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Stallklima im geschlossenen Stall – worauf ist zu achten! Teil 1
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Im ersten Teil der Stallklimabetrachtungen werden die Grundlagen zur Dimensionierung der Anlagen beleuchtet. Neben den notwendigen Ansprüchen der Tiere und den daraus resultierenden Luftraten stehen die Möglichkeiten zur Temperaturreduzierung im Vordergrund.

Optimales Klima in Ställen ist Voraussetzung für beste Leistungen unserer Schweine, aber auch für die Leistungsfähigkeit der im Stall arbeitenden Personen. Oft werden erst dann Defizite im Stallklima festgestellt, wenn lüftungsbedingte Krankheitserscheinungen wie Husten oder Schwanz- und Ohrenbeißen auftritt. Höhere Schadgasgehalte, besonders im Winter, werden von vielen Tierbetreuern hingenommen, „weil das eben so ist im Winter“.

Aber gerade dort liegen die Ursachen für die oben aufgeführten Krankheiten. Hohe Schadgaskonzentrationen, aber auch zu hohe Luftbewegungen (Zugluft), reizen den tierischen Organismus und bieten damit Eintrittspforten für Krankheitserreger und wer öfter bei hohen Ammoniakgehalten Tiere sortieren, wiegen und verladen muss, der weiß, wie stark die Atmungsorgane danach beansprucht sind. Daher sollte alles Mögliche getan werden, um die Luftführung in den Ställen zu optimieren und über eine intelligente Regelung einen guten Kompromiss zwischen Energieaufwand und Luftqualität zu finden.

Schadstoffarme Luft ist Voraussetzung für gute Leistungen von Mensch und Tier

Durch die Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung hat die Luftqualität in den Ställen aber nun noch einmal eine neue Dimension erhalten. Zwar werden immer noch die Einhaltung der Maximalwerte für Luftschadstoffe von

Ammoniak: max. 20 ppm 

Kohlendioxid: max. 3000 ppm

Schwefelwasserstoff: max. 5 ppm

gefordert, aber gegenüber der älteren Fassung dieser Verordnung dürfen diese Werte nicht nur nicht dauerhaft, sondern überhaupt nicht überschritten werden. Dies stellt viele Schweinehalter vor neue Herausforderungen. Zudem haben sich die Zahlen der DIN 18910, die für die Lüftung und Wärmedämmung geschlossener Ställe maßgebend ist, geändert. Auch die neuen Forderungen, der in Änderung befindlichen TA-Luft, wird es den Schweinehaltern sicher nicht leichter machen.

DIN 18910: Planungs- und Berechnungsgrundlage zur Lüftungsdimensionierung

Die DIN 18910 ist keine Norm für das Stallklima oder die Ausführung von Lüftungsanlagen. Bei ihr handelt es sich um eine Planungs- und Berechnungsgrundlage für die Dimensionierung der Lüftung, wobei die Wärmedämmung des Stalles mit einbezogen wird. Sie wurde im Jahr 2017 neu gefasst. Aus den in der DIN aufgeführten Mengen an Wasserdampf, Kohlendioxid und Wärme, die von den Tieren abgegeben werden und den Anforderungen der Tiere im Stall an Lufttemperatur und –feuchtigkeit haben, können dann die Luftvolumenströme für Sommer- und Winterluftrate ermittelt werden. Grundsätzlich ist dabei zu sagen, dass jeder Stall separat gerechnet werden muss. Beispielhaft werden hier Zahlen zu typischen Haltungssystemen dargestellt

DIN 18910, die neue Planungs- und Berechnungsgrundlage zur Lüftungsdimensionierung

Ansprüche der Tiere entscheidend

Neben den Schadgaskonzentrationen sind für die gehaltenen Schweine besonders die Lufttemperatur und die Luftfeuchtigkeit wohlfühlrelevant, daher werden diese auch als besondere Steuerelemente in der Lüftungsberechnung einbezogen. Dabei werden für die Luftfeuchtigkeit in Ställen ohne Heizung 60 – 80 % und in Ställen mit Heizung 40 – 70 % angestrebt. Die optimalen Lufttemperaturbereiche sind für die Schweinehaltung in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Temperatur- und Luftfeuchteansprüche von Schweinen im einstreulosen, geschlossenen Stall (nach DIN 18910)

