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Möglichkeiten der Methanreduzierung
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Forschung: intensiv, aber erst am Anfang

Deutschland verfolgt in seinem Klimaschutzgesetz das Ziel, bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen. Um dieses zu erreichen, müssen die Emissionen aller Bereiche bis 2030 um 65 % gegenüber 1990 reduziert werden. Was die im Zuge der Wiederkäuerverdauung entstehenden CH4-Emissionen betrifft, müssten diese bis 2030 auf 853.000 Tonnen (2020: 927.000 Tonnen) gesenkt werden.

Davon abgesehen, haben Wissenschaftler des Forschungsinstitutes für Nutztierbiologie (FNB) in Dummerstorf herausgefunden, dass seit 2003 die jährlichen CH4-Emissionen geringer sind als im Jahr 1892 (Kuhla und Viereck, 2022). Für diese Erkenntnis wurden Daten der deutschlandweiten Viehzählungen der Jahre 1872, 1883 und 1892 ausgewertet. Aus den Körpergewichten wurde auf die Futteraufnahme der Tiere geschlossen. Angaben zur Fütterung und zur Fleisch- und Milchproduktion im 19. Jahrhundert stammten aus anderen Literaturquellen. Mit Hilfe dieser Informationen und standardisierter Schätzgleichungen erfolgte die Berechnung des Methanausstoßes.

So betrugen die CH4-Emissionen aus der Viehhaltung im Jahr 1883 898.000 Tonnen und im Jahr 1892 1.060.000 Tonnen. Von 1990 bis 2021 gingen die CH4-Emissionen aus der Nutztierhaltung um 390.000 Tonnen auf 930.000 Tonnen/Jahr zurück. Begründet werden kann diese Abnahme durch die Reduzierung der Tierzahlen bei Rindern, Schafen und Ziegen. Im Jahr 1892 wurden insgesamt 12,45 Millionen „Kühe und sonstige Rinder“, 8,93 Millionen Schafe, 2,53 Millionen Ziegen und 2,33 Millionen Pferde statistisch erfasst. Derzeit werden in Deutschland 11 Millionen Rinder, 1,5 Millionen Schafe, 140.000 Ziegen und 1,3 Millionen Pferde gehalten (bmel-statistik.de).

Die einzigartige Fähigkeit von Wiederkäuern, faserreiches Futter und damit einen Großteil landwirtschaftlich erzeugter Biomasse zu verdauen und die weltweite Verbreitung von Wiederkäuern fordert die Wissenschaft heraus, CH4-Minderungsstrategien zu erforschen.

Trotzdem die Tierbestände, zumindest in Deutschland, gesunken sind und deren Produktivität stark gestiegen ist, bleibt als nationale und internationale große Aufgabe, die CH4-Emissionen zu senken, da Methan ein hohes globales Erwärmungspotenzial besitzt. Daher beschäftigen sich auch weltweit zahlreiche Wissenschaftler mit möglichen Strategien zur Verringerung der CH4-Emissionen.

In einem jüngst im Journal of Dairy Science erschienenen Artikel von Beauchemin et al. (2022) wird der aktuelle Stand der verfügbaren Strategien zur Verringerung des Methanausstoßes dargestellt und zugleich analysiert, worin die Chancen, aber auch Hindernisse bzw. Risiken liegen. Ausgewählte Aspekte hieraus werden nachfolgend wiedergegeben und stellenweise ergänzt.

1. Strategien zur Verbesserung der Tierleistung und der Effizienz der Produktion

Tiere, die mehr produzieren, fressen im Allgemeinen mehr und verdauen und fermentieren mehr Futter. Dadurch entsteht mehr Methan (CH4). Bezogen auf das Tierprodukt aber sinkt die Methanmenge, alleine schon durch den prozentual geringeren Anteil des Erhaltungsbedarfes je z.B. Kilogramm Milch, so dass ein größerer Anteil der aufgenommenen Nährstoffe für die tierische Produktion verwendet wird.

2. Auswahl von Tieren mit niedrigem Methanausstoß

Es ist mittlerweile bekannt, dass es bei der CH4-Produktion tierindividuelle Unterschiede gibt (de Haas et al., 2017). Kühe, die weniger CH4 erzeugen, wandeln das Futter effizienter in Milch um.

