, wie auch im Vorjahr, nur die Silagen in Brandenburg ab. Hier liegt der Mittelwert bei 151 g/kg TM. Vor allem die energiearmen Silagen liegen bei kleiner 12 % Rohprotein in der Trockensubstanz (Tab. 2). Das bedeutet, dass bei diesen Silagen auch im Jungrinder- und Trockensteherbereich Rohprotein zugefüttert werden muss. Der niedrigere Gehalt ist in vielen Fällen auf den zu späten Erntezeitpunkt zurückzuführen. Rohprotein ist ein wertbestimmender Inhaltssoff für Grassilagen und relativ teuer im Zukauf. Ziel sollten 160 bis 180 g/kg TM sein, wenn Grassilage an laktierende Kühe verfüttert werden soll. Hier liegt für viele Betriebe in diesem Jahr eine große Herausforderung, zumal die Kosten für den Zukauf von Rohprotein deutlich gestiegen sind. Neben einer regelmäßigen Futtermittelanalytik, Rationsberechnung und einem strengen Fütterungscontrolling sollten auch Strategien zur Proteinabsenkung in der Ration in Betracht gezogen werden (N-angepasste bzw. N-reduzierte Fütterung).

Fasergehalt

Aufgrund des späteren Erntetermins liegen die Fasergehalte (Rohfaser, ADFom, NDFom) über denen der Vorjahre. Dies erleichtert zwar bei der Rationsberechnung die Absicherung der notwendigen Mengen an strukturwirksamer Faser, kann aber im Einzelfall zu einem Rückgang in der Futteraufnahme führen. Eine Ausnahme bilden die Proben aus dem Freistaat Bayern, wo die 25 % besten Silagen mit 190 g Rohfaser/kg TS noch unter dem Wert des Vorjahres liegen, also sehr zeitig geschnitten wurden. Hier ergeben sich bei der Rationsberechnung dann das Problem, die Versorgung mit strukturwirksamer Faser abzusichern.

Zuckergehalt

Der Zuckergehalt ist mit 40–70 g/kg TM nur halb so hoch wie in den Vorjahren. Dies ist aber durchaus positiv zu sehen, da es sonst bei einer grasbetonten Ration zu einer Überversorgung zukommen kann (Azidoserisiko). Eine Ausnahme bilden auch hier die Proben aus dem Freistaat Bayern, wo im Mittel 101 g/kg TS (Tab.1) und bei den 25 % besten Silagen mit 149 g Zucker/kg TS vergleichbare Werte wie Vorjahr gemessen wurden (Tab.2).

Tab.2: Futterwert der Grassilagen 1. Aufwuchs 2021, oberes und unteres Viertel der Proben sortiert nach dem Energiegehalt

Rohaschegehalt

Der Rohaschegehalt liegt mit 90–100 g/kg TM in einem moderaten Gehalt und ohne größere Unterschiede zwischen den Regionen. Dies gilt auch für den Rohaschegehalt der 25 % besten 25 % schlechtesten Silagen. Dies zeigt, dass es trotz ungünstiger Witterung gelungen ist, dass Grüngut sauber einzufahren.

Mineralstoffgehalte

Der Gehalt an Mineralstoffen ist unauffällig und entspricht einer typischen Grassilage. Der Phosphorgehalt ist mit über 3 g/kg TM hoch und ermöglicht damit in vielen Fällen einen Verzicht auf ein Phosphorergänzung der Ration. Bei den 25 % schlechtesten, also spät geschnittenen, Silagen liegt der mittlere Phosphorgehalt teilweise unter 3 g/kg TM. Dies kann dazu führen, dass bei dem Einsatz einer solchen Silage wieder auf ein P-reiches Mineralfutter zurückgegriffen werden muss. Der Gehalt an Kalium liegt typischerweise deutlich über 25 g/kg TM. Dies muss bei der Trockensteherfütterung beachtet werden.

Die aufgrund der Witterung verspätete Ernte des ersten Schnittes führte zu einer Reduzierung des Energie- und Nährstoffgehaltes. Dies muss bei der Rationsgestaltung berücksichtigt werden. Das trifft in besonderem auf die Energie- und Rohproteinversorgung zu. Bei Silagen mit einem schlechten und sehr schlechten Konserviererfolg können Restriktionen in der Einsatzmenge notwendig sein. Dies ist mit dem Fütterungsberater und gff. Tierarzt abzustimmen.

Im Anschluss an diesen Artikel lesen Sie in Kürze den zweiten Teil des Fachbeitrags zu den Folgeauswüchsen der Grassilagen.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Wolfram Richardt
Leiter Landwirtschaftliches Untersuchungswesen
LKS – Landwirtschaftliche Kommunikations und Servicegesellschaft mbH
E-mail: wolfram.richardt[at]lks-mbh.com


Ich bedanke mich bei den Ansprechpartnern in den Regionen:

Rheinland-Pfalz: Dr. Thomas Priesmann, Tel. 06561 9480435
Nordrhein-Westfalen: Lea Hoffmann, Tel. 02945 989734
Niedersachsen: Mara Lungershausen, Tel. 0441 801847
Bayern: Jennifer Brandl, Tel. 08161 86407413
Brandenburg: Bianka Boss, Tel. 033433 65660

Stand: September 2021