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Bestimmung der Trockenmasseaufnahme im Praxisbetrieb
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In der Beratungspraxis stellt man immer wieder fest, dass wachsende Milchviehbetriebe unter dem Druck der täglichen Arbeitsbelastung Teilbereiche ihres Betriebes nicht konsequent genug kontrollieren. Dadurch werden Fehlentwicklungen, die zu einem Kostenanstieg führen können, oft zu spät erkannt und gefährden die Wirtschaftlichkeit. Im Bereich der Fütterung betrifft dies häufig die Ermittlung der Futteraufnahme der Herde, bzw. der wichtigsten Kuhgruppen. Besonders wichtig ist hierbei die Trockenmasseaufnahme in kg TM je Kuh und Tag. Dipl.-Ing. Johannes Thomsen, Seniorberater und Lehrbeauftragter am Fachbereich Agrarwirtschaft der FH Kiel, Osterrönfeld, befasst sich daher im aktuellen Beitrag mit der Bestimmung der Trockenmasseaufnahme im Praxisbetrieb als wichtige Kennziffer für die Berechnung der Futtereffizienz und der Futterkosten.

Die Mehrzahl der großen Betriebe mit 400 oder mehr Kühen hat dies den Erfordernissen entsprechend mehr oder weniger gut organisiert. Allerdings benötigen viele Betriebe in dieser Größenordnung, und besonders in Wachstumsphasen, Hilfe bei der Einführung und der Durchführung dieser Controlling-Aufgaben. Diese Hilfe bieten vermehrt spezialisierte Futterberater der Beratungsringe, der Futtermittelindustrie und größerer Tierarztpraxen an. Da diese Controlling-Arbeit zeitaufwendig ist, muss sie in der Regel extra honoriert werden. Wenn die Routinen eingefahren sind, kann der Betrieb dies selbstständig weiterführen.

Das Beispiel einer wöchentlichen Rationskontrolle in einem Betrieb mit 210 Milchkühen ist in der nachfolgenden Tabelle 1 aufgeführt.

Zunächst wird die Tagesmilchproduktion ermittelt. Zu den 7.100 kg abgelieferter Milch zur Molkerei kommen noch 120 kg Milch für die Kälber hinzu. Daraus errechnet sich eine Milchproduktion von 7.220 kg, bzw. von 34,4 kg je Kuh. Das ist schon mal ein guter Wert. Wer das ganz genau machen will, kann in diese Excel-Tabelle auch noch die Umrechnung auf Fett- und Energiekorrigierte Milch (FECM) einbauen.

Im nächsten Schritt werden die Futtermengen der Voll-TMR erfasst. In der Regel liegt hier eine Beladeliste vor, die aus der Rationsberechnung abgeleitet worden ist. Im Beispiel sind  die Gras- und Maissilagemengen im oberen Bereich eingegeben, die Proteinvormischung, das Milchleistungsfutter und das Mineralfutter stehen im unteren Bereich. Weitere Grundfutter und Einzelfuttermittel können hinzugefügt werden. Die dazugehörigen Trockenmassegehalte der Silagen stammen zunächst von den Futteranalysen, sie sollten aber immer aktuell überprüft werden. Bei den Protein-, den Kraft- und Mineralfuttermitteln werden Tabellenwerte herangezogen. Diese Werte sind hinreichend genau, da sie auch nur geringe Schwankungen aufweisen.

Einer täglichen Einschätzung bedarf das Restfutter, aktuell sind es 5 %. Jetzt ist es einfach, die für das Fütterungscontrolling alles entscheidende Kennziffer, die Trockensubstanzaufnahme in kg TM je Kuh und Tag auszurechnen. In unserem Beispiel sind dies 21,72 kg TM/Kuh und Tag. Über die Trockensubstanzaufnahme ihrer Herde können nur wenige Betriebe genaue Angaben machen.

In welchen Bereichen können nun in der Praxis Probleme bei der Berechnung dieser Kennzahl auftreten?

Regelmäßig sollte die Genauigkeit bei der Beladung des Futtermischwagens überprüft werden, besonders wenn diese Arbeit durch häufig wechselnde Mitarbeiter durchgeführt wird. Es ist wichtig, dass die berechnete Ration auch der vorgelegten Ration entspricht. Falls andere Tiergruppen, z.B. die Kälber oder die Anfütterungsgruppe, von der Ration mitgefüttert werden, sind diese Mengen entsprechend abziehen. Dann müssen noch die Futterreste ermittelt werden, zur Kontrolle müssen von Zeit zu Zeit die Futterreste stichprobenartig gewogen werden. Häufig werden diese Problembereiche von den Landwirten als Grund angeführt, warum die Trockensubstanzaufnahme nicht ausgewertet werden kann. Diese Hürde muss und kann überwunden werden.

