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Der Kuhkomfort ist nicht zu toppen – Sechs Jahre Erfahrungen mit dem Kompostierungsstall im Betrieb Schick
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Bereits seit 2013 werden die Transitkühe vom Betrieb Schick, Erfurtshausen, in einem Kompostierungsstall gehalten. Eine nachhaltige Lösung ist das, denn sowohl Kühe als auch Landwirt und Umwelt profitieren davon. In dem Zwei-Raum-Laufstall mit befestigtem Fressgang (Schieberentmistung) und der freien Liegefläche, die im Abstand von 9 Tagen bis 9 Wochen mit einem Gemisch aus Getreideausputz und Pferdemist mit Hobelspänen eingestreut wird, ist der Kuhkomfort bestechend.

Leistungsparameter haben sich mit dem außergewöhnlichen Transitstall sehr positiv entwickelt:

  • Milchleistung: 11.400 kg ECM pro Kuh,
  • Lebenstagsleistung: 18,2 kg und
  • Remontierungsrate: 26,9 Prozent

Entscheidend für das Funktionieren des Stallsystems ist das Liegeflächenmanagement. Nur wenn im Stall der Kompostierungsprozess störungsfrei läuft, ist die Liegefläche trocken, weich und verformbar, also ideal auf die Anforderungen und Bedürfnisse der Kühe abgestimmt. Wesentlich dabei ist, dass für den Kompostierungsprozess immer genügend Sauerstoff, Kohlenstoff und Wasser zur Verfügung steht.

Der Kohlenstoff kommt in diesem Fall aus dem Einstreumaterial, das unter anderem ein weites C-N-Verhältnis aufweisen muss. Der Sauerstoff kommt durch die regelmäßige Bearbeitung der Liegefläche mit Grubber oder Fräse in die Matte und die Feuchtigkeit kommt über Kot und Harn der Kühe.

Der „ausgewogene Mix“ bietet für Mikroben und Kleinstlebewesen die idealen Wachstumsbedingungen, so dass ein Umsetzungs-/Zersetzungsprozess einsetzt, an dessen Ende nach etwa 1 Jahr ein feinkrümeliges Kompostsubstrat steht, das als humusaufbauender organischer Dünger auf den Flächen ausgebracht werden kann.

Der Kompostierungsstall bietet sehr viel Komfort für die Kühe und kann auch für die Umwelt vorteilhaft sein.

Besichtigung von Ställen in anderen Ländern

Andreas Schick hat in den sechs Jahren mit dem Kompostierungsstall einige Erfahrungen gesammelt. Sein Ziel war es, den Transitkühen in seinem Betrieb einen hohen Komfort zu bieten. „Ich wollte unbedingt einen Stall mit einer freien Liegefläche für die Transitkühe bauen, aber der sollte nicht mit Stroh eingestreut sein, da ich dann Unmengen von Stroh gebraucht hätte, um die 120 Kühe sauber zu halten“, sagt er. Gemeinsam mit dem Innovationsteam Milch Hessen habe er sich bei einer Studienreise in Israel und später auch in Österreich und der Schweiz Kompostierungsställe angesehen, die ihn dann schnell begeistert haben. „Ich bin davon überzeugt, dass es für die Kühe nichts Besseres gibt. Der Kuhkomfort ist nicht zu toppen im Kompostierungsstall“, sagt der Praktiker.

Höhere Leistung und saubere Kühe

Obwohl die Kühe in dem Betrieb auch die Tiefboxen sehr gut annehmen, sei der Kuhkomfort im Kompostierungsstall noch deutlich besser. Hier gelinge es vor allem, auch alte Kühe zu halten. „Im ersten Jahr nach dem Einzug ist die Milchleistung um etwa 1.000 Liter pro Kuh gestiegen, aktuell liegen wir bei knapp 11.400 kg ECM/Kuh in der MLP“, so Schick. Auch die Lebenstagsleistung und die Remontierungsraten hätten sich sehr positiv entwickelt.