Zur Berechnung der Luftmassenströme werden dann auch noch die Wasserdampf-, Kohlendioxid- und Wärmeströme hinzugezogen. Wobei der Luftmassenstrom in der Sommersituation sicherzustellen hat, dass auch bei hoher Außentemperatur eine ausreichende Wärmeabfuhr, der von den Tieren gebildeten Wärme, möglich ist und die Stalllufttemperatur tagsüber nicht wesentlich über die Außentemperatur steigt. Für Schweine wird hier eine maximale Temperaturdifferenz von 3 Kelvin angesetzt. Gegenüber den früheren Berechnungen, für die die Sommertemperaturkarte maßgebend war, gilt diese Zahl jetzt für alle Gegenden Deutschlands.

In der Endmast im Winter nicht mehr als 18°C einstellen

Der Luftmassenstrom im Winter wird jeweils auf Basis der Wasserdampf- und Kohlenstoffdioxidwerte berechnet, wobei der größere der beiden die Berechnungsgrundlage bildet.

Typische Luftraten im Schweinestall

Beispiele für die Luftraten in Schweineställen sind in den folgenden Tabellen 2 bis 4 dargestellt. Die aufgeführten Werte gelten exemplarisch für einen typischen deutschen Stall. Sie dienen nur zur ungefähren Darstellung der Luftvolumenströme im Ferkel- und Mastbereich.

Tabelle 2: Luftraten Ferkel und Mastschweine

Tabelle 3: Luftraten für tragende Sauen (im Wartestall) gemäß DIN 18910

Tabelle 4: Luftraten für säugende Sauen einschließlich Ferkel (Abferkelabteil) gemäß DIN 18910

Betrachtet man sich die Werte, werden Unterschiede zu den alten Berechnungen deutlich. Etwa um 20 % liegen die benötigten Luftvolumenströme unter den alten Werten. Damit treffen diese Werte die Erfahrungen aus der Praxis deutlich besser als früher. Mit geringeren Luftvolumenströmen gehen natürlich auch Einsparungen in Investitionskosten und Energiekosten für die Lüftung einher. Besonders deutlich wird das dort, wo eine Abluftfilterung vorgeschrieben ist.

Nach der neuen DIN liegen die Luftraten um ca 20% niedriger

Zuluftkühlung wir angerechnet

Bei der Berechnung der notwendigen Luftvolumenströme und damit auch der Ventilatorgrößen bietet die neue DIN noch einen entscheidenden weiteren Vorteil. Wird nämlich eine nachvollziehbare und berechenbare Kühlung der Zuluft eingesetzt, kann dieses auf die zu planenden Luftvolumenströme angerechnet werden. D. h. im Optimalfall brauchen für den Sommer nur 50 % der Ventilatorkapazitäten eingebaut und betrieben und gleichzeitig die Abluftreinigungsanlage entsprechend geringer ausgelegt zu werden.

Die Kühlleistungen müssen allerdings von einem Prüftinstitut oder dem Hersteller belegt werden. Technische Kühlungen sind z. B. durch die Integration von Kühlaggregaten in den Zuluftstrom möglich. Bauliche Kühlungen wie Erdreich-Wärmetauscher und Unterflurzuluftsystem werden anerkannt. Adiabatische Kühltechniken wie z. B. Befeuchtungskühlungen, sind nicht anrechenbar. Grund dafür ist die Erhöhung der relativen Luftfeuchte durch diese Kühlungen. Es können dabei Situationen entstehen, in denen die Wasserdampfabgabe für die Tiere stark eingeschränkt ist. Situationen in denen 65 kJ/kg Luft überschritten werden müssen unbedingt vermieden werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn bei einer Luftfeuchte von 80 % die Temperatur 24,5 °C übersteigt.

Kühlung im Sommer ist mit vielen Systemen machbar

Gerade diese Kühlsysteme sind zur Zeit am weitesten verbreitet. Allen voran die Hochdruckverneblung von Wasser. Natürlich bringt sie eine Abkühlung der Luft und damit Erleichterungen für die Tiere. Allerdings sollte sie so eingestellt werden, dass eine Luftfeuchtigkeit von 80 % nicht überschritten wird und sie dann automatisch abschaltet. Dies ist besonders in Situationen mit einer sehr hohen Luftfeuchte in der Außenluft wichtig. Zudem sollte sie so arbeiten, dass eine zu starke Befeuchtung des Bodens ausbleibt, der sonst für die Schweine zu glatt würde.