Eine der größten Herausforderungen bei der Auswahl von Tieren mit einer geringeren CH4-Produktion ist eine möglichst exakte Bestimmung der CH4-Erzeugung bei einer sehr großen Anzahl von Tieren in Praxisbetrieben über einen längeren Zeitraum (de Haas et al., 2021). Einen anderen Ansatz im Gegensatz zur direkten Messung ist die indirekte Abschätzung der CH4-Erzeugung anhand der Fettsäurezusammensetzung der Milch mittels Infrarotspektroskopie.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass die LKV‘s Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfahlen und Schleswig-Holstein ebenfalls Untersuchungen durchgeführt haben, die CH4-Produktion von Kühen anhand von insgesamt 200.000 Milchproben zu bestimmen. Die dabei ermittelten Werte (Ø 404 g CH4/Kuh und Tag; Spanne: 150 – 650 g CH4 pro Kuh und Tag) zeigten eine sehr gute Übereinstimmung mit den in den Klimakammern direkt gemessenen Werten für Milchkühe (BRS, 2020). Die dabei angewandte Analysemethode basiert auf einem photometrischen Verfahren mittels infrarotem Licht. Es entstehen bis zu 1.060 Absorptionswerte für eine untersuchte Milch.

Bei diesem züchterischen Ansatz muss jedoch auch auf mögliche unerwünschte Zusammenhänge zwischen der CH4-Produktion und der tierischen Produktivität geachtet werden.

3. Höhe der Futter- und Kraftfutteraufnahme

Mit steigender Futteraufnahme von Wiederkäuern verkürzt sich die Verweildauer des Futters im Pansen aufgrund schnellerer Passageraten. Das wiederum führt zu einem Rückgang des CH4-Ertrags je Kilogramm aufgenommenen Futters, obwohl andererseits die gesamten CH4-Emissionen steigen, da insgesamt mehr Futter aufgenommen und verdaut wird (Arndt et al., 2022). Gleiches gilt für die Verdaulichkeit und demnach auch für eine Steigerung des Kraftfutteranteils. Damit wiederum verbunden ist eine Reduzierung des Anteils an Strukturkohlenhydraten, eine erhöhte Pansenausflussrate und ein abgesenkter Pansen-pH-Wert, wodurch die CH4-Produktion pro kg Rations-TM sinkt (Janssen, 2010).

Die Fütterung von Kraftfutter mit schnell abbaubarer Stärke fördert die Stärkefermentation im Pansen und steigert die Propionatproduktion, wodurch die Methanogenese reduziert wird (Janssen, 2010; Ungerfeld, 2015). Eine höhere Kraftfutteraufnahme kann jedoch einerseits Pansenazidosen verursachen (Hristov et al., 2022) und lässt andererseits den Wiederkäuer stärker zu einem Nahrungskonkurrenten für den Menschen werden.

4. Einsatz von Futterfetten

Von Nahrungsfetten geht eine methanreduzierende Wirkung aus, u.a. durch deren Toxizität gegen Methanogene und Protozoen und durch deren Förderung der Propionatbildung, was ebenfalls eine geringere CH4-Produktion bewirkt (Newbold et al., 2015). Da sie außerdem weitgehend nicht fermentierbar sind, führt ein Ersatz von Kohlenhydraten durch Fette zu einer Verringerung der CH4-Emission. Das Ausmaß dieser Effekte ist aber von der Form, Quelle und Menge des zugeführten Fettes, dem Sättigungsgrad und der Länge der Kohlenstoffketten der Fettsäuren sowie der Nährstoff- und Fettsäurezusammensetzung der Ration abhängig (Patra, 2013).

Verschiedene Meta-Analysen von z.B. Beauchemin et al. (2008) und Patra (2013) zeigten eine erhebliche Variation der antimethanogenen Wirkungen von Nahrungsfetten. Diese reichten von einem Methanrückgang von 5,6 % (Beauchemin et al., 2008) bis zu 3,8 bzw. 4,3 % pro 10 g/kg (TM) zusätzlicher Fettmenge, abhängig von der Quelle (Patra, 2013; Patra, 2014). Mittelkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren, z.B. in Sonnenblumen-, Lein- und Rapsöl, sind diesbezüglich am wirksamsten (z. B. Grainger et al., 2010). So gibt es auch Bemühungen, Gräser mit hohem Fettgehalt (reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren) zu züchten (Winichayakul et al., 2008).

Grundsätzlich ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine zu hohe Fettkonzentration in der Ration die Pansenfermentation, insbesondere die Faserverdauung, beeinträchtigen kann (Patra, 2013; Patra, 2014; Arndt et al., 2022), was wiederum zu einer erhöhten Nährstoffausscheidung führt.

Letztlich müssen durch weitere Forschungen kosteneffiziente und nachhaltige Fettquellen gefunden und ihre jeweiligen Einsatzmengen benannt werden, mit der die CH4-Emissionen verringert werden können, ohne die Verdaulichkeit des Futters zu beeinträchtigen. Auch sind Studien erforderlich, um die Langzeiteffekte von Fettzusätzen zur Verminderung von CH4-Emissionen zu ermitteln.

