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Verändert sich unser Klima – dann ist die Grünlandbewirtschaftung anzupassen
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Nimmt die Unsicherheit für Ertrag und Qualität vom Grünland aufgrund von Klimaveränderungen zu? Welche Effekte sind zu erwarten und was bedeutet dies für die Pflanzenzüchtung und die gesamte Grünlandbewirtschaftung? Diesen Fragen geht Dr. Heidi Jänicke von der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern in dem aktuellen Fachbeitrag nach.

Klima und Witterung

Informieren wir uns beim Deutschen Wetterdienst, dann ist Klima definiert als „die Zusammenfassung der Wettererscheinungen, die den mittleren Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort oder in einem mehr oder weniger großen Gebiet charakterisieren“. Danach wird das Klima „repräsentiert durch die statistischen Gesamteigenschaften (Mittelwerte, Extremwerte, Häufigkeiten, Andauerwerte u.a.) über einen genügend langen Zeitraum“. Im Allgemeinen wird ein Zeitraum von 30 Jahren zugrunde gelegt. Es sind aber durchaus auch kürzere Zeitabschnitte gebräuchlich (DWD, 2020a).

Auch die WMO (Weltorganisation für Meteorologie) empfiehlt die Verwendung von Referenzperioden, in denen die Monatsmittelwerte als Zeitreihe über 30 Jahre in einem Datensatz zusammengefasst werden. Als gegenwärtiger Vergleichsmaßstab ist in der Regel der Zeitraum 1961 - 1990 zu finden, der voraussichtlich nach 2021 von der neuen Referenzperiode (1991 – 2020) abgelöst wird.

Wird vom Klimawandel gesprochen, so lohnt sich ein Blick auf die tatsächlich gemessenen Werte und beobachteten Abweichungen von dem, was nach wie vor als normal angesehen wird bzw. von langjährigen Mitteln.

Festgestellte Veränderungen

Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 wird für Mecklenburg-Vorpommern ein Anstieg der Jahresmitteltemperatur um 1,3 °C ausgewiesen und für den Zeitraum 1961 – 1990 eine mittlere Jahrestemperatur von 8,2 °C angegeben sowie analog für 1991 – 2010 8,8 °C (DWD, 2018). Eines der wärmsten Jahre war z.B. 2014, wo als Jahresmittel für M.-V. 10,2 °C und für Deutschland 10,3 °C vom DWD mitgeteilt wurden. Von den 12 wärmsten Jahren seit 1881 in M.-V. sind 11 ab 1989 bzw. 8 nach dem Jahr 2000 aufgetreten. Im Vergleich dazu sind für Deutschland von den 10 wärmsten Jahren seit 1881 acht seit 2000 (einschließlich 2000 selbst) zu finden (DWD, 2020b), wobei teilweise andere Jahre genannt sind und eine andere Reihenfolge der Jahre vorliegt.

Im Frühling hat besonders die Temperatur maßgeblichen Einfluss, so dass hier der Trend der Erwärmung unverkennbar deutlich wird. Die Verfrühung des Blühbeginns phänologischer Zeigerpflanzen ist dokumentiert (Tabelle 1).

Tabelle 1: Ausgewählte phänologische Daten für M.-V. (DWD, 2018)

Im Jahresverlauf werden dann neben der Temperatur weitere Einflussfaktoren wirksamer, so dass früheres bzw. späteres Erreichen bestimmter Entwicklungsstadien weniger ausgeprägt in Erscheinung treten.

Die gemessenen Temperaturen werden u. a. auch hinsichtlich bestimmter Kenntage ausgewertet. In Tabelle 2 sind dazu Beispiele gezeigt.

Tabelle 2: Anzahl von Sommer- und Frosttagen in verschiedenen Zeiträumen (DWD, 2018)

Die Zunahme der Sommertage (Tageshöchsttemperatur >/= 25°C) ist in anderen Teilen Deutschlands weit höher als in M.-V.. Demgegenüber stehen weniger Frosttage (Tagestiefstwerte <0°C), laut Trend von 1951 bis heute sogar eine Abnahme um 20 Tage (DWD, 2018). Seit 1881 bzw. besonders für die letzten 70 Jahre wurde also eine Erwärmung für Deutschland und M.-V. festgestellt, die eindeutig gegeben ist.

