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proteinmarkt.de - Infoportal für Fütterungsberater und Landwirte
Mit der Fütterung Stickstoffemissionen reduzieren
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Schutz des Klimas und des Naturhaushaltes, Reinhaltung von Luft und Wasser sind erklärte Wünsche und Ziele von Gesellschaft und der Politik und bestimmen immer mehr auch die landwirtschaftliche Produktionsweise. Deutschland muss den Ammoniakausstoß bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Basisjahr 2005 um 29 % reduzieren, und da die Landwirtschaft hauptsächlich für die Ammoniakemissionen verantwortlich ist, müssen ganz besonders hier wirkungsvolle Maßnahmen etabliert werden. Für die Tierhaltung bedeutet dieses entweder die Reduzierung der Tierzahl oder aber die Verringerung der Stickstoffausträge je Tier.

In Bezug auf die Stickstoffemissionen schreibt die Düngeverordnung (DüV, vom 26.05.2017) ab dem Jahr 2018 einen maximalen Stickstoffüberschuss von 50 kg je Hektar im Durchschnitt dreier Jahre vor. Diese Reduzierung der zulässigen Stickstoffsalden im Vergleich zur Vergangenheit und die Einbeziehung von Gärsubstraten führen dazu, dass der Bedarf an notwendiger Güllefläche in vielen Betrieben mitunter stark ansteigt.

Die Konsequenz daraus, nämlich um die zulässigen Stickstoffbilanzwerte der DüV zu erreichen, ist die Steigerung der Stickstoffeffizienz. Dieses betrifft die Düngung und die Fütterung gleichermaßen.

Eiweißbedarf

Für die Versorgung der Tiere gilt: je exakter die Ration nach dem Proteinbedarf des Tieres ausgerichtet ist, umso geringer sind die Proteinüberschüsse, die energieaufwendig über die Leber der Tiere entgiftet werden müssen, und umso geringer sind die Stickstoffausscheidungen.

Der Eiweißbedarf der Kühe ist dabei klar definiert und in Abhängigkeit vom Gewicht (Erhaltungsbedarf) und der konkreten Leistung eine feste Größe, nämlich eine konkrete Mengenangabe. Der aber daraus folgend bei der Rationsberechnung angestrebte Gehalt an Rohprotein und an nXP ist keine feste, sondern eine variable Größe, die nämlich von der jeweiligen Futteraufnahme abhängt. Diesen Zusammenhang zeigt Tabelle 1.

Tabelle 1: nXP-Bedarf der Kuh und nXP-Gehalt in der Ration für eine Milchkuh mit 30 kg Milch, 4 % Fett, 3,4 % Eiweiß, 650 kg Gewicht

So würde in diesem Fall durch z. B. eine Futteraufnahmesteigerung um 10 % (von z. B. 19 auf 21 kg TM) eine Reduzierung des nXP-Gehaltes von 158 auf 143 g/kg TM möglich sein.

Versuche zur Eiweißreduzierung

Mittlerweile sind zahlreiche Fütterungsversuche mit Milchkühen zur Problematik der Stickstoffreduzierung durchgeführt worden. Beispielgebend hierfür seien die von Engelhard et al. (2017, 2018) in Iden, von Pries et al. (2018) und Hoppe (2018) im Versuchszentrum der Landwirtschaftskammer NRW, Haus Riswick genannt.

Letztlich wurde in allen Versuchen deutlich, dass die Rationen der Kühe stets eine bedarfsdeckende nXP-Versorgung sicherstellen müssen, um nicht Leistungsdepressionen in Kauf zu nehmen. Aber die Versorgung mit Rohprotein kann, abweichend hiervon, durchaus reduziert werden, was gleichbedeutend mit einer Verringerung der ruminalen Stickstoffbilanz (RNB) ist. Diese war in mehreren Versuchen auf - 1,5, mitunter sogar auf -2 g/kg TM abgesenkt worden, ohne dass die Kühe mit einem Leistungsabfall darauf reagierten. Die Auswirkungen aber auf die N-Ausscheidung und auf die N-Effizienz waren beachtlich. So wiesen im Durchschnitt mehrerer Versuche die Rationen der Kühe der Versuchsgruppe bei gleicher nXP-Versorgung wie die der Kontrollgruppe eine RNB von -1,7 g/kg TM auf. Hingegen war die RNB in der Ration der Kontrollgruppentiere +0,6 g/kg TM.  Mit dieser Reduzierung der RNB um ca. 2 g/kg TM war neben der Absenkung des Milchharnstoffgehaltes (im Durchschnitt um 40 bis 50 mg/kg) eine Verringerung der N-Ausscheidung um 19,4 kg/Kuh und Jahr verbunden.