5. Hochzuckerhaltige Gräser

Hochzuckerhaltige Weidelgräser können zwischen 250 und 350 g wasserlösliche Kohlenhydrate je kg TM aufweisen (Rivero et al., 2020). Eine hohe Konzentration an leicht verfügbaren Kohlenhydraten (WSC) im Futter verringert das Essigsäure: Propionsäure-Verhältnis im Pansen. In vitro-Studien berichten von einer geringeren CH4-Produktion bei der Verfütterung von Gräsern mit hohem Zuckergehalt gegenüber zuckerarmen Gräsern (Lovett et al., 2006). Auch in-vivo-Versuche von Zhao et al. (2016) mit frischem mehrjährigem Weidelgras, an Schafe verfüttert, zeigten moderate Korrelationen (r= -0,44 bis -0,54) zwischen der WSC-Konzentration und verschiedenen Ausprägungen der CH4-Produktion. Eine Meta-Analyse von 27 in-vivo-Experimenten ergab, dass für jeden Anstieg der WSC um 10 g/kg TM die CH4-Produktion um 0,311 g/kg TM sank (Vera und Ungerfeld, 2022).

Dieses CH4-Minderungspotenzial von zuckerreichen Gräsern scheint jedoch reduziert zu sein, wenn das Futter als Heu oder Silage konserviert wird (Staerfl et al., 2012).

Nicht zu vernachlässigen ist hierbei auch der Aspekt, dass der niedrigere XP-Gehalt von zuckerreichen Gräsern die Produktivität hochleistender Wiederkäuer negativ beeinflussen kann, wenn einerseits der Eiweißbedarf nicht gedeckt wird (Staerfl et al., 2012) und andererseits ein zusätzlicher Eiweißausgleich erforderlich ist.

In-vivo-Studien sind erforderlich, um die Auswirkungen von zuckerreichen Gräsern auf die CH4-Produktion, die Futterpflanzenerträge und die Leistung der Tiere in verschiedenen Produktionssystemen zu quantifizieren. Ferner müssen bei der Zucht von Gräsern mit hohem Zuckergehalt auch mögliche Auswirkungen auf Pilzkrankheiten und Insektenbefall weiter untersucht werden.

6. Wirkung auf die Pansenfermentation

6.1. Ionophore

Ionophore sind Polyetherverbindungen, die die Permeabilität der Zellmembranen für Ionen in grampositiven Bakterien und Protozoen erhöhen, was zu verlangsamtem Wachstum und deren Tod führt. Die meisten Zielmikroorganismen produzieren Wasserstoff. Auf diese Weise verringern Ionophore die Verfügbarkeit von Wasserstoff für die Methanogenese und verlagern die Fermentation von Essigsäure auf Propionsäure (Duffield et al., 2008).

Monensin wird in vielen Ländern routinemäßig in der Rindermast eingesetzt. Auch der Einsatz bei Milchkühen ist in einigen Ländern erlaubt. Die Auswirkungen von Monensin auf die CH4-Produktion sind allgemein gering. So berichtet die Meta-Analyse von Appuhamy et al. (2013) über durchschnittliche Rückgänge der Gesamt-CH4-Produktion von 3,6 bis 10,7 % bei Milchkühen bzw. Rindern.

Auch wenn die Verwendung von Ionophoren in der Wiederkäuerfütterung in vielen Ländern der Welt zugelassen ist, könnte angesichts der wachsenden Besorgnis über Antibiotikaresistenzen ihre Verwendung in Zukunft eingeschränkt werden.

6.2. 3-Nitrooxypropanol (3-NOP)

3-Nitrooxypropanol ist ein Molekül, das in geringen Dosen (60 bis 200 mg/kg TM) im Wiederkäuerfutter die CH4-Produktion im Pansen hemmt. In-vitro- und in-vivo-Untersuchungen hierzu finden bereits seit den 1960er Jahren statt. Zur Methanreduktion wurde 3-Nitrooxypropanol im Jahr 2012 patentiert (Duval und Kindermann, 2012).

3-NOP inaktiviert die Methyl-Coenzym-M-Reduktase, die wiederum den letzten Schritt der Methanogenese katalysiert. Das Molekül selbst wird im Pansen zu Propaniol, Nitrat und Nitrit (Duin et al., 2016). Im Durchschnitt und bei typischen Aufnahmemengen in der Rindermast (144± 82,3 mg/kg TM) und Milchkuhhaltung (81 ± 41,2 mg/kg TM) senkte 3-NOP die CH4-Produktion um 30 % (Dijkstra et al., 2018; Kim et al., 2020). Die diesbezügliche Wirkung hängt von der Konzentration im Futter ab (Yu et al., 2021) und wird negativ beeinflusst durch die NDF-Konzentration (Dijkstra et al., 2018; Yu et al, 2021).

