Zur Navigation springen Zum Inhalt springen
proteinmarkt.de - Infoportal für Fütterungsberater und Landwirte
Stickstoffüberschüsse in der Schweinemast verringern, ohne auf Mastleistung zu verzichten ist das möglich?
-

Gemäß der EU-Richtlinie 2016/2284 (2016) müssen die Emissionen von Ammoniak (NH3) bis zum Jahr 2030 um 29 % reduziert werden. Da die meisten NH3-Emissionen dem Umweltbundesamt (2019) zur Folge aus der Tierhaltung stammen, bedeutet dies für die deutsche Landwirtschaft, dass sie zukünftig vor der Herausforderung steht, die NH3-Emmissionen weiter zu reduzieren. 

Eine zu geringe Proteinversorgung in der Jugendphase des Mastschweins führt zu einem geringeren Fleischansatz und kann nicht mit einer höheren Proteingabe in der Endmast kompensiert werden.

Zu hohe Proteingaben in der Endmast belasten den Stoffwechsel, da überschüssiges Protein in der Leber abgebaut werden muss. Zugleich entstehen unnötige, die Umwelt belastende Ammoniakemissionen. Die größte Eintragsquelle von Stickstoff in den landwirtschaftlichen Betrieben sind die Proteinträger. Ein eingeschränkter Einsatz von Proteinträgern in der Ration soll keine Nachteile auf die biologischen Leistungen sowie Schlachtkörperqualitäten haben, da diese beiden Faktoren die Liquidität und Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe verringern.

Die moderne Fütterung bietet viele Möglichkeiten N- und P einzusparen

Versuchsaufbau

Im Rahmen einer Masterarbeit am Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest (FH Südwestfalen) wurde ein Fütterungsversuch in Kooperation mit der Firma SALVANA TIERNAHRUNG GmbH durchgeführt. Ausgangsfragestellung war dabei, inwieweit sich eine Rohprotein (XP)-reduzierte Fütterung auf die biologische Leistung sowie auf die Schlachtleistung auswirkt. Die essenziellen Aminosäuren (AS) wurden bedarfsgerecht supplementiert, inklusive Valin und Isoleucin über kristalline AS (GfE, 2006). Eine leistungsangepasste Versorgung mit den Aminosäuren Leucin und Histidin wurde über die Rohwaren sichergestellt. 

Der Praxisversuch wurde in zwei landwirtschaftlichen Betrieben in Schleswig-Holstein (Betrieb A) und Niedersachsen (Betrieb B) durchgeführt. Hierbei beschränkte sich der Versuch auf die Endmastphase von 80 – 125 kg Lebendgewicht (LG). In der Kontrollgruppe (KG) wurde eine (sehr) stark reduzierte XP-Ration eingesetzt. Gegenübergestellt wurde eine Ration für die Versuchsgruppe (VG) mit einer noch weiter abgesenkten XP Versorgung. Der XP-Gehalt lag in der VG zwischen 12 – 12,7 % XP. Der P-Gehalt war in KG und VG auf einem stark reduzierten Versorgungsniveau. In der Tabelle 1 sind die Rationszusammensetzungen im Endmastfutter der beiden Versuchsbetriebe aufgeführt.

Tabelle 1: Rationszusammensetzung im Endmastfutter der Betriebe

Die Anpassung der Versorgung mit essenziellen AS erfolgte auf Basis verdaulichen AS des jeweiligen Leistungsniveaus der Betriebe. Das Leistungsniveau für den Betrieb A lag bei 1.050 g Lebendmassezunahme (LMZ) und für Betrieb B bei 950 g LMZ. In beiden Futtermischungen wurden Phytase und NSP-spaltendes Enzym in gleicher Konzentration dosiert (500 – 1000 FTU Phytasen; 100 mg/kg NSP-Enzyme). Der Phosphorgehalt war für die jeweiligen Gruppen der Betriebe identisch, um den Faktor Phosphor für die Auswertung auszuschließen. Wie auch bei den AS wurde der P-Bedarf auf Basis verdaulichem P ermittelt unter Berücksichtigung der Phytaseaktivität. Für die KG und die VG war das Aminogramm jeweils identisch, so dass es zu keinen Unterschieden in der Versorgung an essenziellen AS kam.

Um die biologischen Daten in den beiden Betrieben zu erfassen, wurden die Tiere zum Versuchsbeginn sowie kurz vor dem Schlachten gewogen. Die Gewichtsspanne beim Einwiegen der Tiere lag zwischen 77 – 85 kg. Vor der Vermarktung wiesen die Tiere ein durchschnittliches Lebendgewicht von etwa 125 kg auf. 

Alle Tiere wurden über FOM klassifiziert und für die Auswertung wurden die Parameter Schlachtgewicht (SG), Magerfleischanteil (MFA), Fleischmaß (FM) und Speckmaß (SM) herangezogen. 