Hochdruckverneblungsanlage

Weitere Möglichkeiten die Kühlwirkung von verdunstendem Wasser zu nutzen sind selbstgebaute Verrieselungsflächen im Wandbereich, oder die Nutzung von fertigen „Coolpads“, bei denen die Zuluft durch mit kühlem Wasser berieselten Gewebestrukturen gezogen wird.

In den USA werden riesige Coolpads eingesetzt

Einfache Selbstbauten zur Befeuchtung der Zentralgänge über zeitgesteuerte Wasserdüsen sind eine preisgünstige Variante, allerdings zumeist nicht so leistungsfähig, zudem erhöhen sie die Gefahr des Ausrutschens des Betreuungspersonals.

Eine direkte Kühlwirkung durch Wasserbenetzung der Schweine finden wir zur Zeit in Vorrichtungen die automatisch (Mikrosuhle) oder vom Schwein gesteuert (Schweine-Buzzer) eine Art Dusche bilden und das Wasser direkt auf den Körper der Schweine abgeben. Hierbei hat sich allerdings gezeigt, dass Systeme von Schweinen besser angenommen werden, je stärker der Wasserstrahl ausfällt. Das heißt aber auch höherer Wasserverbrauch und zumeist damit höhere Güllemengen.

Schweinebuzzer

Optimal, so die Aussagen der Verhaltensforscher, sind allerdings tatsächliche Suhlen mit wassergefüllten Flächen in wenigen Zentimeter tiefen Kuhlen. Diese sind vor allem im Biobereich und in labelgebundenen Außenklimaställen zu finden, die mit Flächenangeboten von jenseits von 1,5 m² pro Mastschwein arbeiten. Im geschlossenen und mit perforiertem Boden versehenen Stall sind sie allerdings schwierig einzubauen.

Direkte Luftkühlung durch Wärmetauscherprinzip

Ohne eine Erhöhung der relativen Luftfeuchte im Tierbereich arbeiten viele Systeme nach dem Wärmetauscherprinzip. Sehr aufwändig, aber auch leistungsfähig, ist da zum Beispiel die Kühlung der Zuluft durch im Boden verlegte Kunststoffrohre. Dieser Erdwärmetauscher bietet sich vor allem bei Neubauten an. Kühlleistungen von bis zu 5 oder mehr Grad sind dabei drin. Aber auch Ställe „auf Stelzen“ sind im Angebot. Dabei wird der Stall auf Ringfundamente gebaut und die Sohle der Güllewannen befinden sich 20 oder 30 cm über dem gewachsenen Boden. Durch diesen Bereich wird dann die Zuluft gezogen, im Winter angewärmt und im Sommer gekühlt. Eigene Untersuchungen haben gezeigt 3-5 ° Kühlleistung können erzielt werden.

Ebenfalls möglich ist die Kühlung der Zuluft in zentralen Zuluftkanälen durch dort integrierte Batterien von Kunststoffrippen, die mit kaltem Wasser durchflossen sind und so die Zuluft direkt kühlen.

Wird die aktive Kühlung nur für besonders sensible Bereiche wie die Abferkelställe eingerichtet, besteht auch die Möglichkeit vorhandene Warmwasserheizkanonen als Kühlelemente einzusetzen.

Agrargenossenschaft Elbeland Scharlibbe setzt auf Kühlung durch Brunnenwasser

Dieses wurde in der Agrargenossenschaft Elbeland Scharlibbe ausprobiert.

Im Zentrum dieses Projektes steht Brunnenwasser, das zur Kühlung der Ställe genutzt wird.

Grundsätzlich wird im Sommer eine sehr hohe Luftrate angesetzt, damit die erzeugte Wärme der Tiere im Stall abgeführt werden kann. Anzustreben sind dabei Stalltemperaturen, die maximal 1 – 2 °C über denen der Außenluft liegen dürfen. Dies entsprechen in etwa 200 – 500 m³ pro Sau und Stunde. Wird mit einer zusätzlichen Kühlung der Luft gearbeitet, kann und muss diese Maximalluftrate deutlich unterschritten werden. In Scharlibbe hat man bei den Berechnungen des Kühlbedarfes mit 30 – 40 % der Maximalluftrate gerechnet.