Für M.-V. wird eine Zunahme der Jahresniederschlagsmenge seit 1882 um 9 % mitgeteilt (DWD, 2018), im Mittel für Deutschland um 8 %, wobei die Schwankungen von Jahr zu Jahr und von Jahrzehnt zu Jahrzehnt als hoch gewertet werden. Nach Prognosen wird kaum eine deutliche Änderung der Jahressumme erwartet, teilweise eine leichte Zunahme (am ehesten im Winter). Seit 1951 ist ebenso kaum ein Anstieg an Starkregenereignissen zu verzeichnen. Der Eintritt von Starkregen o. ä. ist derzeit für die Zukunft nicht abschätzbar. Allgemeine Prognosen stimmen vielfach darin überein, dass insgesamt mit einer Zunahme an Witterungsextremen zu rechnen ist.

Für das Grünland relevante Auswirkungen

Im Zusammenhang mit wärmeren Temperaturen werden mehrere Aspekte diskutiert:

  • Die phänologischen Daten weisen deutlich darauf hin: Das Frühjahrswachstum setzt früher ein. Damit steigt die Gefahr, dass gerade schon im Wachstum befindliche Bestände von Spätfrösten geschädigt werden. Das trifft besonders die ersten Aufwüchse.
  • Höhere Temperaturen gelten bei genügend Wasser zunächst als günstig für die Massebildung. Halten erhöhte Temperaturen länger an, z. B. in Kombination mit ausbleibendem Niederschlag bzw. verstärken sie mit ihrer austrocknenden Wirkung ein Wasserdefizit, dann ist der Ertragsrückgang programmiert. Je länger derartige Perioden andauern, desto negativer sind die Folgen, wie Ertragsminderung bis hin zum -ausfall und die Beeinträchtigung der Qualität.
  • Wenn erhöhte Temperaturen andauern, dann hat das markante Auswirkungen auf unsere Böden. Die Gefahr einer intensiveren Torfmineralisation steht für die Niedermoorböden. Für Mineralböden ist mit verstärkter Bodenverdichtung zu rechnen. Bekannt ist ebenso, dass die Nährstoffverfügbarkeit bei Trockenheit eingeschränkt ist.
  • Bei wärmeren Temperaturen als bisher, im Frühjahr und im Herbst, ist eine Verlängerung der Vegetationsperiode zu erwarten. Damit ist vermutlich im Herbst mehr Futterwuchs zu beobachten und diese Aufwüchse sind auch unter weniger günstigen Bedingungen zu verwerten.
  • Werden die Futtergräser in Trockenperioden geschwächt oder sterben ab, so gibt das gerade den unerwünschten Arten Raum. Nutznießer dieser Situation sind die Arten, die sich aus tieferen Bodenschichten Wasser und Nährstoffe holen können. Die Zunahme von schwer regulierbaren Unkräutern kann also in engem Zusammenhang zu andauernd erhöhten Temperaturen stehen. Derartige Veränderungen der Wachstumsbedingungen kommen wärmeliebenden Arten und Tiefwurzlern zu Gute, z. B. vielen Pfahlwurzlern (Distelarten, Stumpfblättriger Ampfer), bzw. deren Anteile im Bestand nehmen dann zu. Die Güte des frischen Futters bzw. des Ausgangsmaterials für die Konservierung nimmt dementsprechend ab, der Handlungsbedarf zur Narbenverbesserung im Grünland zu.
  • Bei fehlenden winterlichen Bedingungen wird ein zunehmender Druck von Schädlingen aller Art erwartet bzw. bereits beobachtet.
  • Insgesamt erscheint die Einschätzung zu Auswirkungen auf die Futterqualität sehr unsicher, wahrscheinlich wegen der Vielzahl an Einflussfaktoren, bzw. es werden Verschlechterungen im Futterwert erwartet.