In der EU ist 3-NOP seit April 2022 als Futtermittelzusatzstoff in der Kategorie „zootechnische Zusatzstoffe“ und in der Funktionsgruppe „Stoffe, die die Umwelt günstig beeinflussen“ zugelassen.

Die größten Hürden für die breite Anwendung von 3-NOP oder anderen chemischen Inhibitoren, die in der Zukunft entdeckt werden könnten, sind einerseits die zusätzlichen Futterkosten, wenn keine entsprechenden Produktivitätsvorteile erzielt werden, und andererseits die Schwierigkeit der längerfristigen Verabreichung an Tiere in extensiven Produktionssystemen (Hegarty et al., 2021; Ungerfeld et al., 2022).

6.3. Makroalgen

Makroalgen (Meeresalgen) haben, je nach Art, Sammelzeitpunkt und Wachstumsumgebung, eine sehr variable chemische Zusammensetzung. Sie können bioaktive Komponenten enthalten, die die Methanogenese hemmen. Rote Algen, wie Asparagopsis taxiformis und Asparagopsis armata, akkumulieren halogenierte Verbindungen, von denen Bromoform die häufigste ist (Machado et al., 2016). Methanhalogenierte Analoga reagieren mit Vitamin B12 und blockieren den letzten Schritt der Methanogenese (Wood et al., 1968). Andere Algen enthalten Polysaccharide, Proteine und Peptide, Bakteriozine, Lipide, Tannine, Saponine und Alkaloide, die die CH4-Produktion durch Unterdrückung von Archaeen und Protozoen reduzieren und in einigen Fällen eine unerwünschte Verringerung der Abbaubarkeit von Nährstoffen verursachen (Abbott et al., 2020).

In-vivo-Studien mit Schafen, Ochsen und Milchkühen zeigten dosis- und rationsabhängige Rückgänge der CH4-Produktion zwischen 9 und 98 % durch die Zugabe von Asparagopsis zum Futter (Li et al., 2018; Roque et al, 2019, 2021; Kinley et al., 2020; Stefenoni et al., 2021). Ein erheblicher Rückgang der Methanbildung bei Rindern wurde auch in einer Meta-Analyse von Lean et al. (2021) bestätigt. Es gibt jedoch erste Bedenken, dass Asparagopsis auf lange Sicht an Wirkung verlieren könnte (Hristov et al., 2022).

Grundsätzlich sind weitere Rückstands- und Unbedenklichkeitsstudien erforderlich, einschließlich der Auswirkungen auf die Organhistologie der behandelten Tiere (Glasson et al., 2022). Bei anderen Algen hängen die potenzielle Toxizität und Rückstände in Fleisch und Milch vom Gehalt an toxischen Mineralien und der Aufnahmemenge ab. Folglich ist die Einführung von Asparagopsis davon abhängig, ob die Alge nachhaltig in Aquakultur- oder Meeressystemen mit konstanter Konzentration der Wirkstoffe gezüchtet werden kann und diese Wirkstoffkonzentrationen beim Transport, der Lagerung und der Verfütterung erhalten bleiben. Auch müssen die Konzentrationen von Mineralien wie Jod kontrolliert werden, damit die Übertragung auf tierische Produkte sichere Grenzwerte nicht überschreitet. Darüber hinaus muss die Fütterung von Asparagopsis vor einer breiten Einführung von den Behörden genehmigt werden.

Es sind weitere in-vivo-Untersuchungen zur Bestimmung der Methanminderung und der Produktivitätsveränderungen unter verschiedenen Fütterungs- und Managementbedingungen für zahlreiche Algen erforderlich (Lean et al., 2021).

6.4. Ätherische Öle

Ätherische Öle sind komplexe Gemische aus flüchtigen lipophilen Sekundärmetaboliten, die für den charakteristischen Geschmack und Duft einer Pflanze verantwortlich sind (Benchaar und Greathead, 2011). Wenn sie extrahiert und konzentriert oder chemisch synthetisiert werden, können ätherische Öle antimikrobielle Aktivitäten gegen Bakterien und Pilze ausüben (Chao et al., 2000). Grampositive Bakterien sind offenbar empfänglicher für die antibakteriellen Eigenschaften ätherischer Öle als gramnegative Bakterien. Im Pansen vorkommende grampositive Bakterien sind an Gärungsprozessen beteiligt, die mit der Produktion von Methan durch die Freisetzung von Wasserstoff einhergehen (Owens und Goetsch, 1988).