Wasser-Luft Wärmetauscher im Abferkelstall

Berücksichtigt wurden bei der Ermittlung der Kühlleistung die Wärmeproduktion der Sauen und die zusätzliche Kühlung der warmen Zuluft bei einer Luftmenge von ca. 80 m³ / Sau / Stunde, was in etwa 30 % der Maximalluftmenge entspricht.

Daraufhin wurden verschiedene Warmluftgebläse, die auf Basis eines Wasser-Luft-Wärmetauschers funktionieren, getestet. Jetzt allerdings nicht mit warmen, sondern mit kaltem (ca. 12 Grad Celsius) Wasser betrieben.

Entschieden hat man sich für zwei verschiedene Geräte von Wolf und Reventa, die eine Kühlleistung von ca. 6 – 8 KW generieren. Im 54er Abteil hängen jetzt 3 Wärmetauscher, die jeweils über einen Lüftungscomputer, der eigens dafür angepasst wurde, gesteuert werden. 

Die tatsächliche Kühlleistung ist in Abb. 1 zu erkennen. Deutlich wird, dass durch die einsetzende Kühlung die Temperaturspitzen am Nachmittag deutlich gebrochen werden. Hier hat es die Kühlung geschafft, die Stalltemperatur zwischen  4 und 7 Kelvin unter der Außentemperatur zu halten.

Abbildung 1: Temperaturverläufe der Außen- und Stalltemperatur vom 23.6 – 25.6.2016

Beste Ressourceneffizienz durch Unterflurzuluftkühlung

In der Dissertation von Joachim Pertagnol wurde vor einigen Jahren verschiedene Kühlverfahren am Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg für Schweinehaltung miteinander verglichen. Dies waren die Systeme Hochdruckbefeuchtung, Kühlpad, Unterflurzuluft sowie eines Referenzabteils ohne Kühlung.

Die Stallklimamessungen zeigten bei allen Kühlungsvarianten einen positiven Effekt auf die Abteilinnentemperatur an heißen Tagen. Die größte Kühlleistung erbrachte das Kühlpad, gefolgt von Unterflurzuluftführung und Erdwärmetauscher. Die geringste Kühlleistung erbrachte die Hochdruckbefeuchtung. Alle Systeme waren allerdings in diesem Punkt von ihrer Dimensionierung abhängig.

Erdwärmetauscher

„Hinsichtlich der Ressourceneffizienz war das Unterflurzuluftsystem klar im Vorteil. Bei diesem wurde durch den geringen Unterdruck im Abteil der geringste Stromverbrauch für den Abluftventilator gemessen, zudem wurden zum Kühlen keine zusätzlichen Ressourcen benötigt. Weiterhin war auch eine Wärmegewinnung an kälteren Tagen möglich. Der Erdwärmetauscher zeigte die gleichen Vorteile, nur war der Luftwiderstand höher, wodurch ein höherer Stromverbrauch für den gleichen Luftvolumenstrom nötig war.“

Hinsichtlich der Kosten erwies sich die Unterflurzuluft als vorteilhaft. Hier konnten je nach Ansatz für den zusätzlichen Wärmegewinnungseffekt sogar die baulichen Mehrkosten gegenüber dem Referenzabteil gedeckt und weitere Energiekosten eingespart werden. Das teuerste System war die Hochdruckbefeuchtung. Nicht zuletzt hinsichtlich der Funktionssicherheit war dieses am störanfälligsten und wartungsintensivsten durch verstopfte Düsen. 

Die meisten Vorteile bei dieser Untersuchung zeigte die Unterflurzuluft. Dieses System eignet sich jedoch nur für Neubauten, während als Nachrüstungsvariante eines Kühlungssystems das Kühlpad die besten Ergebnisse erzielte. Ob die Kühlleistung des Kühlpads auch in der Lüftungsdimensionierung angerechnet werden kann ist fraglich, da es ebenfalls die Luftfeuchte erhöht.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Manfred Weber
Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau Sachsen-Anhalt
E-Mail: manfred.weber[at]llg.mule.sachsen-anhalt.de
Tel.: 039-3906283