Bei extremer Trockenheit stellen unsere Futtergräser ihre Massebildung nicht nur ein, teilweise können sie sich nicht regenerieren und die Narbenreparatur steht an, der unerwünschte Ampfer profitiert von der Situation, wie hier 2018

Zum prognostizierten CO2-Anstieg lässt sich derzeit aus der Literatur zusammenfassen:

  • Häufig wird von einem „CO2-Düngeeffekt“ gesprochen. Das höhere CO2-Angebot wird für die Ertragsbildung genutzt, falls ausreichend Wasser verfügbar ist.
  • Mit dem höheren CO2-Angebot und der erhöhten Umsetzung werden gleichzeitig die Transpiration verringert und somit die Wasserausnutzung verbessert (z.B. WEIGEL, 2011). Inwieweit positive CO2 –Effekte die negativen Folgen zu lang anhaltend hohen Temperaturen (Ertragsminderung, schnellere Alterung, Qualitätsverlust) ausgleichen können, ist nach heutigem Kenntnisstand noch nicht abschätzbar.

Nach heutiger Einschätzung dürfte das größte Problem die Wasserverfügbarkeit sein, besonders zu den Wachstumsphasen mit höherem Bedarf.

  • Aus verschiedensten Prognosen wurde abgeleitet, dass eine Verschiebung der Niederschlagsverteilung derart möglich wird, dass es mehr Niederschläge im Winterhalbjahr und demgegenüber weniger in der Vegetationszeit geben wird. Da z. B. in M.-V. vielerorts das langjährige Mittel an Jahresniederschlag unter 600 mm liegt, jetzt bereits während der Vegetationszeit die Wasserverfügbarkeit für die Pflanzenbestände häufig ungenügend ist, werden diesbezüglich zukünftig ungünstigere Wachstumsbedingungen für möglich gehalten.
  • Neben dem skizzierten Mangel einerseits ist andererseits auch der plötzlich auftretende Überschuss an Wasser, z. B. in Zusammenhang mit extremen Wetterereignissen, ins Auge zu fassen. Starkniederschlag mit der Gefahr vom Abfluss oberflächig vorhandener Nährstoffe kann selbst bei seltenem Auftreten eine gravierende Umweltbelastung hervorrufen. Länger anhaltende Nässe bzw. Überflutungen würden je nach Dauer von den herkömmlichen Futtergräsern nur schlecht vertragen bzw. nach einigen Wochen je nach Art zum Ausfaulen und damit zu Reparaturbedarf für die Narbe führen oder gar zur Erneuerung zwingen.
  • Die Bewirtschaftungserschwernisse auf dem Grünland werden überall dort zunehmen, wo jetzt bereits bei Wechsel von hohen Grundwasserständen bzw. länger anhaltender Nässe nahe Geländeoberkante und Phasen der Austrocknung die Bestände häufig in Mitleidenschaft gezogen werden oder die optimalen Bewirtschaftungstermine wegen mangelnder Befahrbarkeit oft nicht eingehalten werden können. Entsprechend fallen dann die Futterqualitäten suboptimal oder gar unbefriedigend aus und die Verwertbarkeit des Futters ist weiter eingeschränkt. Je nach Zustand des Niedermoorbodens und den Möglichkeiten zur Wasserregulierung werden diese Einschränkungen in unterschiedlicher Ausprägung maßgebend für betriebliche Entscheidungen sein.

Was fordern wir von unserem Grünland und von seinen Futtergräsern?

Ganz selbstverständlich sollen uns hohe TM-Erträge, hohe Futterqualitäten und ausdauernde und leistungsstarke Bestände zur Futtererzeugung vom Grünland dienen. Dabei soll die Narbenzusammensetzung stabil und von hohen Anteilen futterwirtschaftlich wertvoller Gräser geprägt sein.