Ätherische Öle, wie z.B. aus Oregano, Thymian oder Knoblauch, können auch die Methanogenese im Pansen hemmen.

Ätherische Öle aus Oregano, Thymian und Knoblauch haben in-vitro gezeigt, dass sie die CH4-Produktion verringern können (Cobellis et al., 2016). In-vivo aber waren die Ergebnisse weniger deutlich (Benchaar und Greathead, 2011; Hristov et al., 2022). Bei den empfohlenen Dosen dürften ätherische Öle für Tiere nicht giftig sein. Es ist aber unbedingt auf die richtige Dosierung zu achten.

Ätherische Öle haben ein breites Spektrum an antimikrobieller Aktivität. Die Herausforderung bleibt die Identifizierung ätherischer Öle mit relativ konsistenten Zusammensetzungen, die selektiv die Methanogenese im Pansen hemmen, ohne die Verdauung und Produktivität der Tiere zu beeinträchtigen.

Da ätherische Öle sehr flüchtig sind, werden die meisten kommerziellen Produkte beschichtet und formuliert, um die Freisetzung des Wirkstoffs zu kontrollieren, sobald sie dem Tierfutter zugesetzt werden. Allerdings sind einige ätherische Öle instabil und ihre Wirksamkeit kann auch durch unsachgemäße Lagerung oder Hitzeeinwirkung bei der Herstellung von Futtermitteln, z. B. durch Extrusion oder Pelletierung, beeinträchtigt werden.

Es sind mehr in-vivo-Studien notwendig, um die Wirksamkeit von ätherischen Ölen zu bestimmen. Von den mehr als 3000 ätherischen Ölen müssen in weiteren Untersuchungen die wirksamsten Öle zur Reduzierung der CH4-Produktion ermittelt werden. Viele der in-vitro wirksamen Konzentrationen sind zu hoch für in-vivo-Anwendungen. Daher sind weitere Forschungen notwendig, um die optimalen Dosen unter verschiedenen Fütterungsbedingungen zu ermitteln. Auch werden Langzeitstudien am Tier benötigt, um zu untersuchen, inwieweit sich die Mikroben ggf. an diese Stoffe anpassen. Zudem sind weitere Versuche notwendig, um mögliche Auswirkungen auf die Fleisch- und Milchqualität herauszuarbeiten.

6.5. Gerbstoffe und Saponine

Mehrere sekundäre Pflanzenstoffe, darunter Tannine und Saponine, wurden auf ihr Potenzial zur Verringerung der CH4-Produktion von Wiederkäuern untersucht (Jayanegara et al., 2012; Kozłowska et al., 2020). Tannine haben nachweislich eine antimethanogene Wirkung, indem sie direkt einige Methanogene hemmen und die Anzahl von Protozoen reduzieren (Aboagye und Beauchemin, 2019). Ein Teil des Methanrückgangs kann auch auf einen Rückgang der Futteraufnahme und Nährstoffverdaulichkeit zurückzuführen sein, mit unerwünschten Auswirkungen auf die Produktivität. So ergab eine Meta-Analyse von Aboagye und Beauchemin (2019) einen linearen Rückgang der CH4-Produktion von 3,53 % (R2= 0,47) je Zugabe von 10 g/kg TM. Allerdings war die Methanreduzierung mit einer Abnahme der Verdaulichkeit der organischen Masse von 2,6 % pro 10 g/kg TM-Zugabe verbunden.

Perspektivisch sind weitere Fütterungsstudien erforderlich, um die optimalen Konzentrationen verschiedener Quellen von kondensierten und hydrolysierbaren Tanninen zu ermitteln. Darüber hinaus sollten die Auswirkungen auf die Futteraufnahme, Verdaulichkeit, Tierleistung und Gesundheit (z.B. Verhinderung und Parasitenbekämpfung) ebenfalls berücksichtigt werden.