In Betrieb A wurde der Fütterungsversuch an 1.391 Tieren und in Betrieb B an 208 Tieren durchgeführt. Im Betrieb A wurden die Ferkel als Kreuzungstiere der „DanZucht“ Genetik, mit Piétrain auf der paternalen Seite zugekauft. Auf dem Betrieb B handelte es sich um Kreuzungstiere der db. Viktoria in Anpaarung mit dem 77 Eber. Bei dem durchgeführten Versuch erfolgte keine Trennung nach dem Geschlecht der Tiere.

Erzielte Mastleistungen im Versuch

In der folgenden Tabelle 2 sind die biologischen Leistungen der beiden Betriebe aufgeführt, die über den Versuchszeitraum ermittelt wurden. In der Endmastphase auf dem Betrieb A erreichten die Tiere in der KG eine LMZ von 1.020 g/Tag. Im Vergleich zur VG lag die LMZ um 4 g niedriger. Die Tiere aus der VG nahmen 0,3 kg mehr Futter im Vergleich mit der KG auf. 

Im Endmastbereich auf dem Betreib B der KG LMZ von 921 g/Tag, welches im Vergleich mit der VG einer um 9 g höheren LMZ (912 g) entspricht. Hier zeigten die Schweine der KG eine um 3.9 kg höhere Futteraufnahme. 

Der Tabelle 3 ist zu entnehmen, dass über den gesamten Zeitraum des Versuches die Mastgruppen beider Versuchsbetriebe einen relativ gleichen Verlauf in den biologischen Leistungen aufwiesen. Da die biologischen Daten zum Großteil Gruppendaten sind, konnte hierfür keine statische Auswertung erfolgen. In dem Betrieb B konnte jedoch aufgrund der Verwendung der RFID Ohrmarken die LMZ der Tiere statistisch ausgewertet werden. Dabei wurden keine gesicherten Unterschiede bei den ermittelten LMZ analysiert. Die Differenz bei den ausgewerteten Tierzahlen liegt daran, dass in dem Betrieb A ein Teil der Tiere auf dem Schlachthof nicht zugeordnet wurden. In dem Betrieb B sind diese Differenzen mit den Verlusten zu erklären die während der Mast auftraten. Des Weiteren lagen die erreichten biologischen Leistungen in den beiden Betrieben auf einem hohen Niveau. 

Tabelle 2: Ergebnisse der biologischen und Schlachtleistungen

Bei der Betrachtung der Ergebnisse der Schlachtkörperauswertung aus der Tabelle 2 wird deutlich, dass sich in Betrieb A die SG signifikant voneinander unterscheiden. Die Schweine der VG erreichten ein um 1,54 kg höheres SG. Bei dem Vergleich der Parameter MFA, FLM und SM sind die ermittelten Unterschiede nicht signifikant.

Im Betrieb B lagen bei der VG die SG etwas höher und das FLM tendenziell günstiger. Die KG erreichte dagegen eine etwas bessere Ausschlachtung sowie leicht überlegenen MFA und etwas geringeres SM. Aber auch hier sind die Differenzen nicht statistisch signifikant abzusichern.

Für die Ermittlung der biologischen Daten für die gesamte Mast wurden für beide Gruppen das Einstallgewicht sowie die Futterverbräuche identisch gehalten, so dass die Leistungsdifferenzen im Wesentlichen auf die Unterschiede in der Endmastfütterung zurückzuführen sind. In der folgenden Tabelle 3 sind die Ergebnisse der gesamten Mast aufgelistet.

Auch am Schlachtköper sind keine Unterschiede zwischen den Futtergruppen zu erkennen

Tabelle 3: Biologische Daten der beiden Betriebe

Ökonomische Auswirkungen

Für die Berechnung des Deckungsbeitrags (DB) wurden die erzielten Leistungen der beiden Gruppen als Grundlage verwendet. Das Futter, welches bis zum Versuchsbeginn bei den Tieren verbraucht wurde, ist für beide Gruppen gleich, da in der Vor- und Mittelmast identisches Futter gefüttert wurde. Da in dem Versuch keine signifikanten Unterschiede in den Mast- und Schlachtleistungen aufgezeigt werden konnten, wurde für die Modellberechnung in Tabelle 4 von einheitliche Mast- und Schlachtdaten ausgegangen (Einstallgewicht 30,2 kg; Verkaufsgewicht 120 kg; Schlachtausbeute 78 %).
 

Tabelle 4: Ökonomische Auswirkung unter ceteris paribus Bedingungen

Ein erhöhter Einsatz von kristallinen AS in der Ration von Mastschweinen führt in der VG zu einer Erhöhung der Mineral- und Mischfutterkosten. Dies bedeutet für die Betriebe, dass das Mischfutter um 0,39 bzw. 0,44 €/dt teurer wird, was sich auch auf die Kosten/kg Zuwachs auswirkt. Mit einer ungewöhnlich stark proteinreduzierten Fütterung erhöhten sich die Futterkosten/kg Zuwachs um 0,01 €. Insgesamt führt dies zu einem um 0,52 bzw. 0,57 € niedrigeren DB/Tier und hochgerechnet auf 1.000 Mastschweine einem Mindererlös von 520 bzw. 570 €.