Um leistungsfähige Bestände zu schaffen oder zu erhalten, ist vielfach der Saatguteinsatz unumgänglich. Das Fundament besteht in der Eignung von Mischungen, Arten und Sorten für Standort und die Nutzung. Während für die Nutzung durch betriebliche Entscheidungen über den zu versorgenden Tierbestand und Nutzungsstrategien durchaus Spielraum besteht, ist die Standortfrage mit dem Boden, dem Wasserfaktor oder der Witterung in vielen Belangen festgelegt und dennoch teilweise beeinflussbar, zumindest was den Boden und die Wasserregulierung betrifft. Wie bei allen Kulturen wird voraussichtlich bei unseren Futtergräsern die Trockenheitstoleranz an Bedeutung gewinnen. Wie groß allerdings die Abhängigkeit von der Witterung sein kann, soll mit dem folgenden Versuchsergebnis gezeigt werden.

Ein Beispiel für die Abhängigkeit von der Jahreswitterung

Um Mischungs- und Sortenempfehlungen für Grünland herausgeben zu können, werden von Landeseinrichtungen der Bundesländer Landessortenversuche (=LSV) für Gräser durchgeführt, deren Ergebnisse dann wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Sortenempfehlung sind. Die Durchführung dieser LSV erfolgt nach Richtlinien des Bundessortenamtes und ermöglicht u.a. eine gute Bewertbarkeit der Ergebnisse und die Vergleichbarkeit bei entsprechenden Bedingungen. In den Abbildungen 1 und 2 sind Ergebnisse zu Deutschen Weidelgräsern der mittleren Reifegruppe (nach Einstufung der Sorten durch das Bundessortenamt) gezeigt, wobei die Versuchsdurchführung in Malchow/Poel des IPK Gatersleben (WILLNER, 2018) realisiert wurde. Am Standort Malchow/Poel wurden im Mittel des Sortiments im ersten und zweiten Versuchsjahr 111 bzw. 142 dt TM/ha geerntet, im Dürrejahr 2018 demgegenüber 58 dt TM/ha (Abb. 1).

Abbildung 1: TM-Jahresertrag in Abhängigkeit von Jahr und Reifegruppe, 2016-2018, LSV Deutsche Weidelgräser mittlere Reifegruppe, Malchow/Poel (WILLNER, 2018)

Neben dem Versuchsmittel sind die TM-Erträge der jeweils schwächsten Sorte (=MIN) und stärksten Sorte (=MAX) sowie die Differenz zwischen beiden dargestellt. Wird sie im Verhältnis zum mittleren Ertrag des Sortiments betrachtet, so macht sie 2018 die Hälfte des Jahresertrags aus, in anderen Beispielen und Jahren etwa ein Fünftel bis ein Drittel vom Jahresertrag. Diese Differenz ist allein der Sorte zuzuordnen, da alle Sorten im Versuch absolut gleich behandelt wurden. Sie ist im Dürrejahr in ähnlicher Größenordnung aufgetreten wie in den beiden Jahren zuvor. Das gibt Anlass zu der Überlegung, dass es gerade unter ungünstigen Bedingungen noch wichtiger ist, die Sortenfrage zu berücksichtigen.

In Abbildung 2 werden die Anteile der Schnitte am Jahresertrag zu den in Abbildung 1 gezeigten TM-Erträgen ausgewiesen.

Abbildung 2: Anteile der Schnitte am Jahresertrag, 2016 – 2018, LSV Deutsche Weidelgräser mittlere Reifegruppe (Malchow/Poel)

Die Unterschiede zwischen den ersten beiden Jahren sind für nordostdeutsche Bedingungen durchaus normal. Mit derartigen Schwankungen ist zwar zu rechnen, doch für die Fütterung ist der Einsatz der verschiedenen Chargen mit entsprechenden Anpassungen in der Ration verbunden. Im dritten Jahr dagegen kamen über 80 % des Jahresertrags vom ersten Aufwuchs. Dabei werden in der Versuchsdurchführung bestmögliche Schnittführungen hinsichtlich Futterqualität und Bestandeserhalt praktiziert, wie es unter Praxisbedingungen nicht immer möglich sein kann. Auf diese erheblichen Spannbreiten, was die Anteile der Schnitte anbelangt, muss bei der Bewirtschaftung, Konservierung und Fütterung entsprechend geantwortet werden. Sie dürften bei den prognostizierten Klimaveränderungen noch größer werden. Darum zunächst einige Möglichkeiten, wie damit umgegangen werden kann.