Saponine sind strukturell vielfältige Moleküle, deren antimethanogene Wirkung hauptsächlich auf einer Hemmung der Pansenprotozoen und assoziierten Methanogenen beruht (Adegbeye et al., 2019). Die diesbezüglichen Effekte hängen sehr von der Quelle, der chemischen Struktur, der Dosis der Saponine, der Zusammensetzung des Futters und der Wahrscheinlichkeit, dass sich die Pansenmikroben an den Abbau von Saponinen anpassen, ab. Eine Meta-Analyse von in-vitro-Studien ergab, dass die CH4-Erzeugung mit steigender Saponindosis kurvenförmig abnimmt (Jayanegara et al., 2014). In vielen dieser in-vitro-Studien wurde mit relativ hohen Dosierungen gearbeitet, die aber (Konzentrationen > 5 % TM) für Tiere toxisch sein können. Werden die in-vitro-Ergebnisse von Jayanegara et al. (2014) extrapoliert, wird ein 1,32 %iger Rückgang der Methanbildung pro Zugabe von 10 g/kg TM zu erwarten sein, jedoch mit erheblichen Schwankungen in der Methanreduktion bei den niedrigen Saponinen-Konzentrationen, die typischerweise in Wiederkäuerfuttermitteln enthalten sind.

In-vivo-Studien gibt es dazu erst wenige, und die Ergebnisse waren unterschiedlich. Daher sind weitere Fütterungsversuche erforderlich, um die optimalen Konzentrationen der verschiedenen Saponinquellen zu ermitteln.

6.6. Direkt gefütterte Mikroorganismen

Lebende Mikroorganismen können, wenn sie aufgenommen werden, die Pansenfermentation verändern. Sie werden normalerweise dem Futter zugesetzt, um die Faserverdauung oder die Laktatverwertung zu verbessern, was wiederum den pH-Wert im Pansen stabilisieren kann. Darüber hinaus können sie auch die Methanbildung beeinflussen, indem sie den vorhandenen Wasserstoff in alternative Wege umleiten, so dass dieser nicht mehr zur Methanogenese genutzt werden kann (Jeyanathan et al., 2014).

Ein weiterer Ansatz ist die Verwendung von Bakterien, die das Wachstum von Methanogenen hemmen (Jeyanathan et al., 2014). Hefen und der Fadenpilz Aspergillus oryzae wurden ebenfalls auf ihre Auswirkungen auf die CH4-Produktion untersucht (Jeyanathan et al., 2014). Die herausgefundenen Effekte dabei waren unterschiedlich, was darauf zurückzuführen sein könnte, dass derartige Mikroorganismen nicht auf diese Fähigkeit hin selektiert wurden (Jeyanathan et al., 2014). Obwohl in einigen in-vitro-Experimenten eine Beeinflussung der CH4-Erzeugung stattfand, wurden diese Ergebnisse selten in-vivo bestätigt. Dies kann durch die in-vitro eingesetzten hohen Dosen direkt gefütterter Mikroorganismen erklärt werden, welche jedoch in-vivo nicht anwendbar sind.

Zudem muss geklärt werden, ob die Zugabe von methanbildungsreduzierenden Mikroorganismen ggf. nachteilige Effekte auf die Tierleistungen hat. Auch sind weitere Untersuchungen bezüglich des Einflusses auf die Verdaulichkeit und die Güllezusammensetzung notwendig.

7. Strategien für eine frühzeitige Reduzierung

Die weltweiten Bemühungen zur Verringerung der CH4-Emissionen treiben erhebliche Investitionen und Innovationen im privaten und öffentlichen Sektor voran. Jüngste Fortschritte bei der Charakterisierung des Pansenmikrobioms, der Genomsequenzierung von Pansen-Methanogenen und einer eingehenden Analyse der enzymatischen Wege der Methanogenese führen zu neuen Methanminderungsansätzen (Huws et al., 2018). Diese werden in den kommenden Jahren wahrscheinlich noch mehr.

7.1. Immunisierung gegen Methanogene

Bereits vor über 20 Jahren wurde mit der Entwicklung eines antimethanogenen Impfstoffs, der das Immunsystem der Tiere zur Produktion von Antikörpern gegen Methanogene anregt, begonnen. Eine solche Impfung induziert nachweislich die Antikörper im Serum (Subharat et al., 2015; Zhang et al., 2015). Die Ergebnisse in den in-vitro-Mischkulturen sind aber recht unterschiedlich und zeitabhängig (Cook et al., 2008) und die Auswirkungen auf die CH4-Produktion in-vivo war bisher nur gering oder gar nicht messbar (Wright et al., 2004; Williams et al., 2009; Zhang et al., 2015). Das könnte möglicherweise auf eine fehlende Breitspektrum-Wirksamkeit des Impfstoffs auf die sehr inhomogene methanogene Pansengemeinschaft zurückzuführen sein (Williams et al., 2009). Zudem sind die Unterschiede zwischen den Tieren einerseits und im Pansenmikrobiom andererseits eine Herausforderung für die Entwicklung eines anwendbaren Impfstoffs.

