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Trockensilierung von Luzerne – Ein neues Verfahren zur regionalen Proteinversorgung von Milchrindern?
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Silierung gefährdet das Protein

Der Erfolg der Konservierung wird sowohl über die Höhe der Stoff- bzw. Masseverluste als auch über die Veränderung des Futterwertes sowie der Futtermittelhygiene definiert. Je nach Konservierungsart, den gegebenen Umweltbedingungen und dem Grad der Beherrschung der Verfahrensabläufe, treten im Konservierungsverlauf unterschiedlich hohe quantitative und qualitative Verluste an Energie und Nährstoffen auf. Die Masseverluste gelten bei der Bewertung des Konserviererfolges von Grünfuttermitteln als wesentlichster Maßstab. Neben den quantitativen Verlusten hat die Konservierung von Grünfuttermitteln aber auch einen mehr oder weniger starken Effekt auf spezifische Nährstoffqualitäten und auf Umfang und Dynamik des Abbaus in den Vormägen und im Dünndarm.

Eine wesentliche Veränderung betrifft das Reineiweiß. Mit der Ernte der Pflanze wird die pflanzeneigene Proteinsynthese gestoppt. Proteasen aus dem Zellsaft der Pflanze bauen das synthetisierte Reinweiß wieder ab, indem sie die Peptidbrücken spalten. Man spricht hier von der Proteolyse. Das Ergebnis ist ein Rückgang des Gehaltes an Reineiweiß und zunächst eine Zunahme an freien Aminosäuren. Im weiteren Verlauf geben die Zellwände ihren Schutz auf und Mikroben beginnen, die Nährstoffe im Zellsaft zu verstoffwechseln. Aufgrund der bodennahen Erzeugung kommen hier auch unerwünschte Bakterien, insbesondere Clostridien, zum Zuge. Diese verstoffwechseln mehr oder weniger stark die Aminosäuren zu biogenen Aminen, Ammoniak und Buttersäure. Diesen Vorgang nennt man auch Desmolyse.

Den genannten Stoffwechselprodukten wird einerseits eine negative Wirkung auf Akzeptanz, Tiergesundheit und Fruchtbarkeit zugesprochen. Andererseits verändern sie nachhaltig die Rohproteinqualität, indem sie Reineiweiß in lösliche NPN-Verbindungen reduzieren und damit die Pansenbeständigkeit des Proteins deutlich verringern.

Um den Beitrag von Grünfuttereiweiß in der Fütterung hochleistender Milchrinder erfolgreich platzieren zu können, müssen die genannten Abbauvorgänge durch Optimierung von Ernte, Bergung, Einlagerung und Konservierung minimiert werden. Im Sinne einer zunehmend regionalen Proteinversorgung ist dies insbesondere für proteinreiche Grünfutterkonzentrate, wie Luzerne, wichtig. Diese zeichnet sich neben ihren pflanzenbaulichen Vorteilen (mehrjährig, N-Eintrag, Bodenauflockerung, tiefe Durchwurzelung, hohe Trockenheitstoleranz) besonders durch den mit Abstand höchsten Proteinertrag aller Proteinpflanzen aus.

Luzerne stellt in einigen Regionen Deutschlands eine wichtige regionale Eiweißquelle für die Wiederkäuerernährung dar.

Je trockener desto besser

Ein sehr entscheidender Faktor ist der Trockenmassegehalt. Wie in der Abbildung 1 dargestellt, kann durch Trocknung der Abbau des Luzerneproteins nahezu verhindert werden, während durch die Silierung eine deutliche Erhöhung der Proteinlöslichkeit und Reduzierung des UDP-Gehaltes nachweisbar ist. Eine hofeigene Trocknung von Luzerneganzpflanzen scheitert bislang daran, dass der Durchsatz hofeigener Trocknungsanlagen für Luzerne mit 30 – 40 % Trockenmasse nicht ausreicht, um wirtschaftlich für größere Bestände zu trocknen. Diese Feuchtebereiche sind jedoch notwendig, um die Blatt- und damit Proteinverluste bei der Ernte im Maß zu halten. Luzerne-Siliergüter mit einem TM-Gehalt von mehr als 50 % provozieren, dass nur noch proteinarme Stängel geborgen und zur Trocknung kommen und die proteinreiche Blattmasse auf dem Feld bleibt. Die technische Luzernetrocknung in Trockenwerken scheint somit der erfolgsversprechende Weg zu sein.