Anteile der Aufwüchse am Jahresertrag beeinflussen und verwerten

Bewirtschaftung:

  • Über den Zeitpunkt der Düngung und die Verteilung der Düngermengen zu den Aufwüchsen, insbesondere bei der N-Düngung bzw. der NK-Düngung, lässt sich z. B. das hohe Wachstumsvermögen im Frühjahr besser ausnutzen und demgegenüber der Anteil der späteren Aufwüchse reduzieren. Ist die stabile Futterlieferung der Folgeaufwüchse für den Betrieb wichtiger, lässt sich umgekehrt die Gewichtung stärker zu diesen verschieben. Das setzt allerdings jeweils ausreichend Feuchtigkeit zur Umsetzung des Düngers voraus. Eine Vielzahl weiterer Kombinationen kann je nach Betrieb zweckmäßig sein.
  • Die Düngung sollte auf die Nutzung abgestimmt sein. Muss vorrangig energiereiche Grassilage erzeugt werden, so ist zunächst eine frühe erste Nutzung ins Auge zu fassen. Möglicherweise muss ebenso der zweite Schnitt früh genommen werden, um diese Qualität in ausreichender Menge herzustellen. Insgesamt verdienen alle Aufwüchse mehr Aufmerksamkeit, um eventuelle Minderungen im Ertrag und bzw. oder in der Futterqualität besser kompensieren zu können. Dazu gehört es für alle Maßnahmen (Düngung, Nutzung, Pflege) Termine zu optimieren. Auch die Schnitthöhe, mit möglichst >/= 8 cm besonders bei trockenen Bedingungen, bzw. dass bei Beweidung nicht zu tief abgefressen wird, erlangt zukünftig wieder mehr Bedeutung.
  • Für die Narbenpflege und -reparatur wie auch für Neuansaaten ist Saatgut einzusetzen. Eine rechtzeitige Recherche vorab zu den Angeboten ist sehr zu empfehlen. So lassen sich auf Basis aktueller fachlicher Informationen, z. B. zur Frage der Reifegruppen, die geeigneten Saatmischungen für den eigenen Bedarf auswählen. Auf diesem Wege ist nicht nur die Nutzung des züchterischen Fortschritts möglich, sondern die gezielte Lenkung der Bestandesentwicklung in der Frage der Nutzungsreife. Fehlt beispielsweise regelmäßig spätestens nach dem 1. Schnitt das Wasser, so ist eher mit frühen und bzw. oder mittleren Sorten die bessere Leistung im ersten Aufwuchs erreichbar als mit später nutzungsreifen Arten und Sorten.
  • Als hilfreich für die Entscheidungsfindung gilt eine gute Dokumentation zu den Grünlandflächen, analog zur Ackerschlagkartei. Mit entsprechenden mehrjährigen Aufzeichnungen ist eine sachliche Grundlage gegeben, die das beste Erinnerungsvermögen auch bei wertvollen langjährigen Erfahrungen kaum schaffen kann. Ziel sollte die konkrete und exakte Erfassung aller Maßnahmen sein. Dazu gehören natürlich auch die im Alltag nur schwer ermittelbaren TM-Erträge und die Zuordnung der Silagequalitäten zu den einzelnen Flächen.

Die wöchentliche Beprobung zur Ermittlung des optimalen Schnittzeitpunktes für den ersten Aufwuchs erfolgt auf Praxisflächen, die Ergebnisse werden frühestmöglich auf den Internetseiten der Landeseinrichtungen veröffentlicht.