Da nur noch etwa 50 Prozent Gülle am Fressgang anfalle, muss weniger Gülle gefahren werden. „Das Kompostsubstrat ist einfacher mit einem Miststreuer/Kompoststreuer auszubringen und aufgrund des TS-Gehalts von etwa 50 Prozent auch deutlich transportwürdiger als die Gülle.“ Auch wenn es bisher noch keine eindeutigen Zahlen aus Emissionsmessungen aus Deutschland gebe, sei der Geruch im Stall viel geringer beziehungsweise angenehmer. „Es riecht eher nach Waldboden als nach Kuhstall“, sagt der Milchviehhalter.

Und ein weiterer positiver Aspekt, sowohl für das Auge als auch für die Milchqualität sei, dass die Kühe sehr sauber sind. „Sie sehen oft aus wie gewaschen, da der Kompost feinkrümlig und trocken ist und wie Sand von den Kühen abfällt“, so Schick.

Es gibt aber auch Nachteile: Man sei immer auf der Suche nach preiswürdigem Einstreumaterial, das im Stall einen guten Rotteprozess durchlaufen kann. Außerdem müsse immer Einstreu auf Vorrat vorhanden sein, da je nach Belegdichte und äußeren Wetterbedingungen die Kompostmatte schnell zu feucht werden kann und dann innerhalb von einem Tag neu nachgestreut werden müsse, damit das System nicht zu nass werde. Das könnte dazu führen, dass der Rotteprozess zum Erliegen komme. „Bei uns im Betrieb müssen die Melker drei Mal am Tag die regelmäßige Liegeflächenpflege übernehmen, da dreimal gemolken wird“, sagt er. Das heiße, man müsse Melker haben, die auch Schlepper fahren können – das sei nicht immer einfach. Grundsätzlich sei der hohe Platzbedarf das „A und O“ des Stallsystems. Man brauche viel Grundfläche, theoretisch sollten es 10 bis 12 m²/Kuh an reiner Liegefläche sein.

Arbeitszeit einsparen

Wenn er heute einen neuen Kompostierungsstall bauen würde, wäre die Durchfahrbarkeit der Fläche ein Kriterium, sagt der Praktiker. „Denn wenn man beim regelmäßigen Bearbeiten der Liegefläche ganz durch den Stall fahren kann, außen wendet und wieder im Stall zurückfahren kann, spart man sicher noch mehr tägliche Arbeitszeit ein.“ Zu Beginn müsse man sich einfach umstellen im Management, denn ein Kompostierungsstall werde anders geführt als ein Liegeboxenlaufstall.

FAZIT: „Happy cows – happy people“

Der Kompostierungsstall wirkt sich sehr positiv auf die Kühe aus.  Das System beruht auf einem natürlichen Rotteprozess, an dessen Ende ein hochwertiger Dünger steht. Dieser wirkt sich fördernd auf die Bodenqualität aus. Es entstehen zudem weniger Emissionen, deshalb ist der Kompostierungsstall ökologisch positiv zu bewerten. Es wird tägliche Arbeitszeit eingespart, neben den vergleichbaren Baukosten gibt es viele „geldwerte Vorteile“ des Kompostierungsstalls, sodass auch die Ökonomie positiv ist.

Landwirt, Kuh und Umwelt profitieren vom Stallsystem, das auch beim Verbraucher gut ankommt, wie viele Landwirte ihre Erfahrungen mit Nachbarn und Besuchern bestätigen. Das verbesserte Tierwohl ist bereits in zahlreichen internationalen Studien und in der Praxis bewiesen. Das Kompostsubstrat wirkt humusaufbauend im Boden, es ist weniger Gülle auszubringen und die Emissionen sind geringer und neben der besseren tierischen Leistung fällt weniger und körperlich leichtere tägliche Arbeit im System an.

Der Kompostierungsstall kann, gerade auch mit Blick auf die Zukunft im Gegensatz zum „Liegeboxen-Herumstehstall“ ein Stallsystem sein, das die „Lizenz zum Produzieren“ von der Gesellschaft bekommt und damit besonders wertvoll ist.

Weitere Informationen zum Kompostierungsstall gibt es beim Innovationsteam Milch Hessen.

DER DIREKTE DRAHT

S. Möcklinghoff-Wicke
Innovationsteam Milch Hessen der
Landesvereinigung Milch Hessen
Lochmuehlenweg 3
61381 Friedrichsdorf

Tel.: +49 (0) 6172 7106 294
Fax: +49 (0) 6172 7106 296

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