Bei der Herstellung des Trockengrüns in der Studie (Abbildung 1) wurde bei maximal 80 °C Trocknungstemperatur bis zu einer Trockenmasse von ca. 90 % getrocknet. Bei der technischen Heißlufttrocknung in Trockenwerken werden z.T. noch deutlich geringere Löslichkeiten und höhere UDP-Gehalte ausgewiesen. Diese Form der thermischen Aufbereitung von Luzerne ist allerdings aufgrund der hohen Energieaufwendung (Temperaturen 250 – 500 °C, Trocknungsdauer 2 – 3 min) sowie des Transportes des Häcksel- und Trockengutes sehr kostenintensiv (aktuell ca. 180 €/t Trockengut). Zu beachten ist ferner, dies haben jüngste Studien sehr deutlich gemacht, dass bei Temperaturen von über 70°C verstärkt Maillardreaktionen zu erwarten sind. Diese können die Verfügbarkeit wichtiger Aminosäuren des Luzerneproteins drastisch reduzieren.

Das kostengünstigste Verfahren bleibt mit ca. 2 €/t Grüngut die Silierung. Bereits die Daten in der Abbildung 1 deuten an, dass mit steigenden TM-Gehalt der Luzernesilagen, die genannten Proteinabbauprozesse abgeschwächt werden können. Das heißt, je trockener das Siliergut ist, desto geringer sind Proteolyse und Desmolyse und desto höher ist der Anteil an pansenbeständigem Reineiweiß. In einem aktuellen Projekt mit Erbsen- und Ackerbohnenganzpflanzen (SilaToastBLE) wurde deutlich, dass die Trockensilierung ein möglicher Ausweg sein könnte.

Abbildung 1: Veränderungen der Proteinfraktionen und des UDP-Gehaltes durch Silierung und Trocknung von Luzerne (Steinhöfel et.al. 2018)

Trockensilierung?

Von Trockensilierung bei Grünfutterpflanzen kann gesprochen werden, wenn die Gäraktivität der epiphytischen Milchsäurebakterien aufgrund der osmotischen Verhältnisse nicht mehr ausreicht, um alleine konservierend zu wirken, aber dennoch noch entscheidend zum Konserviererfolg beiträgt. Umgangssprachlich spricht man oft auch von „Heulagebereitung“.

Die Hauptkonserviereffekte bei der Lagerung von Grünfuttermitteln mit über 50 % TM unter Luftabschluss sind eine Kombination aus Trocknung und CO2-Milieu, welche durch eine mehr oder weniger intensive Milchsäurebildung unterstützt wird. Der Begriff Trockensilierung ist somit de facto nicht ganz korrekt, da der Konserviereffekt erst durch die genannte Kombination entsteht, wobei der Einfluss der drei Faktoren nicht gleichbleibend groß ist. Die Prozesse des Abbaus leichtlöslicher Kohlenhydrate sowie der Proteolyse und Desmolyse sind im Vergleich zur Kaltsilierung jedoch überproportional eingeschränkt. Ein Zusatz von osmotoleranten Milchsäurebakterien kann die Konservierung graduell unterstützen. Zu beachten ist, dass Grünfuttersilagen aus der Trockensilierung in der Regel eine geringe aerobe Stabilität besitzen. Das bevorzugte Siliersystem für die Trockensilierung ist das Pressballensystem aufgrund der besseren Verdichtbarkeit. 