Konservierung:

  • Um den Bedarf an Futterqualität und –menge im Betrieb decken zu können, sind im Allgemeinen optimale Schnittzeitpunkte eine wesentliche Voraussetzung. Die regionalen wöchentlichen Reifeprognosen für den ersten Aufwuchs geben dazu wertvolle Hinweise.
  • Zur Qualitätssicherung wird der Einsatz von Silierzusätzen (mit DLG-Gütezeichen) empfohlen. Der ist in vielen Fällen ebenso für die Herbstaufwüchse anzuraten. Zunehmend häufig stehen qualitativ hochwertige Aufwüchse zur Beerntung im September oder auch Oktober an. Bei der dann häufig ungünstigen Witterung ist die hohe Silagequalität nicht so einfach herzustellen. Bei Bedarf sollte dazu Beratung in Anspruch genommen werden.
  • Neben den Silierzusätzen sind bei den späteren Aufwüchsen im Jahr die Arbeitsorganisation, die Verfügbarkeit der Technik sowie die Realisierung des Technikaufwands verstärkt zu berücksichtigen. Stehen z. B. Maisernte und Herbstbestellung immer uneingeschränkt mit höherer Priorität an als die Ernte auf dem Grünland, lassen sich die Anforderungen an die Silageerzeugung zu oft nicht erfüllen. Wesentlich ist gerade bei diesen Aufwüchsen die maximale Vermeidung der Futterverschmutzung (Witterung, Technikeinstellung), die vielfach vom Erntezeitpunkt abhängt. Flexibilisierung in der Organisation und Einsatz von Lohnunternehmen können zu besseren Lösungen und Resultaten bzw. zu weniger Verlusten führen.

Fütterung:

  • Zur Absicherung des Futterbedarfs muss bei der witterungsbedingt steigenden Unsicherheit die angemessene Vorratshaltung in der betrieblichen Futterwirtschaft einen festen Platz einnehmen. Das gilt es eigentlich schon bei der Grünlandbewirtschaftung und der Futterkonservierung stets im Blickfeld zu behalten.
  • Allgemein prognostiziert wird die Zunahme unsicherer Phasen im Witterungsverlauf. Damit entstehen voraussichtlich vermehrt verschiedene Partien an zu verwertendem Futter, so dass zwangsläufig die Häufigkeit und Vielfalt von notwendigen Rationsanpassungen zunehmen dürfte.
  • Die rechtzeitige Rückkopplung vom vorhandenen Futter zum eventuell erforderlichen Ausgleich zur Deckung des Futterbedarfs wird vermutlich wichtiger. Das kann beispielsweise die Gabenhöhe der N-Düngung einzelner Aufwüchse betreffen, aber auch den Umfang der Strohbergung oder den Anbau von Zwischenfrüchten.
  • Bei Weidewirtschaft wird diese potentielle Verschiebung in der Ertragslieferung der Aufwüchse bzw. der Ausfall einiger Aufwüchse noch weit schwieriger zu verkraften sein. Hier stehen betriebsindividuelle Lösungen im Vordergrund. Anpassungen in der Beweidungsdauer je Flächeneinheit oder in der Anzahl der Tiere je Fläche sind sicher ein wesentlicher Teil der Vorgehensweise in derartigen Situationen.

Für die Weidewirtschaft wird es wahrscheinlich verstärkt notwendig sein, Ersatzflächen vorzuhalten, z. B. für durch Trockenheit verursachten unkalkulierbaren Futterausfall.

Mögliche Anpassungen an klimatische Veränderungen

Im Grunde sind die meisten in Frage kommenden Maßnahmen schon lange bekannt bzw. dienen ebenso der Erfüllung weiterer konkreter Zielstellungen. Zum Teil gehören sie zu den grundlegenden Standards einer ordnungsgemäßen Grünlandbewirtschaftung. Darum werden sie im Folgenden nur stichpunktartig aufgeführt und sind sicherlich mit dem laufenden Erkenntnisgewinn zu Fragen des Klimawandels durchaus erweiterbar:

  • Futterwirtschaft im Betrieb insgesamt überprüfen:
    • Vorratshaltung optimieren
    • Futterverluste im Betrieb analysieren und minimieren
    • Für Flächennutzung im Betrieb optionalen „Notfallplan“ erstellen
    • Futterreserven erschließen
       