Eine noch negativere RNB aber erwies sich als leistungsbegrenzend, so dass trotz einer Zulage von pansengeschützten Aminosäuren kein vollständiger Ausgleich der durch diesen Stickstoffmangel im Pansen hervorgerufenen Mikrobenproteinmangel erfolgen konnte. Letztlich wird die Menge an nXP immer zum größten Teil durch das im Pansen gebildete  Mikrobenprotein bestimmt. Daher liegt der Fokus stets auf einer Maximierung dieser Mikrobenproteinsynthese durch einen „gut funktionierenden Pansen“.

Selbst ruminale N-Bilanzen bis zu –30 g/Kuh und Tag beeinträchtigen bei sehr gutem Haltungs- und Fütterungsmanagement die Leistung der Kühe nicht, führen aber zu gewünscht niedrigen N-Ausscheidungen.

Auswirkung auf die N-Ausscheidung

Einer Zusammenstellung von verschiedenen Fütterungsversuchen von Sajeev et al. (2017) zufolge, ist bei Rindern durch eine Reduzierung des Rohproteingehaltes um 2,7 %-Punkte mit einer Ammoniakreduzierung um 43 % zu rechnen. Das entspricht demnach einer Ammoniakreduktion von 17 % (relativ) je %-Punkt Rohprotein (Tabelle 2).

Tabelle 2: Ammoniakeinsparpotential durch eine Rohproteinabsenkung bei der Rinderfütterung (Sajeev et al., 2017)

Die Stickstoffausscheidung von Kühen kann auf unterschiedliche Weise berechnet werden, so z. B. mittels der Schätzformel nach Bannink und Hindle (2003, zitiert in DLG, 2014). Diese basiert auf dem Milchharnstoffgehalt, da bei einer laktierenden Kuh die N-Ausscheidung in engem Zusammenhang zu diesem steht.

N-Ausscheidung (g/Tag) = 124

+ (1320 * Milchharnstoff-N, g/kg Milch)

 + (1,87 * Milch-N, g/Tag)
 - (6,90 * Milchmenge, kg/Tag)

Hierbei wird davon ausgegangen, dass der Milchharnstoffgehalt zu 46 % und der Milcheiweißgehalt zu 15,674 % aus Stickstoff bestehen.

Wird mit den im LKV-Jahr 2019 durchschnittlichen Werten für die MLP-geprüften Milchkühe in S.-H. von 27,3 kg Milch, 3,48 % Milcheiweißgehalt und 228 mg Milchharnstoff/kg gerechnet (LKV, 2020), so ergibt sich hieraus eine N-Ausscheidung von 353 g N/Kuh und Laktationstag. Für die Trockenstehzeit ergibt sich, je nach Rohproteingehalt der Ration, eine N-Ausscheidungsmenge von 218 bis 237 g N/Kuh und Tag.

Unter Zugrundelegung einer beispielsweise 320tägigen Laktationszeit und einer 45tägigen Trockenstehzeit errechnet sich daraus eine N-Ausscheidung von 123 kg N/Kuh und Jahr. Verglichen mit den „Richtwerten für die Düngung 2018“ der LKSH entspricht dieses der  mittleren Nährstoffausscheidung einer Kuh in einem Grünlandbetrieb ohne Weidegang bei einer Herdenmilchleistung von 8000 kg ECM.

Würde nun angenommen, dass bei bedarfsgerechter nXP-Versorgung eine Reduzierung der Eiweißzufuhr bei den laktierenden Kühen zu einer Verringerung der RNB um ca. 1,5 g/kg TM führen kann, so wäre in Anlehnung an die Fütterungsversuche damit womöglich der Milchharnstoffgehalt auf ca. 200 mg/kg zu reduzieren. Unter Zugrundelegung der bisherigen Milchleistung von 27,3 kg und dem gleichen Milcheiweißgehalt von 3,48 %, würde sich die N-Ausscheidung auf 117 bis 118 kg/Kuh und Jahr verringern, also um ca. 5 bis 6 kg und die damit für die N-Bilanzierung notwendige Mindestfläche je Durchschnittsbetrieb um 4,5 % gegenüber der jetzigen Situation reduzieren.

Stickstoffbilanzierung

Die N-Bilanzierung kann auf unterschiedliche Weise berechnet werden. Die Möglichkeit der Anwendung der auf dem Milchharnstoffgehalt basierenden Schätzgleichung nach Bannink und Hindle (2003) ist bereits erwähnt worden. Darüber hinaus kann ebenfalls die Berechnung der N-Ausscheidung nach dem in der DLG-Broschüre „Bilanzierung der Nährstoffausscheidungen landwirtschaftlicher Nutztiere“ (2014) beschriebenen Vorgehen, differenziert nach den unterschiedlichen Produktionsverfahren, erfolgen.

