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Ferkelaufzucht und Mast in einer Bucht – Wean-to-finish
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In diesem Artikel lesen sie einen Bericht über die Ferkelaufzucht und die Mast im Innopig-Projekt, welches am Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp (LVZ) der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein und der Versuchsstation Wehnen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen durchgeführt wurde. Insgesamt wurden drei verschiedene Aufzucht- und Mastverfahren getestet. Als Kontrolle diente dabei die klassische getrennte Aufzucht und Mast, wobei die Ferkel beim Absetzen in einen Ferkelaufzuchtstall umgestallt werden und dort bis ca. 28 kg gehalten werden. Daran schließt sich die Mast bis ca. 125 kg an. Dies stellt das Standardproduktionsverfahren in der Produktion von Schlachtschweinen dar. Als weitere Variante wurde die einphasige Ferkelaufzucht und Mast am LVZ getestet. In Wehnen wurde als dritte Variante die Ferkelaufzucht noch in der Abferkelbucht bis ca. 28 kg durchgeführt, bevor die Tiere in die konventionelle Mast umgestallt wurden. In dem folgenden Artikel werden lediglich die Ergebnisse der Leistungskennzahlen vom Standort Futterkamp dargestellt.

Durch das hohe Platzangebot und die Temperaturansprüche der Ferkel zu Beginn der Aufzucht entstehen hohe Heizkosten im Wean-to-finish-Verfahren.

Das Prinzip „Wean-to-finish“

Die einphasige Ferkelaufzucht und Mast in einem Abteil ist vor allem in Nordamerika als wean-to-finish-Verfahren bekannt. Die Bezeichnung stammt vom englischen Wort „to wean“, was im Deutschen „Absetzen“ bedeutet. Als „finisher“ bezeichnet man im Englischen Endmastschweine. Somit bezeichnet „wean-to-finish“ das Produktionsverfahren als eines, in dem die Schweine vom Absetzen bis zur Erreichung der Schlachtreife in einer Bucht gehalten werden. In den USA ist das Verfahren mittlerweile weit verbreitet. Geht man heute von einer ca. 8-wöchigen Aufzucht und einer ca. 16-wöchigen Mast aus, so benötigt man für jeden Ferkelaufzuchtplatz zwei Mastplätze. So können ca. sieben Durchgänge in der Ferkelaufzucht und ca. drei Durchgänge in der Mast pro Jahr gehalten werden. Werden nun Ferkelaufzucht und Mast zusammengefasst dauert ein Produktionszyklus etwa 24 Wochen, was ca. zwei Durchgängen im Jahr auf einem Tierplatz entspricht.

Den Tieren standen im Wean-to-finish-Verfahren von Absetzen bis Mastende 4 m Troglänge zur Verfügung.

Pro- und Contra „wean-to-finish“

Für das wean-to-finish-Verfahren sprechen verschiedene Gründe. Zum einen entfällt eine Umstallung der Tiere von Ferkelaufzucht und Mast und damit viele Arbeitsschritte wie das Sortieren, Verladen und Transportieren der Tiere, das Waschen und Desinfizieren der Abteile und die Vorbereitung der Abteile auf die nächste Einstallung. Durch das Wegfallen der Arbeitsschritte können Arbeitserledigungskosten in nicht unerheblichem Maße eingespart werden. Weiterhin finden durch die fehlende Umstallung weniger Rangkämpfe zwischen den Schweinen statt. Diese finden nach jeder Umstallung statt, bis sich eine neue Rangordnung gebildet hat. Werden die Tiere nicht mehr umgestallt und sortiert, bleibt die Rangordnung stabil und die Schweine kämpfen weniger, was eine deutliche Stressverringerung bedeutet. Dies kann insbesondere bei Haltung unkupierter Tiere von Vorteil sein, was ebenfalls in dem Projekt getestet wurde, aber nicht Gegenstand dieses Berichtes ist.

In der Ferkelaufzucht standen den 13 Ferkeln 2,40 m Troglänge zur Verfügung.

Nachteile des wean-to-finish Verfahrens sind unter anderem höhere Heizkosten für die frisch abgesetzten Ferkel, da sie ein deutlich höheres Platzangebot haben als in der klassischen Ferkelaufzucht. Hier können Zonenheizungen gegebenenfalls Abhilfe schaffen. Auch eine Verdopplung der Belegungsdichte zu Beginn kann die Heizkosten reduzieren, allerdings entfällt dann der Vorteil der fehlenden Umstallung, weil mindestens die Hälfte der Tiere noch einmal bewegt werden muss.