  • Wasser und Boden:
    • Wasserfaktor bei Bedarf beeinflussen (Anlagen zur Wasserregulierung funktionstüchtig halten und nutzen, Wasserrückhaltung „neu denken“)
    • Bodenschonende Bewirtschaftung (der Bodenfeuchte angepasst über Befahrbarkeit/ Beweidbarkeit entscheiden; geeignete Technik; Verdichtung vermeiden, Durchwurzelbarkeit des Bodens wird wichtiger)
    • Gute Nährstoffversorgung – optimierte Düngung (günstig für Erhalt guter Narbenzusammensetzung/ Bestände sind dann stabiler in Stresssituationen)
       
  • Mit den Beständen arbeiten:
    • Arten- und Sortenwahl – geeignet für Standort und Nutzung/ Reifeunterschiede nutzen/ trockenheitstolerante Vertreter finden (auch beachten: Knaulgras/ Rohrschwingel/ Festulolium) einschließlich der Mischungen mit Leguminosen (Sortenfragen berücksichtigen)
    • Bestände häufiger/laufend beobachten – dem Ausfall wertvoller Gräser folgt Besiedlung mit unerwünschten Arten – früh genug einschreiten
    • Nachsaaten – auch mit „unkonventioneller“ Technik – andere Standraumverteilung erforderlich, um weitere Arten etablieren zu können (und nicht nur Deutsche Weidelgräser)
    • Erst wenn keine Verbesserung mehr sinnvoll ist: Erneuerung
       
  • Weitere mögliche Anpassungen:
    • Fortschritte in der Pflanzenzüchtung verfolgen und nutzen
    • Nutzung regionaler Untersuchungsergebnisse unabhängiger Institute sowie Fachinformationen und die Mischungs- und Sortenempfehlungen der zuständigen Landeseinrichtungen
    • Weiterbildungsangebote/ Beratung vor Ort nutzen.

Fazit

Die Unsicherheit für Ertrag und Qualität vom Grünland nimmt voraussichtlich zu

  • Positive Effekte durch CO2 und Temperatur sind zu erwarten, aber
  • Wasserverfügbarkeit wird voraussichtlich dominierender Faktor sein,
  • Auswirkungen zunehmender extremer Wetterereignisse sind nicht abschätzbar

Die Arten- und Sortenwahl nimmt an Bedeutung zu. Hohe Erwartungen bestehen an die Pflanzenzüchtung:

  • ertragsstabile, trockenheitstolerante, krankheitsresistente neue Sorten sind gefragt
  • Futterqualität zu sichern wird wichtiger
  • Saatgutverfügbarkeit ist eine Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit

Die Optimierung der gesamten Grünlandbewirtschaftung bekommt einen höheren Stellenwert bzw. die Vernachlässigung notwendiger Bewirtschaftungsmaßnahmen bzw. ihre Durchführung zu suboptimalen Zeitpunkten oder in unzureichender Qualität wird voraussichtlich eher negative Folgen haben bzw. sich gravierender negativ auswirken als bisher.

Die Futtervorratswirtschaft ist je nach standörtlichen und betrieblichen Verhältnissen fest zu verankern im Betrieb.
Die Gewichtung einzelner Maßnahmen ist durchaus veränderbar bzw. immer betriebsspezifisch zu entscheiden.

 

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Heidi Jänicke
Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und
Fischerei Mecklenburg-Vorpommern
Institut für Tierproduktion Dummerstorf
E-Mail: h.jaenicke(at)lfa.mvnet.de

Fotos: Heidi Jänicke
Stand: 8/2020

 

Literatur:
DWD (2018): Klimareport Mecklenburg-Vorpommern; Deutscher Wetterdienst, Offenbach am Main, Deutschland, 52 Seiten.

DWD (2020a): Wetterlexikon - Klima. https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv2=101334&lv3=101462
DWD (2020b): Nationaler Klimareport. 4 korrigierte Auflage, Deutscher Wetterdienst, Potsdam, Deutschland, 54 Seiten.
WEIGEL, H.-J. (2011): Klimawandel – Auswirkungen und Anpassungsmöglichkeiten. In: Praxis trifft Forschung - Neues aus dem Ökologischen Ackerbau und der ökologischen Tierhaltung. Sonderheft 354. Hrsg.: Rahmann, G. u. U. Schumacher.
WILLNER, E. (2018): schriftliche Mitteilungen