Für das Produktionsverfahren Milcherzeugung werden hierbei Angaben zur Futteraufnahme, zum Rohproteingehalt im Futter, zur Milchmenge und zum Milcheiweißgehalt benötigt. Als Ausgangspunkt werden wieder die Milchleistung von 27,3 kg und der Milcheiweißgehalt von durchschnittlich 3,48 % der im Jahr 2019 MLP-geprüften Kühe in S.-H. herangezogen. Weiterhin werden eine Futteraufnahme dieser Kühe von 18,8 kg TM und ein Gehalt an Rohprotein und an nXP von jeweils 160 g/kg TM unterstellt. Somit ergibt sich nun eine N-Ausscheidung der laktierenden Kuh von 332,5 g je Laktationstag (Tabelle 3; Spalte „gegenwärtige Situation“).

Tabelle 3: N-Bilanzierung für die Milcherzeugung auf der Berechnungsgrundlage der Milchmenge, des Milcheiweißgehaltes, der Futteraufnahme und des Eiweißgehaltes im Futter (nach DLG, 2014)

Würde anstatt der 18 kg TM eine Futteraufnahme von nur 17,3 kg TM unterstellt, bei ansonsten unveränderten Werten, reduziert sich die N-Ausscheidung auf 294,1 g je Kuh und Tag (Tabelle 3, Variante I). Ein um 10 g/kg TM höherer unterstellter Rohproteingehalt (Tabelle 3, Variante II) wiederum lässt die N-Ausscheidung im Vergleich zur Ausgangssituation um 30 g/Kuh und Tag ansteigen. Unter Berücksichtigung der N-Ausscheidungen der Tiere während der Trockenstehzeit würden sich damit 116 kg (gegenwärtige Situation), 104 kg (Variante I) bzw. 126 kg N je Kuh und Jahr (Variante II) ergeben.

Bei dieser Berechnungsgrundlage wird deutlich, wie groß der Einfluss der unterstellten Futteraufnahme und des Rohproteingehaltes in der Futterration ist.

Beispielrechnungen zeigen, dass die Nutzung der Schätzgleichung von Bannink und Hindle (2003) auf der Grundlage betriebsindividueller Milchharnstoffgehalte gegenüber der Anwendung der Standardwerte und der Berechnung auf der Basis der Milchmenge und des Milcheiweißgehaltes sowie der kalkulierten Futteraufnahme und eines unterstellten Eiweißgehaltes im Futter, nach DLG (2014), dann Vorteile bezüglich eines N-Einsparpotentials bringt, je höher die Milchleistung und je niedriger der Milchharnstoffgehalt sind (Tabelle 4).

Je niedriger der Milchharnstoffgehalt ist, umso vorteilhafter ist zur Berechnung der N-Ausscheidungen die Anwendung der Schätzgleichung auf der Basis des Milchharnstoffgehaltes.

Tabelle 4: Beispielberechnungen für die N-Ausscheidungen bei Anwendung verschiedener Berechnungsgrundlagen

FAZIT

Aus den Milchharnstoffgehalten einerseits und bei bekannter Fütterung andererseits lässt sich relativ gut auf die N-Ausscheidung schließen. Das setzt die Kenntnis der Rationskennzahlen, v.a. im Bereich der Eiweißversorgung, und des Futterverbrauches (TM-Aufnahme je Tier und Tag) voraus. Insofern ist ein gutes Fütterungscontrolling die Basis für eine nährstoffangepasste Fütterung.

Eiweißreduzierungen sind auch bei laktierenden Milchkühen, selbst bei sehr hohen Leistungen, möglich. Wichtig bleibt dabei aber immer eine bedarfsdeckende Versorgung mit nXP. Grundvoraussetzung dafür ist eine maximal mögliche mikrobielle Proteinsynthese. Kurzum, es geht um die Fütterung „auf einen gesunden“ Pansen und um die Vermeidung von Stoffwechselimbalanzen.

Ruminale N-Bilanzen im Bereich von 0 bis sogar -30 g/Kuh und Tag sind möglich. Je niedriger die RNB ist, umso geringer werden die N-Ausscheidungen sein, bei laktierenden Kühen gut sichtbar anhand niedrigerer Milchharnstoffgehalte. Für Letztere sind Herdendurchschnittswerte < 200 mg/kg Milch erstrebenswert. Je niedriger der Milchharnstoffgehalt ist (und je höher die Leistung), umso vorteilhafter ist zur Berechnung der N-Ausscheidungen die Anwendung der Schätzgleichung nach Bannink und Hindle (2003) auf der Basis des Milchharnstoffgehaltes.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft

Tel.: 04331/845138

Email: katrin.mahlkow-nerge[at]fh-kiel.de

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