Durch eine Futterumstellung auf die XP-reduzierte Variante verringert sich jedoch der Flächenbedarf nach dem N-Anfall der Betriebe um 1,5 – 1,9 ha/1.000 MS unter den Annahmen 170 kg N aus Wirtschaftsdünger und 20 % gasförmiger Verluste. Wird der geringere DB durch die eingesparte Fläche geteilt, errechnet sich für beide Betriebe ein Grenzpachtpreis in Höhe von 300 – 350 €. Da der aktuelle Pachtpreis, der in der Landwirtschaft gezahlt wird, über dem ermittelten Grenzpachtpreis von 300 – 350 €/ha liegt, lohnt sich keine zusätzliche Flächenpacht. Bei Flächenknappheit sind die Futtermehrkosten somit als eine sinnvolle ökonomische Investition anzusehen.

Für beide Betriebe sind die Folgen für die Nährstoffbilanz durch die Futterumstellung in der Tabelle 5 aufgeführt. Auch in diesem Rechenbeispiel wurde von der Obergrenze 170 kg N/ha aus Wirtschaftsdünger ausgegangen und 20 % gasförmige Verluste unterstellt.

Tabelle 5: Auswirkungen der XP-reduzierten Variante

Durch eine, wie in den Versuchen durchgeführte Reduzierung des XP-Gehaltes im Bereich der Endmast, sinkt der Flächenbedarf der Betriebe. Je nach Leistungsniveau können dadurch zwischen 8,5 – 11,4 % mehr Tiere/ha gehalten werden. 

Wenn der Nährstoffanfall in der Gülle für den Betrieb einen limitierenden Faktor darstellt, ergibt sich mit der XP-reduzierten Fütterung ein deutlicher DB-Vorteil, wie das Rechenbeispiel in Tabelle 5 zeigt. Der Stickstoffgehalt/m³ Gülle reduziert sich um 0,22 – 0,49 kg. Da die Schweine mit der proteinreduzierten Fütterung weniger Wasser aufnehmen verringert sich der Gülleanfall/10.000 MS/Jahr um 244 – 261 m³ (Meyer und Vogt 2018). In der Gesamt-Bilanz sinkt der Stickstoffanfall um 3.100 bzw. 4.000 kg und die anrechenbare N-Menge, bei angenommenen 20 % gasförmige Verlusten, um 2.480 bzw. 3200 kg. Im direkten Vergleich von KG und VG erhöht sich die maximale Ausbringmenge von Wirtschaftsdüngern/ha um 0,79 – 2,46 m³. Wird mehr Gülle auf den betriebseigenen Flächen ausgebracht, reduziert sich die Menge der Gülle um 340 – 490 m³, welche bei Flächenknappheit verkauft werden müsste. Durch die höhere Ausbringmenge/ha sinkt der Flächenbedarf/10.000 MS/Jahr um 15 – 19 ha. Ökonomisch bewertet zeigt sich dann ein DB-Vorteil zugunsten der VG in beiden Betrieben in Höhe von 5,5 bzw. 10,7 %.

Fazit

Durch den Ausgleich der ersten sechs essenziellen AS über das Mineralfutter sowie den Ausgleich von His und Leu über die Einzelfuttermittel wurden keine Einbußen bei biologischen Leistungen und der Schlachtkörperqualitäten verzeichnet.

Insbesondere die Supplementierung von Isoleucin, aber auch von Valin, in einer ungewöhnlich stark XP-reduzierten Fütterung führt zu höheren Mineralfutterkosten. Durch diese Mehrkosten in der Schweinefütterung sinken die Erlöse/MS. Der Vorteil dieser Fütterung liegt darin, dass sich der N-Eintrag des landwirtschaftlichen Betriebes verringert. Für Betriebe mit Flächenmangel reduzieren sich somit die Kosten für den Gülleverkauf, da mehr Gülle auf den eigenen Flächen ausgebracht werden kann. Für Betriebe, die keine Gülle verkaufen müssen, ist diese Art der Ressourcenschonung in Kombination einer ungewöhnlich stark XP-reduzierten Fütterung trotzdem zu empfehlen. Mit dem eingeschränkten Zukauf von Proteinträgern in den Betrieb reduziert sich auch die zugekaufte N-Menge des Betriebes. Dadurch ist es den Betrieben möglich, mehr mineralischen N-Dünger zuzukaufen. Der Einsatz von mineralischen Düngern im Ackerbau erhöht die Flexibilität den Bestand schneller und gezielter mit N zu versorgen, da mineralischer Dünger präziser und effektiver ausgebracht werden kann. 

Bei einem Kostenmehraufwand von 0,01 €/kg Zuwachs weisen die Versuchsergebnisse einen effektiven Weg die NH3-Emissionen maßgeblich zu reduzieren, um die Vorgaben der EU-Richtlinie 2016/2284 (2016) zu erreichen. Als weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil ist anzuführen, dass eine Vermeidung von Proteinüberschüssen zu einer Leberentlastung und somit steigt der Gesundheitsstatus des Schweinebestandes. 

DER DIREKTE DRAHT

Jonas Kraus,
Klein Offenseth-Sparrieshoop

Tel: +49 173 5491059

Jonas.Kraus[at]salvana.com