Erste Ergebnisse erfolgsversprechend

In Köllitsch wurden erste Versuche zur Trockensilierung von Ackerbohnen- bzw. Erbsenganzpflanzen und Luzernegrünfutter durchgeführt. Untersucht wurde die Veränderung der Proteinqualität durch die Kombination einer proteinschonenden Vortrocknung von Luzerne bei 80 °C mit einer anschließenden Trockensilierung. Für die Untersuchung wurde gehäckseltes Luzernegrüngut (3. Schnitt) in einem Trockenschrank auf drei ausgewählte Trockenmassegehalte von 35 %, 50 % und 70 % vorgetrocknet und anschließend warm in Vakuumbeutel einsiliert. Nach 70 Tagen Silierdauer wurden die Proben analysiert.

Der überwiegende Teil der Befunde ist noch nicht ausgewertet, aber erste Ergebnisse sollen hier bereits vorgestellt werden. In Folge der Silierung reduzierte sich in allen drei TM-Stufen der pH-Wert nur leicht. Der Rohproteingehalt im Ausgangsmaterial und in den Konservaten lag über 230 g/kg TM. Als wichtiger Indikator für die Veränderung der Proteinqualität soll hier zunächst die Proteinlöslichkeit dargestellt werden (Abbildung 2).

Abbildung 2: Veränderung der Proteinlöslichkeit (%) von Luzerne in Folge der kombinierten Behandlung bei unterschiedlicher Vortrocknung

In der frisch geernteten Luzerne betrug die Löslichkeit des Rohproteins erwartungsgemäß rund 30 %. Dies wurde bei schonender thermischer Behandlung nicht wesentlich verändert. Damit können auch Erfahrungen aus der hydrothermischen Behandlung anderer Futtermittel bestätigt werden, welche bis zu Kerntemperaturen von 80 °C nur geringfügige Maillardreaktionen zeigten. Die Proteinlöslichkeit blieb annähernd auf dem Niveau des Grüngutes.

Die anschließende Silierung bei 35 % TM führte zu einer deutlichen Erhöhung der Proteinlöslichkeit auf über 70 % des Rohproteins. Dies entspricht der erwarteten Proteinqualität einer herkömmlich silierten Luzernesilage. Bereits bei der Silierung der angetrockneten Luzerne mit einem TM-Gehalt von 50 % waren nur noch geringfügige proteolytische Effekte messbar. Die Proteinlöslichkeit stieg um ca. 10 %-Punkte auf 43 % an. Bei Vortrocknung der Luzerne auf einen Trockenmassegehalt von 70 % und anschließender Trockensilierung konnten die proteolytischen oder desmolytischen Prozesse noch weiter gesenkt werden.

FAZIT

Luzerneprotein ist aufgrund seiner hohen Erträge und der vielen Vorteile, welche mit dem Luzerneanbau verbunden sind, eine wichtige regionale Eiweißquelle für die Wiederkäuerernährung. Um den hohen Futterwert der Luzernepflanzen jedoch bis in den Futtertrog zu bringen, muss die Luzerne schonend konserviert werden. Die Trocknung scheint dafür besser geeignet zu sein als die Silierung.

Aufgrund höherer Verluste und Kosten sowohl bei der dezentralen Trocknung im Betrieb als auch bei der Heißlufttrocknung im Trockenwerk sucht man nach Kombinationen von schonender Vortrocknung und anschließender kostengünstiger Haltbarmachung über den Weg der Silierung. Erste Befunde zeigen, dass, im Interesse der kostengünstigen Stabilisierung von Luzerneprotein, die Kombination einer Vortrocknung bei 80°C auf einen Trockenmassegehalt von 50 – 70 % und anschließender Trockensilierung ein vielversprechendes Verfahren sein könnte. Hier gilt es sicher, zunächst weitere Befunde und Erfahrungen zu sammeln, aber ein „Basteln“ an einer technischen Umsetzung kann schon mal angeregt werden.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Olaf Steinhöfel
SÄCHSISCHES LANDESAMT FÜR UMWELT
LANDWIRTSCHAFT UND GEOLOGIE
04886 Köllitsch
Am Park 3

Tel.: +49 34222 46 2200
Fax: +49 34222 46 2099
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