Versuchsaufbau am LVZ

In der 2016 bis 2018 am LVZ durchgeführten Untersuchung wurden insgesamt 2.750 Ferkel mit Leistungsdaten in die klassische Ferkelaufzucht eingestallt. Die Tiere wurden bei Einstallung und an Tag 40 der Aufzucht gewogen. Von diesen Ferkeln wurden insgesamt 635 Tiere an Tag 40 in die Mast umgestallt. Weitere 778 Ferkel wurden direkt nach dem Absetzen in die Mastabteile für das wean-to-finish-Verfahren eingestallt. Die Tiere wurden in der Ferkelaufzucht in Buchten mit jeweils 13 Ferkeln auf 0,35 m² pro Ferkel eingestallt. In der Mast und im wean-to-finish-Verfahren wurden jeweils 14 Tiere in eine Bucht eingestallt und es stand jedem Tier insgesamt 0,8 m² zur Verfügung. Die Ferkelaufzuchtabteile waren mit einem Kunststoffboden ausgestattet. Insgesamt standen den 13 Ferkeln 2,40 m Troglänge zur Verfügung. Die Mastbuchten und die wean-to-finish-Buchten waren identisch. Sie waren mit einem Betonboden ausgestattet. Dieser wies ein Sondermaß auf. So waren die Spaltenweiten mit 13 mm deutlich schmaler als die sonst üblichen 18 mm. Durch die ebenfalls schmaleren Auftrittsbreiten von 5 cm wurde der geforderte Perforationsgrad von 15 % erreicht. Die Tierschutznutztierhaltungsverordnung fordert hier für Ferkel mindestens 5 cm und für Mastschweine mindestens 8 cm Auftrittsbreite. Den Schweinen standen 4 m Troglänge zur Verfügung.

Auch in der Endmast waren die Böden mit Sondermaße gut geeignet Schweine zu mästen, ohne zu stärkerer Verschmutzung der Tiere zu führen.

Leistungen im Vergleich

Die beiden untersuchten Verfahren wurden deskriptiv verglichen, d. h. die Unterschiede wurden nicht anhand eines statistischen Modells verglichen. Bei Sichtung der Daten fällt auf, dass keine offensichtlichen Unterschiede zwischen den Verfahren bestehen. Die Tiere im wean-to-finish-Bereich haben in der „Aufzucht“ eine etwas höhere Futteraufnahme und auch geringfügig höhere tägliche Zunahmen zu verzeichnen. Die Futterverwertung war allerdings etwas schlechter. Bei Betrachtung der gesamten Phase von Absetzen bis Mastende sind keinerlei Unterschiede festzustellen. Die täglichen Zunahmen liegen in beiden Varianten bei 793 g. Die deskriptiven Daten sind in Tabelle 1 sowie in den Abbildungen 1 bis 3 dargestellt.

Tabelle 1: Leistungen der beiden Verfahren im Vergleich

Abbildung 1: Beide Verfahren im Vergleich – Tageszunahmen

Abbildung 2: Beide Verfahren im Vergleich – Futteraufnahme

Limitierender Faktor Bodengestaltung

Wie oben bereits erwähnt, stellt die Tierschutznutztierhaltungsverordnung konkrete Forderungen an die Fußbodengestaltung in der Schweinehaltung auf perforierten Betonböden. Das durchaus vergleichbare Leitungen erzielende Verfahren wean-to-finish wäre in Deutschland bei Nutzung eines perforierenden Bodens nur bei einer Schlitzweite von 13 mm bei einer Auftrittsbreite von 8 cm möglich, weil nur so den Anforderungen für Ferkel und Mastschweine gleichzeitig genüge getan wäre. Bei einem solchen Fußboden sinkt der Perforationsgrad deutlich, was eine stärkere Buchtenverschmutzung zur Folge hätte, wodurch die Verschmutzung der Schweine steigen würde. Dies spricht aus fachlicher Sicht gegen einen solchen Boden. Vielmehr hat die Untersuchung gezeigt, dass auf dem getesteten Boden sehr wohl Schweine gemästet werden können, ohne die Verschmutzung der Tiere zu erhöhen und gleiche Leistungen bei Vorteilen im Tierwohl zu erreichen. Hier ist die oben bereits erwähnte Verringerung der Rangkämpfe durch weniger Umstallungen noch einmal deutlich herauszustellen.

Abbildung 3: Beide Verfahren im Vergleich – Futterverwertung

Fazit

In der vorliegenden Untersuchung wurde mit dem wean-to-finish-Verfahren ein einphasiges Aufzucht- und Mastverfahren für Schweine vorgestellt, welches aus Nordamerika bereits bekannt ist. Hierbei werden die Schweine vom Absetzen bis zum Mastende in einer Bucht gehalten. Bei vergleichbaren Leitungsdaten können in diesem Verfahren durch die Reduzierung der Umstallungen und des damit verbundenen Neugruppierens der Schweine Vorteile des Tierwohls durch weniger Rangkämpfe erzielt werden. Ebenfalls entfallen die mit dem Umstallen verbundenen Arbeitsschritte. Derzeit ermöglichen die Vorgaben der Tierschutznutztierhaltungsverordnung zur Bodengestaltung die Anwendung des Verfahrens bei perforierten Böden in Deutschland nicht. Dies verdeutlicht, dass Tierschutzvorgaben sich nicht nur an starren Vorgaben – „Zollstocktierschutz“ –  sondern an fachlich begründeten Empfehlungen orientieren sollte.

DER DIREKTE DRAHT

Dr. Onno Burfeind
Tierarzt
E-Mail: onnoburfeind (at) gmail.com

Stand: 7/2020