7.2. Intervention in der frühen Lebensphase

Im Gegensatz zu erwachsenen Wiederkäuern durchlaufen prä-ruminierende Tiere verschiedene Stadien der mikrobiellen Besiedlung. Daher wären Eingriffe in der frühen Lebensphase möglich, um das Mikrobiom so zu verändern, um spätere CH4-Emissionen zu beeinflussen. Derartige Versuche befinden sich aber noch ganz am Anfang und es gibt widersprüchliche Ergebnisse.

Ziegenkitze, die 3 Monate nach der Geburt Bromchlormethan erhielten, erzeugten 20 % weniger CH4. Der Effekt war am stärksten, wenn sowohl die Nachkommen als auch ihre Mütter behandelt wurden (Abecia et al., 2013). Meale et al. (2021) verabreichten 3-NOP an Jungrinder bis zum Alter von 14 Wochen und stellten fest, dass diese Tiere im Alter zwischen 57 und 60 Wochen immer noch 17,5 % weniger CH4 produzierten als die Kontrolltiere.

Das Verständnis der Mechanismen hinter den unterschiedlichen Ergebnissen und der mikrobiellen Ökologie des Pansens in der ersten Lebensphase wäre wichtig, um die zukünftigen Möglichkeiten dieser Methanminderungsstrategie zu bewerten.

8. Biokohle

Biokohle entsteht durch die Pyrolyse (350 – 600°C Behandlung mit begrenzter Sauerstoffzufuhr) verschiedener Biomassequellen. Der Einsatz von Biokohle könnte grundsätzlich die CH4-Bildung reduzieren, aber die meisten bisherigen in-vivo-Studien haben diesbezüglich keine Effekte gezeigt (z. B. Terry et al, 2019; Sperber et al., 2021). Es muss noch untersucht werden, ob die Wirksamkeit von Biokohle von der Biomassequelle, den Pyrolysebedingungen und durch die Nachbehandlung der Biokohle mit sauren oder alkalischen Lösungen beeinflusst wird.

Qualitätsbewertung ist wichtig

Die Anwendung jeder Methanminderungsstrategie basiert auf einer Qualitätsbewertung, bei der die folgenden Aspekte systematisch analysiert werden müssen:

  1. Die erwartete CH4-Reduzierung muss immer einerseits absolut (pro Tier und Tag) dargestellt und andererseits auf die Intensität (pro Einheit des tierischen Produkts) bezogen werden. Manche Strategien werden voraussichtlich zu einer unmittelbaren Minderung führen, zum Beispiel die Verwendung spezieller Futtermittelzusätze. Andere verursachen eher schrittweise Wirkungen im Laufe der Zeit, z. B. die Intensivierung oder Züchtung von Tieren auf einen niedrigeren Methanausstoß.
  2. Viele bereits durchgeführte Untersuchungen variieren erheblich in Bezug auf die Anzahl der in-vivo-Experimente, aber auch bezüglich nachgewiesener Effekte.
  3. Auch müssen die Auswirkungen der CH4-Minderungsstrategien auf die Emissionen anderer Treibhausgase (sowohl in den vor-, als auch nachgelagerten Bereichen) bewertet werden. Zu den vorgelagerten Veränderungen zählen z.B. die direkte und indirekte Freisetzung von Kohlendioxid (CO2) und Distickstoffmonoxid (N2O) beim Pflanzenwachstum und bei der Herstellung von spezifischen Futtermitteln, bestimmten Futtermittelzusätzen oder anderen Produkten. Änderungen können z.B. auch CH4- und N2O-Emissionen aus der Gülle betreffen. Zudem sind Veränderungen in der Pflanzenproduktion und im Weidemanagement ggf. mit einem Einfluss auf die Kohlenstoffbindung in den Böden verbunden.
  4. Es müssen auch die Auswirkungen der CH4-Minderungsstrategien auf die Fleisch- und Milchproduktion sowie die Futtermitteleffizienz bewertet werden.
  5. Weiterhin sind Bedenken in Bezug auf die potenzielle Toxizität für Tiere, Menschen sowie ggf. Rückstände in tierischen Erzeugnissen und in Bezug auf die Umwelt zu berücksichtigen.
  6. Die wichtigsten potenziellen Hindernisse für die Einführung einer Minderungsstrategie werden je nach Betrieb, Region und Land sehr unterschiedlich sein können. Dazu gehören biologische (Zugänglichkeit, Sicherheit), wirtschaftliche (Kosten, fehlende Anreize), rechtliche, ökologische und gesellschaftliche Aspekte (Widerstand gegen Veränderungen, technische Unterstützung, Verbraucherakzeptanz).

Schlussfolgerungen

Mittlerweile sind mehrere Lösungen zur Verringerung von CH4-Emissionen technisch verfügbar, aber es bestehen viele Hindernisse für ihre Umsetzung.