Ein gutes Controlling erfordert, dass das errechnete Ergebnis vor Ort überprüft wird. Eine Schwachstelle ist neben der Einschätzung des Restfutters, die Unsicherheit bei den unterstellten Trockensubstanzgehalten der Silagen. Deshalb muss regelmäßig eine Nachkontrolle durchgeführt werden, z.B. sollten jeden Freitag die Grassilage, die Maissilage und die fertige TMR auf ihren TM-Gehalt überprüft werden. Die verschiedenen Möglichkeiten sind in der Tabelle 2 aufgeführt.

Wer in der Nähe des Betriebes auf die Dienstleistung, den Trockensubstanzgehalt mittels eines Trockenschrankes feststellen zu lassen, zurückgreifen kann, sollte dies nutzen. Die Probe kann etwas größer sein, und das Ergebnis ist sehr genau. Ein Dörrobsttrocker trocknet ebenfalls schonend, er kann je nach Bauart bis zu vier Proben gleichzeitig trocken, ohne dass Brandgefahr besteht. Dafür braucht er aber auch 6 bis 8 Stunden. Bei beiden Verfahren sollte vorzugsweise über Nacht getrocknet werden.

Schnellmessgeräte wie der Q-Dryer oder die Mettler Trockensubstanzbestimmung arbeiten sehr schnell. Aufgrund der hohen Anschaffungskosten sind sie eher für Beratungsprofis geeignet. Ein Nachteil ist, dass sie nur eine Probe zurzeit trocknen können und die Probeneinwaage mit 40 bis 60 g sehr niedrig ist. Hier besteht das Problem, wenn aus einem Silo oder vom Futtertisch mit einer Länge von 60 Metern eine repräsentative Probe von „nur 40-60 g“ gezogen werden muss. Bei trockenen Rationen und eingemischten Kraftfutterpellets kann es schnell zu Fehlern kommen.

Die Föhntrockner, ob selbst gebaut oder gekauft, arbeiten hinreichend genau. Die Probengröße beträgt bis zu 200 g, je nach Siebgröße. Das Probensieb muss oben abgedeckt werden, sonst fliegen die Kleinteile durch die Gegend, was das Ergebnis verfälscht. Föhntrockner eignen sich auch gut für den Eigenbetrieb der Landwirte.

Kostengünstig trocknen kann man sowohl mit der Mikrowelle als auch mit den in letzter Zeit viel gepriesenen Heißluftfritteusen. Beide Geräte sind für deutlich unter 100 € zu haben und trocknen schnell. Bei Grassilagen mit hohen TM-Gehalten sollte schon rechtzeitig der Trocknungsgrad kontrolliert werden, da es sonst zur Flammenbildung kommen kann. Die Heißluftfritteusen erfreuen sich in der Praxis zunehmender Beliebtheit.

Ist im Betrieb die Trockenmasseaufnahme ermittelt worden, können mit einfachen Rechenschritten auch die Futtereffizienz (FE) kg Milch je kg Trockenmasse und das „Income over feed cost“ (IOFC) errechnet werden. Die Futtereffizienz beschreibt, wieviel kg Milch mit einem kg Futtertrockenmasse erzeugt worden sind. Anzustreben sind Werte, die über 1,5 FE liegen. Im Beispiel wurden 1,58 FE erreicht, was ein durchaus guter Wert ist. Für die Berechnung des IOFC werden für die einzelnen Futtermittel Preise benötigt.

Für die Zukaufsfuttermittel liegen tagesaktuelle Preise vor. Es muss nur darauf geachtet werden, dass auf Nettopreise noch die Mehrwertsteuer zugerechnet werden muss. Die Preise für die betriebseigenen Grundfuttermittel können der Betriebszweigauswertung (BZA) entnommen werden, sie sind im Auswertungsblock Grundfuttererzeugung ausgewiesen. Liegt keine BZA vor, ist man auf standardisierte Werte angewiesen.

FAZIT

Wenn es gelingt, ein wöchentliches Controlling im Betrieb aufzubauen, besteht eine gute Ausgangsbasis für die Beurteilung der Fütterungssituation. Besonderes Augenmerk verdient die Trockenmasseaufnahme in kg TM je Kuh und Tag. Diese Kennziffer ist wichtig für die Berechnung der Futtereffizienz und der Futterkosten. Mit einer leistungsgerechten Fütterung wird die Wirtschaftlichkeit gesichert und die Tiergesundheit im Bestand stabilisiert.

DER DIREKTE DRAHT

Dipl.-Ing. Johannes Thomsen
Seniorberater und Lehrbeauftragter
am Fachbereich Agrarwirtschaft der FH Kiel,
Osterrönfeld

E-Mail: jhotho(at)t-online.de

Stand: Oktober 2019