Die Intensivierung der Tierproduktion durch Verbesserungen bei der Fütterung und im Management gilt als das unmittelbarste und universell anwendbare Mittel zur Verringerung der CH4-Emissionsintensität (gemeint ist die CH4-Ausstoß bezogen auf die Produkteinheit, also z. B. CH4-Menge/kg Milch). Ob aber deshalb auch die absoluten CH4-Emissionen sinken, ist letztlich von der Tierzahl abhängig.

Umfangreiche Forschungsarbeiten über Fettzusätze zeigen, dass diese, sofern anwendbar und erschwinglich, ein wirksames CH4-Minderungsmittel sein können. Der Einsatz von 3-NOP ist mittlerweile in einigen Ländern verfügbar und zugelassen, hängt aber von den Kosten, Anreizen und der Akzeptanz der Verbraucher ab. Rote Algen mit beträchtlichem Minderungspotential, wie Asparagopsis, müssen noch intensiv auf ihre Sicherheit geprüft, ihre Produktion und Fütterung sowie die Ökobilanz der Erzeugung bewertet und die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes in Wiederkäuerfuttermitteln bewertet werden. Obwohl zahlreiche Untersuchungen zur Wirkung von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, wie Tanninen, Saponinen und ätherischen Ölen durchgeführt wurden, war ihre Wirksamkeit bzgl. einer CH4-Minderung uneinheitlich, so dass weitere Forschung notwendig ist, bevor diese als zuverlässige Minderungsinstrumente eingesetzt werden können.

In der Zucht wurden bereits Kenntnisse über die Heritabilität von CH4-Produktionsmerkmalen, ihren Beziehungen zu Leistungsmerkmalen und mögliche Näherungswerte für die Schätzung der CH4-Produktion erarbeitet. Dieser Ansatz kann besonders wichtig sein, da er sowohl für intensive als auch extensive Produktionssysteme anwendbar ist.

Verschiedene andere Technologien, die sich in einem früheren Stadium der Entwicklung befinden, wie z. B. Impfstoffe und Eingriffe in der frühen Lebensphase, haben möglicherweise ebenfalls das Potenzial, CH4 in intensiven und extensiven Weidesystemen zu reduzieren.

Die Tierhalter brauchen darüber hinaus mehr Informationen über die Kosten, die Auswirkungen auf die Produktivität der Tiere und Möglichkeiten zur Diversifizierung ihres Einkommens durch die Produktion von Markenartikeln oder die Teilnahme an Märkten für den Kohlenstoffausgleich.

Zulassungsanforderungen für einige vielversprechende Futterzusätze können ihre Einführung verlangsamen, und mangelnde Verbraucherakzeptanz könnte sogar deren Verwendung zur CH4-Minderung ausschließen. Hier wären ggf. Anreize erforderlich, um die Akzeptanz zu fördern.

Darüber hinaus wurden viele Technologien zur CH4-Minderung bisher nur im Forschungsmaßstab bewertet, nicht aber in den Produktionssystemen in der Praxis. Auch Sicherheit und Verbraucherakzeptanz müssen berücksichtigt werden. Die Kommunikation mit Verbrauchern und Verbänden in einem frühen Stadium der Forschung kann dazu beitragen, die Akzeptanz der Verbraucher zu fördern.

Für einen großflächigen Einsatz von bestimmten Zusätzen zur Reduzierung der Methanbildung in Wiederkäuern wird auch die Akzeptanz der Verbraucher eine gewisse Rolle spielen.

FAZIT

Die einzigartige Fähigkeit von ruminierenden Tieren, rohfaserreiche Futtermittel und Nebenerzeugnisse zu verdauen und die weltweit verbreitete Nutzung von Weidesystemen macht die Reduzierung von CH4-Emissionen auf globaler Ebene extrem herausfordernd. Kontinuierliche Innovationen sind erforderlich, um zusätzliche Technologien zu entwickeln, die zum einen den großen Unterschieden in den weltweiten Produktionssystemen für Wiederkäuer gerecht werden und zum anderen für die Tierhalter erschwinglich sind.

Darüber hinaus sind für eine erfolgreiche Umsetzung sicherer und wirksamer Methanminderungsstrategien Liefermechanismen und eine angemessene technische Unterstützung der Hersteller sowie die Einbeziehung und Akzeptanz der Verbraucher erforderlich.

DER DIREKTE DRAHT

Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge
FH Kiel/Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Fachbereich Agrarwirtschaft, Osterrönfeld

Email: katrin.mahlkow-nerge[at]fh-kiel.de